Grünland: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 17. Oktober 2020, 12:52 Uhr


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Artenreiche Wiesen beherbergen bis zu 80 Pflanzenarten pro Quadratmeter und bieten Lebensraum für unzählige Tierarten, insbesondere Tagfalter, Heuschrecken und Wildbienen.
Text Karin Loeffel
Review Andreas Bosshard, Heiri Schiess, André Stapfer, Markus Staub & Gaby Volkart
Publikation Oktober 2020

Zusammenfassung

Blütenreiche, farbenfrohe Blumenwiesen, lautes Heuschreckengezirpe, gaukelnde Tagfalter, vorüberziehende Weidetiere auf strukturreichen Alpweiden – es sind nostalgische Bilder, die wir mit artenreichem Grünland verbinden. Durch die jahrhundertelange Bewirtschaftung von Weiden und Wiesen durch den Menschen ist eine vielfältige Kulturlandschaft mit typischen Pflanzen- und Tiergemeinschaften entstanden. Heute sind jedoch rund zwei Fünftel unserer Grünlandlebensräume gefährdet: Ursachen sind die zu intensive Nutzung einerseits und die ausbleibende Bewirtschaftung andererseits sowie ein allgemein enorm gestiegenes Nährstoffniveau und die durch eine gleichförmige Nutzung monotonisierte Landschaft. Das Biodiversitätspotenzial unserer Grünlandlebensräume ist beträchtlich: Wiesen und Weiden auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche umfassen über 600‘000 ha, fast noch einmal so viel Fläche nimmt das Sömmerungsgebiet mit über 500‘000 ha ein – davon wird insgesamt rund ein Fünftel der Fläche als potenziell wertvoll betrachtet. Welche Massnahmen können wir ergreifen, um im Grünland wieder Lebensräume für eine reichhaltige Flora und Fauna zu schaffen? Worauf ist bei der Umsetzung von biodiversitätsfördernden Tätigkeiten zu achten? In den nachfolgenden Kapiteln stellen wir konkrete, praxisrelevante Informationen sowie spezifische Bewirtschaftungsempfehlungen für einzelne Lebensraumtypen vor und verbinden diese Informationen mit dem notwendigen ökologischen Hintergrundwissen. Für den Erhalt und die Aufwertung von artenreichem Grünland ist nebst wichtigen allgemeinen Massnahmen - wie das Vernetzen und funktionelle Verbinden von verschiedenen Habitaten oder das Schaffen von Strukturen - eine optimale Bewirtschaftung zentral: hierzu gehören eine variable und dynamische Nutzungsweise, der Einsatz schonender Mahd- und Ernteverfahren und das Verhindern und Vermindern von Nährstoffeinträgen. Zu einem späteren Zeitpunkt werden wir auch Empfehlungen zur Beweidung und zur Offenhaltung von Grünlandlebensräumen sowie zu praktischen Aspekten der Aufwertung und Neuanlage in Form von Direktbegrünungen und Ansaatverfahren (Kapitel in Erarbeitung) bereitstellen.

Einleitung

alpine Wiesen und Weiden 96 dpi.JPG
In der Schweiz machen Wiesen und Weiden im Sömmerungsgebiet über 500‘000 Hektaren aus. Über die Qualität dieser Flächen ist zu wenig bekannt.

Mähwiesen und -weiden machen etwa 70% der landwirtschaftlich genutzten Fläche der Schweiz aus. Durch die jahrhundertelange Bewirtschaftung durch den Menschen entstanden, hat sich eine vielfältige Kulturlandschaft mit Lebensräumen für Pflanzen und Tiere ausgebildet. Die Intensivierung in der Bewirtschaftung, der gestiegene Nährstoffeintrag sowie weitere Gefährdungen haben dazu geführt, dass rund zwei Fünftel der Lebensraumtypen des Grünlands als gefährdet gelten. Die besonders wertvollen Trockenwiesen und -weiden sowie die ehemals verbreiteten, blütenreichen Fromentalwiesen sind in den letzten Jahrzehnten beinahe verschwunden. Entsprechend gross ist der Handlungsbedarf zum Erhalt der noch verbliebenen artenreichen Grünflächen sowie zur Aufwertung und Neuschaffung der für viele Tiere und Pflanzen wichtigen Grünlandlebensräume. Für die Erarbeitung der Grundlagen und Praxisempfehlungen der folgenden Kapitel wurde in erster Linie deutschsprachige Literatur, v.a. aus der Schweiz, aber auch aus Deutschland konsultiert. Der Fokus liegt auf der Biodiversität. Weitere Aspekte wie bspw. die landwirtschaftliche Produktion sind nicht abgedeckt. Literatur der traditionellen Grünlandforschung ist zwar konsultiert, aber nicht zwingend zitiert worden. Bei der Umsetzung von Aufwertungs- und Fördermassnahmen ist zu beachten, dass allgemeingültige Empfehlungen jeweils im Rahmen der konkreten Projekte zu überprüfen sind. Der Begriff „Grünland“ umfasst nach ökologischen Kriterien alle dauerhaften Pflanzengesellschaften aus Kräutern und Gräsern, die natürlich (überschwemmte Bereiche von Flussniederungen, Rand von Sumpf- und Moorgebieten, besonders trockene Standorte, oberhalb Baumgrenze) oder durch Nutzung des Menschen (gedüngte und ungedüngte Wiesen und Weiden, Mähwiesen, Feuchtgrünland, Magerrasen, Streuobstwiesen) entstanden sind (Becker et al. 2014). Im vorliegenden Artikel wird der Begriff „Grünland“ als Überbegriff für die entsprechenden Lebensraumtypen nach Delarze et al. (2015) verwendet [1] und umfasst demnach sowohl anthropogen geschaffene, als auch primäre Lebensräume. In einem separaten Artikel abgehandelt werden die Feuchtgebiete. Eine Übersicht ausgewählter Grünlandbegriffe findet sich in Guntern et al. (2013, S. 96) [2], oder auch auf Wikipedia.

Die praxisrelevanten Informationen zum Grünland haben wir in folgenden Kapiteln zusammengestellt:

  • Praxisrelevante Ökologie: Hier sind die für das Verständnis und die Umsetzung der Fördermassnahmen relevantesten ökologischen Zusammenhänge erläutert. Es wird erklärt, welche Klassifikation der Lebensraumtypen des Grünlands den folgenden Kapiteln zugrunde liegt, welches die für das Grünland prägende Faktoren sind und die grundlegenden Zusammenhänge zwischen Bewirtschaftung (Mahd, Beweidung) und dem Artengefüge der Flora und Fauna des Grünlandes werden beleuchtet.
  • Erhalt und Aufwertung durch optimierte Bewirtschaftung: dieses Kapitel leitet einerseits auf Ebene der Massnahmen, andererseits auf Ebene der Lebensraumtypen Praxisempfehlungen her. Das Kapitel thematisiert zu Beginn Massnahmen, welche nicht einzelflächenbezogen sind (variable und dynamische Nutzung, Strukturen schaffen, verbliebene Flächen vernetzen). Danach folgen flächenbezogene Empfehlungen zur Mahd und zur Ernte, u.a. mit Fokus auf Fauna freundliche, schonende Verfahren. Kurzgefasst sind die Themen Aushagerung und Kombination von Mahd und Beweidung (Frühjahrsvorweide, Herbstweide). Zentral für artenreiches Grünland ist es, Nährstoffeinträge zu verhindern oder zu vermindern: das Kapitel erwähnt grundsätzliche Empfehlungen, die Thematik wird allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt vertieft behandelt. Ebenfalls zu einem späteren Zeitpunkt erarbeitet werden die Themen „Verbuschung verhindern / Offenhalten“ und „Entbuschen eingewachsener Flächen“ sowie „Beweidung für artenreiches Grünland“. Der letzte Teil des Kapitels ergänzt spezifische Bewirtschaftungsempfehlungen für die einzelnen Lebensraumtypen.
  • Aufwertung und Neuschaffung durch Direktbegrünung und Ansaat (in Erarbeitung)
  • Grundlagen: Dieses Kapitel geht auf die Bedeutung, die Entstehung, den Zustand und die Entwicklung von Grünland näher ein. Er beleuchtet die quantitativen und qualitativen Veränderungen sowie die Gefährdung und Gefährdungsursachen einerseits lebensraumbezogen, andererseits auch in Bezug auf die Artengemeinschaften des Grünlands. Weitere Informationen umfassen die Typologie des Grünlands, praxisrelevante Wissenslücken sowie die rechtlichen Grundlagen.
  • Praxisbeispiele werden zu einem späteren Zeitpunkt erarbeitet.

  1. Delarze, Raymond; Gonseth, Yves; Eggenberg, Stefan; Vust, Mathias (2015): Lebensräume der Schweiz. Ökologie - Gefährdung - Kennarten. 3., vollst. überarb. Aufl. Bern: Ott.
  2. Guntern, Jodok; Lachat, T.; Pauli, D.; Fischer, M. (2013): Flächenbedarf für die Erhaltung der Biodiversität und der Ökosystemleistungen in der Schweiz. Bern: Forum Biodiversität Schweiz.