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Wälder (abgebildet ist ein Lärchen-Arvenwald) bedecken fast ein Drittel der Landesfläche. Sie weisen eine sehr grosse Lebensraum- und Artenvielfalt auf. Für Fledermäuse, Bockkäfer, Pilze und Flechten sind Wälder besonders wichtig.
Text Markus Bichsel
Review Kurt Bollmann, Ueli Bühler, Josephine Cueni, Lesly Helbling, Rolf Stricker
Publikation Dezember 2022

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung / Das Wesentliche kompakt

Schnelleinstieg – wo finde ich besonders wichtige Themen?

Ökologie:
Lebensräume des Waldes
Im Kapitel «Artengruppen und Arten des Waldes»:

  • Informationen zu Pflanzen und Tieren des Waldes
  • Baumarten und ihre Häufigkeiten
  • Gehölze und Baumarten
  • Holzvorrat und Stammzahlen
  • Unterschied «standortgerecht» – «standortgemäss»

Seltene Gehölze und ökologische wertvolle Baumarten, Urwald, Nutzungsformen, Altholz, Totholz, Biotopbäume/Habitatbäume
Naturschutzstrategien:

  • Naturnaher Waldbau
  • Integration & Segregation
  • Natur- und Sonderwaldreservate

Stürme und Brände, Klimawandel

Erhalt und Förderung:
Übersicht zu den Fördermassnahmen der einzelnen Waldlebensräume und Handlungsbedarf, Allgemeine Aufwertungsmassnahmen, Waldreservate, Lichter Wald, Waldweiden oder Wytweiden, Niederwald, Mittelwald, Selven, Altholzinseln, Habitatbäume, Totholz, Kleinstrukturen, z. B. Gewässer, Felsen, Waldstrassensäume; Nistkästen, Auenwälder, Feuchtwälder

Grundlagen:
Rechtliche Grundlagen, Zahlen zum Wald: LFI, Forststatistik, Geschichte, Höhenstufen, Prioritäre Lebensräume und Arten, Waldbauliche Begriffe, Waldstrukturen und Bestandesaufbau, Naturnaher Waldbau, Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald, Labels, Planungsinstrumente: Waldentwicklungsplan, Betriebsplan, Kantonale Informationen: kantonale Forstdienste, Waldkartierungen, Kosten und Beiträge, Programmvereinbarungen, Gefahren, Praxisrelevante Wissenslücken

Lebensraum Wald kompakt – ausgewähltes Wissen in Kurzform
Allgemeines

Der Schweizer Wald bedeckt eine Fläche von 1,32 Mio. ha und damit fast einen Drittel der Landesfläche.

Ökologie des Waldes
  • Der Schweizer Wald ist von Natur aus sehr vielfältig. Es kommen 121 verschiedene Waldgesellschaften (pflanzensoziologische Einheiten) und 34 Wald-Lebensraumtypen vor.
  • Pflanzen und Tiere:
    • Der Wald ist für viele Arten sehr bedeutend. Einige Artengruppen sind stark vom Wald abhängig. Bei den Fledermäusen sind alle Arten auf Wälder angewiesen, von den Bockkäfern, Pilzen und Flechten kommt ein Grossteil im Wald vor.
    • Etwa 25'000 Pilz-, Pflanzen-, und Tierarten in der Schweiz haben einen relevanten Bezug zum Wald (ca. etwa 40 % der bisher bekannten Arten).
    • Besonders reich an Pilzen sind natürliche Laubmischwaldgesellschaften. Flechten sind im Lebensraum Wald weit verbreitet und besiedeln alle Substrate. Etwa 40 % aller Moosarten der Schweiz kommen im Wald vor.
    • Besonders artenreich an Pflanzen sind offene lichte Wälder, insbesondere wenn sie noch mit Trockenstandorten, Wiesen oder Mooren verzahnt sind oder extensiv beweidet werden.
    • Im Schweizer Wald kommen rund 40 einheimische Laubbaum- und 7 einheimische Nadelbaumarten vor mit den Hauptbaumarten Fichte, Tanne, Föhren, Lärche, Arve, Buche, Bergahorn, Gemeine Esche, Trauben- und Stieleiche und Kastanie.
    • Tiere haben unterschiedliche Ansprüche. Generell wichtig sind Strukturen. So weisen alte strukturreiche Waldbestände in der Regel eine besonders hohe Vielfalt an seltenen Tierarten auf, während andere auf offene Waldstrukturen angewiesen sind. Sehr wertvoll sind Mosaike mit Wald und offener Landschaft.
    • Die Xylobionten ("Holzbewohner") verbringen mindestens einen Teil ihres Lebens im Holz, weshalb für sie reichliches Vorkommen an Alt- und Totholz wichtig ist.
    • Die «Waldschmetterlinge» leben in lichten und oft besonnten Teillebensräumen des Waldes. Neben der Strukturierung des Waldes ist für sie das Vorkommen der Raupenfutterpflanzen wichtig (v. a. Pioniergehölze und einige Straucharten).
    • Wälder sind wichtiger (Land-)Lebensraum für viele Amphibien. Reptilien besiedeln vor allem sonnige und strukturreiche Bereiche des Waldes.
    • Fast ein Drittel der Brutvögel der Schweiz brüten hauptsächlich im Wald. Für Spechte, die Raufusshühner Hasel- und Auerhuhn und den Ziegenmelker hat der Wald besondere Bedeutung.
    • Für Fledermäuse ist der Wald sowohl für die Fortpflanzung als auch als Jagdlebensraum von zentraler Bedeutung.
    • Die grossen Herbivoren und die Grossraubtiere haben einen starken Einfluss auf den Wald und seine Artenzusammensetzung und Struktur. Die jüngere Präsenz von Luchs, Bär und Wolf regulieren die deutlich zu hohen Bestände von Hirsch und Reh.
    • Fazit zur Artenvielfalt: Für viele gefährdete Arten fehlt es einerseits an lichten, andererseits an totholzreichen alten Wäldern.
  • Die Bäume sind Lebensraum für bis über 1000 verschiedene Pilzarten und mehrere Hundert Arten an Kleintieren. Eine besondere Stellung nehmen dabei die Eichen ein.
  • Ein Urwald bildet in der Zerfallsphase sehr viele Strukturen aus, weist sehr viel Alt- und Totholz auf und ist reich an Licht.
  • 80% der Wälder werden als Hochwald genutzt mit Umtriebszeiten meist zwischen 80 und 150 Jahren. Nieder- und Mittelwald waren einst weit verbreitete Nutzungsformen. Im Niederwald verläuft die Holzernte meistens flächig und führt so zu sich dynamisch ändernden mosaikartigen Bestandesstrukturen mit offenen bis dichten Bereichen. Licht- und wärmebedürftige Tier- und Pflanzenarten finden so vor allem in den ersten Jahren nach einem Abtrieb ideale Bedingungen. Ökologisch nachteilig sind das völlige Fehlen von Alt- und Totholz und die relative Strukturarmut. Mittelwälder weisen aufgrund der hohen Strukturvielfalt und der besondere Baumartenzusammensetzung eine aussergewöhnlich hohe Biodiversität auf.
  • Die Landschaftsprägenden Weidewälder und Wytweiden weisen offene, mosaikartig verzahnte Strukturen mit Fichte und Lärche als dominante Baumarten sowie hohe Biodiversität auf. Im Tessin sind die artenreichen Kastanienselven mit ihren alten Biotopbäumen zeugen einer traditionellen Nutzung.
  • Auf das in verschiedener Form vorkommende Totholz (z. B. stehende Bäume, liegende Stämme, tote Äste an lebenden Bäumen, Baumstrünke, Wurzelteller) ist etwa ein Viertel aller Waldorganismen angewiesen. Eine grosse Bedeutung hat Totholz für Xylobionten ("Holzbewohner"), Moose und Flechten. Der Bedarf dieser Arten an Totholz liegt bei mindestens 20 bis 50 m3/ha.
  • Alte Bäume haben zahlreiche, ökologisch wertvolle Klein- bis Kleinststrukturen, welche von unzähligen, oft hochspezialisierten Waldorganismen genutzt werden.
  • Lichte offene Wälder mit ihrem speziellen Bestandesklima sind Lebensräume für zahlreiche spezialisierte Tier- und Pflanzenarten.
  • Der Klimawandel wird im Wald grosse Veränderungen verursachen. Bei der Auswahl von «Zukunftsbäumen» sollen einheimische Arten oder aus dem angrenzenden Ausland berücksichtigt werden.
Erhalt und Förderung
  • Die Förderung soll vor allen bei den beiden wichtigsten Defizitbereichen ansetzen, dem Mangel an Waldflächen mit totholz- und strukturreichen Alters- und Zerfallsphasen und lichten Wäldern mit offenen Waldstrukturen und strukturreichen Übergängen ins Freiland.
  • Natur- und Sonderwaldreservate sollen mindestens 5 ha gross sein, Naturwaldreservate wenn möglich mehr als 20 ha. Idealerweise sind sie deutlich grösser. Zu den lichten Wäldern gibt es in einzelnen Kantonen mehrjährige Erfahrungen und mit dem «Aktionsplan Lichter Wald» steht eine gute Grundlage zur Verfügung. Lichte Wälder sollen v. a. an natürlicherweise oder nutzungsbedingt offenen Bereichen eingerichtet werden. Zu den Wald- oder Wytweiden gibt es insbesondere aus dem Jura und dem Wallis Erfahrungen. Die forstliche Bestandespflege konzentriert sich vor allem auf die Gestaltung der Gliederung von offenen und baumbestockten Bereichen eines Weidewaldes, durch gezielte Eingriffe in die Baumschicht. Die Beweidung bietet sich andernorts vor allem als pflegerische Massnahme zur Förderung und Offenhaltung von lichten Wäldern an. Von der Förderung der Mittelwälder profitieren sehr viele Arten. Wichtig ist aus ökologischer Sicht das Nebeneinander aller Altersphasen von der frisch geschlagenen Kahlfläche bis zum hiebsreifen Stockausschlagbestand. Die Förderung von Selven umfasst i. d. R. zwei Phasen, einer Wiederherstellung der Selvenstruktur mit anschliessend langfristigen Pflegemassnahmen.
  • In den Wirtschaftswäldern können durch Förderung und Erhaltung von Altholzinseln, von einzelnen alten Habitatbäumen und seltenen Baumarten, von besonderen Strukturen wie Baumhöhlen, grober Borke oder von stehendem oder liegendem Totholz sehr viele und seltene Arten gefördert werden. Altholzinseln sollten mindestens eine Hektare gross sein und pro Hektare sollten mindestens drei bis fünf Habitatbäume bestimmt werden.
  • Die Kleinstrukturen (z. B. Gewässer, Felsbrocken, Steinmauern) sollten erhalten und gefördert werden. Vom optimalen Unterhalt entlang der Waldstrassen profitieren zahlreiche Arten.
  • Nistkästen sollen für seltenere Arten angeboten werden, insbesondere Fledermäuse.
  • Auen- und Moorwälder sollen durch Revitalisierungen und Regenerationen wiederhergestellt und den Zielen entsprechend genutzt werden. Wo möglich sollen Gewässer angelegt werden.
  • Seltene Arten des Waldes sollen gezielt gefördert werden. Von den 1582 national prioritären Arten hat es zahlreiche mit Bedarf an artspezifischen Fördermassnahmen.
  • Insgesamt ist der Handlungsbedarf sowohl für die Lebensräume als auch die Arten gross. Die verschiedenen Massnahmen zur Förderung der Biodiversität sollen vernetzend wirken (Stichwort ökologische Infrastruktur).
Grundlagen
  • Es gibt verschiedene, sich teilweise überlagernde Naturschutzstrategien: Naturnaher Waldbau, Integration von Massnahmen in den Waldbau, z. B. die Ausscheidung von Altholzinseln oder das Anlegen von Kleingewässern, die Segregation wie die Festlegung von Waldreservaten.
  • Der Wald soll gemäss Gesetz Nutz-, Schutz und Wohlfahrtsfunktion erfüllen. Der Wald ist rechtlich gut geschützt. Es gilt ein Rodungsverbot. Die Festlegung der Waldgrenzen erfolgt statisch oder dynamisch. Die Kantone haben einen gewissen Spielraum bei der Definition von Wald.
  • In vielen Kantonen existieren Waldstandortskartierungen. Das Landesforstinventar (LFI) erlaubt Aussagen über den Zustand des Waldes. Dabei werden auch wichtige ökologische Parameter erfasst wie Totholzanteil oder Naturnähegrad.
  • Die Höhenstufen sind durch die Verbreitungsgrenzen charakteristischer Baumarten festgelegt, in der Abfolge von wärmeliebenden Laubwäldern über Buchen- und Buchenmischwälder zu reinen Nadelwäldern und der oberen Wald- bzw. Baumgrenze.
  • Zu Gefährdungsgraden von Lebensräumen liegen viele Informationen vor: Knapp 40% der Wald-Lebensraumtypen sind als gefährdet, von den Waldgesellschaften sind es ca. 55%. Hohe Priorität haben vor allem Auenwälder und Moorwälder, Föhrenwälder sowie wärmeliebende Laubmischwälder. Für einige Waldgesellschaften trägt die Schweiz Internationale Verantwortung.
  • Grundanforderungen an den «naturnahen Waldbau» sind zwar festgelegt, haben aber keinen verbindlichen Charakter.
  • Der «Schutzwald» schützt Menschen, Tiere, Güter und Infrastrukturen vor Lawinen, Steinschlag, Hangrutsch und Erosion. Eine Wegleitung dient den Forstpraktiken als Entscheidungshilfe.
  • Die Labels «FSC» und «PEFC» dominieren den Markt. In der Schweiz hat sich daneben das Label «Schweizer Holz» etabliert. In den einzelnen Ländern gelten für die gleichen Label unterschiedliche Anforderungen an die Holzproduktion, welche oft deutlich weniger streng sind als in der Schweiz.
  • Der Waldentwicklungsplan (WEP) auf der überbetrieblichen und der Betriebsplan (BP) auf der betrieblichen Ebene sind zwei wichtige Instrumente der Planung. Der WEP ist behörden-, der konkretere BP eigentümerverbindlich. Die Betriebsplanpflicht ist kantonal geregelt.
  • Das wichtigste Förderinstrument für die Umsetzung sind die Programmvereinbarungen zwischen Bund und Kantonen. 2018 wurden für die Waldbiodiversität vom Bund ca. 18.5 Mio. Franken, für die Waldbewirtschaftung knapp 21.3 Mio. Franken und für den Schutzwald ca. 70 Mio. Franken investiert.

Einleitung

Der im vorliegenden Artikel verwendete Begriff „Lebensraum Wald“ richtet sich nach der Definition von Wald im Bundesgesetz über den Wald . Dazu gehören auch Weidwälder, bestockte Weiden und Selven.
Nach ökologischen Kriterien umfasst somit unser Waldbegriff neben primär baumbestockten Standorten auch Gebüschwald und frühe Sukzessionsphasen des Waldes mit Schlag- und Vorwaldvegetation. Eine Übersicht über die entsprechenden Lebensraumtypen nach Delarze et al. (2015) ist in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt.
Der Waldrand wird in einem separaten Artikel bearbeitet.
Wir möchten mit diesem Artikel allen im und mit dem Wald Beschäftigten und Interessierten aufzeigen, was die wesentlichen ökologischen Aspekte des Waldes sind und wie man diese fördert. Im Grundlagenkapitel sind weiterführende Informationen enthalten. Am Schluss hat es eine Liste der verwendeten Literatur.
In den vergangenen Jahrzehnten ist von allen Beteiligten viel für die Biodiversität im Wald gemacht worden, nichtsdestotrotz gibt es noch grossen Handlungsbedarf. Dieser ist hauptsächlich in der «Strategie Biodiversität Schweiz» und in «Biodiversität im Wald» (Imesch et al. 2015) aufgeführt. Kurz zusammengefasst liegen die Prioritäten bei der Förderung von Strukturen (z.B. gestufte Waldränder, lichte Wälder, feuchte Waldstellen, Wytweiden und Selven), von Alt- und Totholz (u. a. Ausscheidung von Naturwaldreservaten) sowie von seltenen Arten.
Der Artikel enthält keine Vorschläge, wo konkret Massnahmen umgesetzt werden sollen. Diese Aufgabe obliegt den dafür zuständigen Stellen. Wir machen aber gerne auf gute Projekte aufmerksam.

Praxisrelevante Ökologie

Lebensraumtypen des Waldes und Waldgesellschaften

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In der Schweiz kommen 121 verschiedene Waldgesellschaften vor.

Die Schweiz wäre von Natur aus ein Waldland. Nur gerade Gewässer, flussnahe Auenbereiche, Hochmoorflächen, flachgründige Felspartien oder Lawinenrunsen, sowie (grossflächig) die alpine Höhenstufe sind natürlich waldfreie Flächen und Gebiete. Sonst würde überall Wald dominieren. Ein mannigfaltiger geologischer Untergrund, unterschiedlichste Klimabedingungen und ein formenreiches Relief machen Wald zur vielfältigsten Vegetationsform unserer Landschaften. Er umfasst eine hohe Biodiversität, welche wiederum von einer breiten Vielfalt an Strukturen und Umweltbedingungen abhängig ist.

Für detailliertere Informationen zu diesen spannenden ökologischen Zusammenhängen wird auf die einschlägige Fachliteratur (z.B. Ellenberg, 1996: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen), sowie die im nächsten Unterkapitel vorgestellten Bücher zu den Waldtypen und Waldgesellschaften der Schweiz verwiesen. Einen Einblick in diesen Themenbereich bietet auch das Kap. «Höhenstufen, Waldstandorte und Pflanzensoziologie».

Unter bestimmten Standortsbedingungen (Licht, Wärme, Bodeneigenschaften, Geländeform) entwickeln sich Lebensgemeinschaften mit einer jeweils charakteristischen Komposition von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen. Die Vegetationskunde erforscht diese Zusammenhänge auf der Basis der Pflanzenwelt und hat unter anderem auch Typisierungen geschaffen, bei welcher ähnliche Lebensgemeinschaften mit vergleichbaren Standortsbedingungen als Pflanzengesellschaften bzw. unter Einbezug aller Organismen als Lebensräume definiert sind. Die Pflanzensoziologie hat ein hierarchisches System entwickelt, welches weitgehend als Basis für die angewandte Vegetationskunde in Europa dient. Die Grundeinheit dieses pflanzensoziologischen Klassifikationssystems ist die Assoziation (Pflanzengesellschaft). Sie ist definiert als Lebensgemeinschaft mit einer bestimmten Zusammensetzung von Pflanzenarten und einheitlicher Erscheinung (Physiognomie), die typisch ist für einen bestimmten Standort. Eine von Bäumen dominierte Assoziation wird als Waldgesellschaft bezeichnet, ihre wissenschaftlichen Namen enden auf -etum, z.B. Galio-Fagetum (Waldmeister-Buchenwald). Waldgesellschaften mit ihren charakteristischen Standortsbedingungen dienen in der Regel als Referenztypen für die Planung und Durchführung forstlicher Pflege und Nutzung, sowie für naturschutzfachliche Tätigkeiten im Wald.

Floristisch und standörtlich verwandte Assoziationen sind im pflanzensoziologischen System zu einem «Verband» zusammengeschlossen. Diese Einheiten zeichnen sich durch leichte erkennbare, aber charakteristische ökologische Gemeinsamkeiten (z.B. Erscheinungsbild, dominante Arten) aus, dass sie sich vor allem für umfassendere Übersichten eignen. Ihre wissenschaftlichen Namen enden auf -ion, z.B. Erico-Pinion (Erika-Föhrenwälder).

Literaturübersicht zu den Waldtypen und Waldgesellschaften der Schweiz:

  • Wälder der Schweiz (Steiger, 2010): Dieses Buch kann als Standardwerk zum Thema Waldvegetation in der Schweiz bezeichnet werden. Die Waldstandorte und Waldgesellschaften der Schweiz werden umfassend und systematisch beschrieben und illustriert. Die Grundeinheiten sind hier die Waldgesellschaften (Assoziationen), welche in der Regel Untereinheiten der Lebensraumtypen nach Delarze beschreiben. Sie sind somit standörtlich, strukturell und floristisch enger und detaillierter gefasst.
  • Waldgesellschaften und Waldstandorte der Schweiz (Ellenberg und Klötzli, 1972): Das war die erste umfassende und systematische Beschreibung von Waldgesellschaften über die gesamte Schweiz. Die Nummerierung der 71 Einheiten wurde auch für spätere Waldbeschreibungen übernommen, allerdings mit vielen Zusätzen und feineren Unterteilungen. Keller et al. 1998 publizierten davon eine statistisch überarbeitete Fassung.
  • Gebirgsnadelwälder (Ott, 1997): Dieses Buch beschreibt umfassend die Standortstypen der Gebirgsnadelwälder als Grundlage für ihre waldbauliche Behandlung (Besonderheiten wie Verjüngung oder Stabilitätspflege). Es ist zum Thema Gebirgswälder deshalb ein wertvolles und praxisbezogenes Nachschlagewerk.

In einigen Kantonen existieren umfassende Beschreibungen der Waldstandorte sowie Waldstandortskartierungen, welche auf Waldgesellschaften basieren (vgl. Kap. «Kantonale vegetationskundliche Waldkartierungen und Waldbeschreibungen».

Eine abschliessende Liste mit 121 Waldgesellschaften bildet die Referenz für das Bafu zur Förderung der Biodiversität im Wald. Auf diese Waldgesellschaften beziehen sich z.B. die Rote Liste der Lebensräume der Schweiz (Delarze et al., 2016) und die Liste der national prioritären Lebensräume. Auch die Merkblätter «Waldbaulichen Empfehlungen» zum Einbezug von Naturschutzinteressen bei der Waldbewirtschaftung beziehen sich auf Waldgesellschaften.

In diesem Artikel wird je nach Thema sowohl auf die Lebensraumtypen (TypoCH) Delarze et al. (2015) als auch auf die genauer charakterisierten Waldgesellschaften (Assoziationen) Bezug genommen.

Untenstehende Tabelle (bearbeiteter Auszug aus Digitale Liste National prioritäre Lebensräume zeigt, welche Lebensräume des Bereichs «Wald« nach unserer Einschätzung grundsätzlich einen Förderbedarf (ja/nein) aufweisen. Hergeleitet wurde diese Einschätzung aus den Angaben zu Nationaler Priorität, Gefährdungsstatus (Rote Liste), Verantwortung der Schweiz, Regenerationsdauer; sowie wenn regionaler Handlungsbedarf besteht für Massnahmen gem. Tab. 14 oder Tab. 15 (vgl. genaue Kriterien in Legende unterhalb Tabelle). Im Kapitel Erhalt und Förderung wird darauf eingegangen, wie die einzelnen Lebensraumtypen gefördert werden können.

Nr. Bezeichnung Lebensraumtyp Förderbedarf Prio RL Resp Reg
5 p.p. Gebüsche (z.T.)
5.3.5 Gebüschreiche Vorwaldgesellschaft Sambuco-Salicion nein 0 LC 0 2
5.3.6 Auen-Weidengebüsch Salicion elaeagni ja (1) 2 EN 1 2
5.3.7 Moor-Weidengebüsch Salicion cinereae ja (2 MW) 0 NT 0 3
5.3.9 Grünerlengebüsch Alnenion viridis nein 0 LC 1 3
5.4.3 Subalpine Kalkheide Ericion (nur Legföhrengebüsche) nein 0 LC 1 4
6 Wälder
6.1 Bruch- und Auenwälder
6.1.1 Erlenbruchwald Alnion glutinosae ja (1, 2 FW) 3 EN 0 5
6.1.2 Weichholz-Auenwald Salicion albae ja (1, 2 FW) 3 EN 0 3
6.1.3 Grauerlen-Auenwald Alnion incanae ja (1, 2 FW) 2 VU 2 4
6.1.3.1 Alpenweiden-Auenwald Salicetum pentandrae ja (1, 2 FW) 1 CR 3 4
6.1.4 Hartholz-Auenwald Fraxinion ja (2 FW) 0 LC 0 5
6.2 Buchenwälder
6.2.1 Orchideen-Buchenwald Cephalanthero-Fagenion ja (2 LW) 0 LC 1 5
6.2.2 Hainsimsen-Buchenwald Luzulo-Fagenion nein 0 LC 0 6
6.2.3 Waldmeister-Buchenwald Galio-Fagenion nein 0 LC 0 5
6.2.3.1 Atlantischer Buchenwald Illici-Fagenion nein 4 VU 0 5
6.2.4 Zahnwurz-Buchenwald Lonicero-Fagenion nein 0 LC 2 5
6.2.5 Tannen-Buchenwald Abieti-Fagenion Nein 0 LC 0 5
6.3 Andere Laubwälder
6.3.1 Ahorn-Schluchtwald Lunario-Acerion nein 0 LC 2 5
6.3.2 Linden-Mischwald Tilion platyphylli nein 4 NT 2 5
6.3.3 Eichen-Hainbuchenwald Carpinion ja (2 LW) 0 LC 0 5
6.3.4 Flaumeichenwald Quercion pubescenti-petraeae ja (2 LW) 0 LC 2 6
6.3.5 Hopfenbuchenwald Orno-Ostryon ja (1, 2 LW) 1 EN 2 5
6.3.6 Saurer Eichenmischwald Quercion robori-petraeae nein 0 LC 1 6
6.3.7 Kastanienwald nein 0 LC 1 6
6.3.8 Laubwald mit immergrünen Sträuchern nein 0 LC 0 5
6.3.9 Robinienwald Robinion nein 0 LC 0 4
6.4 Wärmeliebende Föhrenwälder
6.4.1 Pfeifengras-Föhrenwald Molinio-Pinion ja (1, 2 LW) 2 VU 2 5
6.4.2 Kalkreicher Föhrenwald Erico-Pinion sylvestris ja (2 LW) 0 LC 2 5
6.4.2.1 Geissklee-Föhrenwald Cytiso-Pinion ja (1, 2 LW) 1 CR 3 5
6.4.3 Steppen-Föhrenwald Ononido-Pinion ja (1, 2 LW) 4 LC 4 5
6.4.4 Kalkarmer Föhrenwald Dicrano-Pinion ja (1, 2 LW) 2 VU 2 5
6.5 Hochmoorwälder
6.5.1 Hochmoor-Birkenwald Betulion pubescentis ja (1, 2 MW) 3 EN 0 5
6.5.2 Hochmoor-Bergföhrenwald Ledo-Pinion ja (1, 2 MW) 2 VU 2 5
6.5.3 Hochmoor-Fichtenwald Sphagno-Piceetum ja (2 MW) 3 VU 1 5
6.6 Gebirgs-Nadelwälder
6.6.1 Tannen-Fichtenwald Abieti-Piceion nein 0 LC 2 5
6.6.2 Heidelbeer-Fichtenwald Vaccinio-Piceion nein 0 LC 2 5
6.6.3 Lärchen-Arvenwald Larici-Pinetum cembrae nein 4 LC 3 6
6.6.4 Lärchenwald ja (1) 1 LC 3 5
6.6.5.1 Kalkarmer Bergföhrenwald Vaccinio-Pinion uncinatae ja (1) 2 VU 2 5
6.6.5.2 Kalkreicher Bergföhrenwald Erico-Pinion uncinatae ja (2 LW) 4 LC 3 5

Legende:

Bemerkung *: Waldgesellschaften, welche in der Schweiz zwar relativ häufig sind, aber für die eine sehr hohe Verantwortung im europäischen Kontext aufweisen (Resp 4), werden ebenfalls mit Förderbedarf ja eingestuft.

Artengruppen und Arten des Waldes

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Alle Fledermäuse sind auf Wälder angewiesen. Von den Bockkäfern, Pilzen und Flechten kommt ein Grossteil im Wald vor. Abgebildet sind Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii), Grosser Eichenbock (Cerambyx cerdo), Orangeroter Dachpilz (Pluteus aurantiorugosus), Echte Lungenflechte (Lobaria pulmonaria).

Nachfolgend wird auf wichtige Artengruppen eingegangen. Die Textlänge und der Detaillierungsgrad sind unterschiedlich und unter anderem von den zur Verfügung stehenden Informationen abhängig. Bei den Vögeln wird vertieft auf die Spechte und die seltenen Raufusshühner, bei den Pflanzen auf die Baumarten eingegangen.

Artenzahlen im Lebensraum Wald
Der Schweizer Wald bedeckt eine Fläche von 1,32 Mio. ha und damit fast einen Drittel der Landesfläche. Mit dieser Grösse und mit seiner fast unermesslichen Vielfalt an Standortsbedingungen, Strukturen und Kleinhabitaten ist er ein bedeutender Lebensraum für unzählige Organismen und somit ein Hort von höchster Bedeutung für die Biodiversität in der Schweiz.

Was eine «Waldart» ist, kann nicht immer eindeutig definiert werden. Wenn Organismen berücksichtigt werden, welche zumindest in einer Lebensphase auf den Lebensraum Wald angewiesen sind, kann davon ausgegangen werden, dass etwa 40 % aller bisher bekannten Pilz-, Pflanzen-, und Tierarten in der Schweiz einen relevanten Bezug zum Wald haben, nämlich über 25'000 Arten (siehe Waldbericht 2015). Der Anteil der Waldarten in den einzelnen Organismengruppen ist sehr unterschiedlich. Sehr hohe Anteile von über 75 % weisen Fledermäuse, Bockkäfer, Grosspilze, Flechten und Mollusken auf.

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Anteil der Arten in der Schweiz, die in mindestens einem Entwicklungsstadium vom Wald abhängig sind oder die sich regelmässig im Wald aufhalten. (n = Anzahl beurteilte Arten, Flechten = Baum- und erdbewohnende Flechten). Quelle: Biodiversität im Wald: Ziele und Massnahmen (Bafu, 2015)

Ebenso gross und vielfältig wie das Angebot an Standortsbedingungen, Habitaten und ökologischen Nischen sind die unterschiedlichen Ansprüche der Waldorganismen an den Lebensraum Wald. Neben Generalisten ohne spezielle Bedürfnisse sind es in ihrer Mehrheit Organismen, welche für ihre Existenz auf ganz spezifische Habitatbedingungen angewiesen sind. Solche Ansprüche können sich auf die Bestandesstruktur als Ganzes oder auf einzelne Mikrohabitate beziehen.

Angaben zu den National prioritären Arten und den Roten Listen sind im Grundlagenkapitel enthalten. Info Species bietet das Abfragen von Daten für verschiedene Artengruppen als wichtige Grundlage für die Planung von Massnahmen im Wald.

Pilze

Der Lebensraum Wald beherbergt fast dreiviertel aller Grosspilzarten. Besonders reich an Pilzen sind natürliche Laubmischwaldgesellschaften. Neben symbiontischen Mykorrhiza-Pilzen, welche oft auf spezifische Wirtsbaumarten angewiesen sind, weisen vor allem Waldbestände mit viel Totholz in unterschiedlichem Verrottungsstadium eine hohe Diversität an Streu- und holzabbauenden Pilzarten auf. Das Thema Pilze im Lebensraum Wald, ihr Schutz und ihre Förderung wird in einem separaten Artikel ausführlich behandelt.

Weitere Informationen siehe bei SwissFungi.

Flechten

Flechten sind im Lebensraum Wald weit verbreitet und besiedeln dort mit allen Wuchsformen auch alle Substrate von der Borke der Gehölze über Totholz, Erdboden bis zur Fels- und Steinoberfläche.

Erdbodenflechten sind auf unseren Waldböden meist wenig vertreten Eine Ausnahme bilden standörtlich extremere Ausbildungen von Wald- und Bergföhrenwäldern und Lärchen-Arvenwäldern, wo Bodenflechten (v.a. Strauchflechten der Gattung Cladonia) aspektbildend auftreten können. Von besonderer Bedeutung sind die baumbewohnenden Flechten, welche vor allem in alten, wenig genutzten und gestörten Wäldern auf der Borke von alten oft mächtigen Bäumen wachsen. Die einzelnen Arten sind aufgrund ihrer Ansprüche genaue und feine Zeiger der Luftfeuchtigkeit, Luftqualität sowie der chemischen und strukturellen Beschaffenheit der Borke ihres Wuchsortes.

Bekanntere Beispiele von eindrücklichen Baumflechten sind etwa die Echte Lungenflechte (Lobaria pulmonaria), welche hauptsächlich in ungestörten Bergwäldern an den Stämmen alter Buchen oder Bergahornen wächst. Oder die spektakuläre Engelshaarflechte (Usnea longissima), welche mit bis zu einem Meter langen Girlanden nur an ganz wenigen Orten an alten Fichten in luftfeuchten Gebirgswäldern zu finden ist.

Als zweckmässige Schutz- und Förderungsmassnahmen bieten sich die Ausscheidung von Reservatsflächen bzw. Erhalt und Ausscheidung von Biotopbäumen und Altholzinseln an (vgl. Kap. «Ausscheidung und Sicherung von Waldreservaten» & «Ausscheidung und Sicherung von Altholzinseln, Habitatbäumen und Totholz».

Das Thema Flechten im Lebensraum Wald mit ihrer Ökologie, ihrem Schutz und ihrer Förderung wird in einem separaten Artikel ausführlich behandelt.

Die Webseite «SwissLichens» bietet umfassende Informationen zum Thema Flechten, insbesondere auch Verbreitungskarten und Hinweise zu Gefährdungen und Artenförderung für Schweizer Flechten.

Literatur & Links:

Moose

Der Wald ist ein sehr wichtiger Lebensraum für Moose, etwa 40 % aller Moosarten der Schweiz kommen im Wald vor. Verschiedenste Arten besiedeln alle Substrate und Kleinhabitate eines Waldes. Sie wachsen auf dem Waldboden und epiphytisch auf Stämmen und Ästen der Bäume, auf Totholz, sowie in Wäldern mit Felspartien und Schutthalden. Viele Moose haben sehr enge ökologische Ansprüche an ihr Habitat. Neben einem spezifischen Substrat (Borke, Boden, Totholz oder Stein) gilt dies besonders für mikroklimatische oder edaphische Aspekte wie Feuchtigkeit, pH, Nährstoffangebot, Körnung des Bodens oder Gesteinsart. Nadelholz und Laubholz wird sowohl im lebenden Zustand als auch als Totholz oft von verschiedenen Moosarten besiedelt. Deshalb variiert der Moosreichtum bzgl. Artenvielfalt und Deckungsgrad auch sehr stark zwischen den Waldgesellschaften mit ihren unterschiedlichen Standortbedingungen. Laubwälder mit mittleren Standortbedingungen weisen vor allem am Boden oft wenig Moosvegetation auf, insbesondere wenn die Laubstreu nur langsam abgebaut wird. Wälder mit hoher Luftfeuchtigkeit beherbergen besonders viele Epiphyten, darunter auch sehr seltene Arten. Andere Moose wiederum ertragen hohe Trockenheit, benötigen dafür viel Licht und Wärme oder sind auf offene Rohböden angewiesen. Wie auch für Flechten oder viele spezialisierte Tiergruppen sind alte, wenig gestörte oder ungenutzte strukturreiche Wälder mit viel stehendem und liegendem Totholz auch für Moose besonders wertvolle Habitate.

Die Förderung und der Schutz von Moosen und Moosvegetation muss somit unterschiedliche Strategien verfolgen. Einerseits braucht es eine weitere Förderung des Totholzangebotes, den Erhalt von grossen alten Bäumen als Biotopbäume in genügender Dichte und die vermehrte Ausscheidung von Altholzinseln und Naturwaldreservaten (vgl. Kap. «Ausscheidung und Sicherung von Waldreservaten» & «Ausscheidung und Sicherung von ökologischen Ergänzungsflächen»). Andererseits sind lichte Wälder mit offenen Bodenstellen zu fördern oder wieder einzurichten (vgl. Kap. «Ausscheidung, Sicherung und Pflege von besonderen Bestandesstrukturen»).

Das Thema Moose (Ökologie, Lebensraum Wald, Schutz und Förderung) wird in einem separaten Artikel ausführlich behandelt:

Die Webseite «Swissbryophytes» bietet umfassende Informationen zum Thema Moose, insbesondere auch Beschreibungen, Bilder, Verbreitungskarten und Hinweise zum Schutz für alle Moosarten der Schweiz.

Angaben zu typischen Moosarten in den einzelnen Waldtypen und Waldgesellschaften finden sich in Delarze et.al. (2015) in den kantonalen Waldstandortsbeschreibungen (vgl. Kap. «Kantonale vegetationskundliche Waldkartierungen und Waldbeschreibungen») und in der Literatur zur Wald-Pflanzensoziologie.

Literatur & Links:

Höhere Pflanzen/Gefässpflanzen

Rund 500 Arten wachsen schwerpunktmässig oder zumindest regelmässig im Wald. Vor allem in lichten und offeneren Wälder gesellen sich dazu noch Arten aus lichten Gebüschen, Säumen und der offenen Landschaft. Waldarten besiedeln in den Waldgesellschaften ein ungemein breites Spektrum von Standorten von nass bis trocken, sauer bis basisch oder schattig bis hell usw. Besonders artenreich sind offene lichte Wälder, insbesondere wenn sie noch mit Trockenstandorten, Wiesen oder Mooren verzahnt sind oder extensiv beweidet werden.

Eine Mehrheit von 75 % aller Waldarten gelten als ungefährdet (RL-Status LC), rund 13 %, d.h. 62 Arten als gefährdet ((RL-Status VU, EN oder CR). Ein Teil dieser Arten hat naturgemäss nur kleine Vorkommen mit beschränkten Populationen in der Schweiz, eine andere wichtige gefährdete Gruppe sind lichtliebende Arten, welche vom Rückgang bzw. der Verdunkelung der lichten Wälder betroffen sind. Vier Waldarten (Flachschotige Rauhaar-Gänsekresse (Arabis nemorensis), Niedrige Birke (Betula humilis), Virginische Mondraute (Botrychium virginianum) und Wilde Rebe (Vitis sylvestris)) sind vom Aussterben bedroht (CR) und das Winterlieb (Chimaphila umbellata) ist mit grosser Wahrscheinlichkeit in der Schweiz ausgestorben. Diese Arten haben nur ganz wenige Vorkommen mit sehr kleinen Populationen in der Schweiz und sie weisen sehr enge ökologische Ansprüche auf. Schon geringe Veränderungen oder Störungen im Lebensraum durch forstliche Nutzungen oder natürliche Sukzessionsvorgänge können sie zum definitiven Verschwinden bringen.

Quelle: Rote Liste der Gefässpflanzen (2016)

Schutz- und Fördermassnahmen:
Da im Kapitel «Erhalt und Förderung» nicht weiter auf spezifische Schutz- und Fördermassnahmen von Pflanzenarten eingegangen wird, soll dies hier kurz zusammengefasst werden. Die Bedeutung und Förderung von lichten Wäldern und Übergängen ins Offenland auch zugunsten vieler gefährdeter Pflanzenarten wird hingegen sowohl noch weiter unten in diesem Kapitel als auch im Kap. «Erhalt und Förderung» thematisiert. Die folgenden Empfehlungen sind - mit kleinen Änderungen – aus der Roten Liste der Gefässpflanzen von 2016 (S. 69) übernommen:

  • Als Instrument für die Förderung der Gefässpflanzen in Wäldern sind neben den lebensraumspezifischen Zielarten auch Leitarten für verschiedene Zielzustände zu definieren.
  • Die sehr zerstreut vorkommenden Populationen der seltensten und gefährdeten Waldarten und ihre spezifischen Lebensraumansprüche sind den Akteuren in der Waldnutzung und -pflege bekannt zu machen.
  • Das relativ junge Instrument der Waldzielarten (Imesch et al. 2015) sollte auf allen Ebenen der Planung und deren Umsetzung gefördert werden, bis es standardmässiger Teil der Pflege- und Nutzungspraxis ist.
  • Die Wuchsorte der Waldzielarten, die oft nur wenige Quadratmeter umfassen, sind gemäss den Ansprüchen der jeweiligen Zielarten zu nutzen und zu pflegen.
  • Lichte Wälder sind zu fördern. Viele lichtliebende Waldarten sind auf Auflichtungen, Schlagflächen oder regelmässige Waldweide angewiesen. Dies gilt insbesondere für Waldarten in warmen, sonnigen Lagen oder in Moorwäldern, bzw. in der Umgebung von Mooren.
  • Für Waldflächen mit gefährdeten Arten ist ein Verbund mit umliegenden, für die Biodiversität wertvollen Flächen zu prüfen und, falls geeignet, einzurichten.

Literatur & Links:

Baumarten

Die Baumarten bilden die charakteristische und prägende Gruppe der Gefässpflanzen des Waldes. Auf sie wird deshalb etwas ausführlicher eingegangen.

Im Schweizer Wald kommen rund 40 einheimische Laubbaum- und sieben einheimische Nadelbaumarten vor. Sie werden aufgrund ihrer Häufigkeit und forstwirtschaftlichen Bedeutung im Landesforstinventar in Hauptbaumarten und übrige Baumarten eingeteilt. Zu den Hauptbaumarten werden die Nadelbäume Fichte (Rottanne), Tanne (Weisstanne), Föhre (Waldföhre und Bergföhre), Lärche und Arve, sowie die Laubbäume Buche, Ahorn (Bergahorn), Esche (Gemeine Esche), Eiche (Traubeneiche und Stieleiche) und Kastanie gezählt. Alle anderen Baumarten zählt man zu den übrigen Nadelbäumen bzw. übrigen Laubbäumen. Darunter fallen auch die meisten ökologisch besonders wertvollen Baumarten. Auf seltene und ökologisch wertvolle Baumarten wird im Kap. «Seltene Gehölze und ökologisch wertvolle Baumarten» weiter eingegangen.

Darstellungen zur natürlichen Verbreitung der Baumarten und Waldgesellschaften, sowie deren Standortsansprüchen in Form von Höhenstufenprofilen und Ökogrammen finden sich im Kap. «Höhenstufen, Waldstandorte und Pflanzensoziologie» und ausführlich in Steiger (2010) oder Delarze et al. (2015). Die folgenden Daten zum Zustand und der Dynamik der Bäume im Schweizerwald stammen aus den Erhebungen des Landesforstinventars LFI, welches in den letzten rund 40 Jahren bereits vier Mal landesweit erhoben wurde (Informationen zum LFI siehe im Kap. «Zahlen zum Wald».

Vor allem Fichte und Buche können von Natur aus Reinbestände bilden. Durch den seit langem andauernden menschlichen Einfluss sind aber Mischbestände mit mehreren Baumarten weiter verbreitet als dies im Naturwald der Fall wäre und diese Tendenz zur Baumartenvielfalt findet auch aktuell immer noch statt. Gemäss den Resultaten im LFI4 sind 17 % Reinbestände (mit einer Baumart), 48 % weisen 2 oder 3 und 34 % mehr als 3 Baumarten auf (Brändli et al., 2020, S.191).

Ein knapper Einblick in die Forstgeschichte und den menschlichen Einfluss auf die Wälder findet sich im Kap. «Kurzer Abriss zur Wald- und Forstgeschichte».

Holzvorrat und Stammzahlen der Hauptbaumarten in der Schweiz (LFI4-Erhebung 2009-2017):

Vorrat Stammzahlen
Hauptbaumart 1 000 m3 m3/ ha  %-Anteil Trend in % Stk./ ha Trend in %
Fichte 181 244 150,8 43,1 0,6 153 –3,1
Tanne 63 662 53,0 15,1 5,1 44 2,5
Föhre 11 781 9,8 2,8 –7,7 14 –7,9
Lärche 25 285 21,0 6,0 9,2 23 3,4
Arve 2 856 2,4 0,7 8,9 5 9,3
übrige Nadelhölzer 1 702 1,4 0,4 17,7 3 5,8
Total Nadelholz 286 530 238,3 68,1 2,1 241 –1,5
Buche 76 300 63,5 18,1 3,6 74 –2,6
Ahorn 12 730 10,6 3,0 12,8 23 9,5
Esche 15 927 13,2 3,8 6,1 18 –1,7
Eiche 8 505 7,1 2,0 –2,4 8 –7,6
Kastanie 5 559 4,6 1,3 7,2 9 –6,0
übrige Laubhölzer 15 360 12,8 3,6 6,9 41 –0,1
Total Laubholz 134 382 111,8 31,9 4,8 173 –0,9
Total 420 912 350,1 100 2,9 413 –1,3

Quelle: Brändli et al., 2020. LFI4. - Auszug aus Tab. 58, 59, 62, 65, 66
Trend: Veränderungen Vorrat bzw. Stammzahl in % im Vergleich zu LFI3 (Erhebungen 2004-2006)
Auswertungseinheit: zugänglicher Wald ohne Gebüschwald

Die Resultate aus dem LFI4 zeigen einige auch waldökologisch bemerkenswerte Trends bei der Entwicklung der Bestände verschiedener Baumarten: Die drei häufigsten Baumarten sind Fichte, Weisstanne und Buche. Das Laubholz hat insgesamt stärker zugenommen, allerdings gibt es grosse regionale Unterschiede (vgl. dazu Brändli et al., 2020: Kap. 2.3). Die Stammzahlen der Fichte sind seit 30 Jahren rückläufig, während der Fichten-Vorrat im Schweizer Durchschnitt etwa konstant blieb. Im Mittelland hat der Vorrat der Fichte seit LFI2 (1993-1995) um 33% abgenommen (in der Tabelle nicht dargestellt). Die im Mittelland meist standortfremde Baumart wurde aus wirtschaftlichen Gründen lange stark gefördert, ist nun aber wegen massiver Sturmschäden (z. B. Lothar 1999), ihrer Anfälligkeit auf klimawandelbedingtem Trockenstress und durch Käferkalamitäten deutlich im Rückgang begriffen. Auffällig ist der Rückgang der Föhre. Sie hatte als Pionier- und Lichtbaumart über Jahrhunderte von der Übernutzung der Wälder mit ihren entsprechend offenen Beständen profitiert. Bei den heutigen Waldverhältnissen mit dichten wüchsigen Beständen kann sie sich nicht mehr genügend verjüngen und wird weniger waldbaulich gefördert. Auch die ökologisch besonders wertvollen Eichen unterliegen aus ähnlichen Gründen eher einem negativen Trend. Vor allem die Stammzahlen sind im Rückgang. Seit LFI1 (1982-1986) hat der Holzvorrat aber um 17 % zugenommen (in der Tabelle nicht dargestellt). Dies bedeutet also einen Trend zu weniger und dafür dickeren Eichen. Insgesamt ist beim Vorrat eine leichte Tendenz zu mehr standortsgemässem Laubholz erkennbar, während bei einigen Laubbaumarten die Stammzahlen etwas rückgängig sind, was auf eine reduzierte Verjüngung schliessen lässt. Die zukünftige Entwicklung lässt sich nicht im Detail voraussagen. Die Auswirkungen des Klimawandels, sowie bereits bekannter und neu auftretender Baumschädlinge und -krankheiten werden die Baumartenzusammensetzung sicher stark beeinflussen werden.


Standortgerecht - standortgemäss

Der Begriff «standortgemäss» wird im forstlichen und naturschutzfachlichen Umfeld viel verwendet und hat auch in die Gesetzgebung Einzug gefunden (z.B. im eidg. Jagdgesetz JSG oder im Natur- und Heimatschutzgesetz NHG. Eine klare Definition ist aber weder in der Fachliteratur noch in Glossaren zu finden. Der Begriff «standortgemäss» in Bezug auf Baumarten und Baumartenwahl und verwandte Begriffe können folgendermassen umschrieben werden:

  • standortgemäss: Baumart, deren Ansprüche den Standortsbedingungen entsprechen und von Natur aus im Gebiet ausdauernd vorkommt
  • standortgerecht: Baumart nicht standortgemäss, aber unter den herrschenden Bedingungen ausdauernd

Im forstlichen Umfeld werden auch folgende, z.T. analogen Begriffe verwendet:

  • standortheimisch: Baumart, die von Natur aus auf einem Standort vorkommt
  • standortfremd: Baumart, die von Natur aus nicht auf einem Standort wächst
  • standorttauglich: Standortheimische oder standortfremde Baumart, die bis zu einem gewissen Bestockungsanteil auf einem Standort gedeiht, ohne diesen zu schädigen
  • Gastbaumart: Standortfremde, aber standorttaugliche Baumart

Ein Beispiel: Die Fichte ist im Gebirgswald eine standortheimische und standorttaugliche Baumart, in den Wäldern des Mittellandes hingegen eine standortfremde und mehr oder weniger standorttaugliche Gastbaumart.


Im Mittelland beherrscht die Buche weitgehend die mittleren Standorte. Mit zunehmend extremer Ausprägung eines oder mehrerer Standortsfaktoren verliert die Buche an Konkurrenzkraft und muss den Bestandesaufbau mit anderen Baumarten teilen. Besonders bei trockenen oder feucht-nassen Bodenbedingungen bilden andere Baumarten gemischte oder reine Bestände. Dies wird in einem Ökogramm, hier am Beispiel für die submontane Stufe, welche einen grossen Teil des Mittellandes einnimmt, anschaulich dargestellt:

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Ökogramm der Baumarten (aus Ellenberg, 1996)


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Neben natürlichen Standortsfaktoren beeinflussen auch kulturelle Einflüsse wie die traditionelle Waldbewirtschaftung die Buchenverbreitung und ihre Ablösung durch andere Baumarten. Quelle: Wälder der Schweiz (Steiger, 2010)


In der hochalpinen und subalpinen Stufe beherrscht die Fichte die mittleren Standorte. Auch sie wird durch besondere Standortsfaktoren von anderen Baumarten abgelöst. Die oft landschaftsprägenden Lärchenwälder in den inneralpinen Tälern sind kulturell bedingt. Wegen der Jahrhunderte langen Waldbeweidung hat hier die Lärche die standortsgemässe Fichte weitgehend abgelöst.


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Ökologische Grenzen der Fichtenverbreitung in der Schweiz. Quelle: Wälder der Schweiz (Steiger, 2010)

Tiere des Waldes

Tierarten nutzen in der Regel nicht den gesamten Lebensraum Wald, sondern nur bestimmte grössere oder kleinere Teile davon. Je nach Artengruppe können für ihre Existenz die Bestandesstruktur (lückig, dicht, Stufung, Baumalter, Totholzangebot usw.), Kleinhabitate, die Ausbildung der Strauch- und Bodenvegetation, das Bestandesklima (sonnig, schattig, trocken, feucht, warm, kühl usw.), die Bodeneigenschaften (Humusform, pH, Feuchtigkeit), das Nahrungsangebot (Bodenvegetation, Früchte und Samen usw.) oder andere Kriterien von entscheidender Bedeutung sein.

Alte strukturreiche Waldbestände weisen in der Regel eine besonders hohe Vielfalt an seltenen und oft gefährdeten Tierarten auf (vgl. Kap. «Ökologisch wertvolle Strukturen» und «Ausscheidung und Sicherung von Waldreservaten». Andere Arten wiederum sind auf offene Waldstrukturen angewiesen, welche durch natürliche Bedingungen in einer Waldgesellschaft, oft aber auch durch stärkere forstliche Eingriffe oder menschliche Mischnutzungen wie z. B. Beweidung bedingt sein können. Solche Wälder und Habitate werden oft als «lichte Wälder» bezeichnet (vgl. Kap. «Ökologisch wertvolle Strukturen: Totholz, Biotopbäume, Lichte Wälder» und Kap. «Ausscheidung, Sicherung und Pflege von besonderen Bestandesstrukturen»).

Die Standortbedingungen, respektive die Waldgesellschaft, geben einen Hinweis auf die zu erwartende Waldfauna. Zusätzlich beeinflusst das Vorhandensein oder Fehlen bestimmter Strukturen (z.B. stehendes, besonntes Totholz) das Vorkommen der Fauna. So finden Arten dieselben benötigten Habitate zum Teil in verschiedenen Waldgesellschaften oder nutzen unterschiedliche Teilhabitate von mehreren Waldgesellschaften. Die Strukturen eines Waldes sind oft auch durch Nutzungseingriffe (z.B. Stichwort fehlende Biotopbäume) oder ein Störungsereignis geprägt oder die Baumarten in einem Wirtschaftswald entsprechen nicht dem natürlichen Waldstandort (Stichwort Fichten statt Buchen). Für die Existenz vieler Tierarten sind auch Mosaike mit Wald und offener Landschaft ausschlaggebend.

In vielen Fällen ist es zweckmässig, sich beim praxisorientierten Naturschutz im Wald primär nach vegetationskundlichen Kriterien (Waldgesellschaften) vorzugehen und dann je nach Tiergruppe die strukturellen Merkmale mehr oder weniger stark mit einzubeziehen.

Im Folgenden wird auf einige besonders wichtige und charakteristische Tiergruppen etwas ausführlicher eingegangen. Dort finden sich dann auch Hinweise und Links zu weiteren Informationen dieser Gruppen. Hinweise auf umfassendere praxisorientierte Literatur und Links zum Thema Waldfauna, Biotop- und Naturschutz im Wald:

Literatur & Links:

Xylobionte Insekten, insb. Käfer (Coleoptera)
Eine besonders charakteristische ökologische Tiergruppe des Lebensraumes Wald sind Xylobionten ("Holzbewohner"). Es handelt sich dabei um Organismen, welche sich vollständig oder teilweise von Holz ernähren und mindestens einen Teil ihres Lebens im Holz verbringen. Neben holzabbauenden Pilzen sind dies vor allem Insekten, insbesondere Käfer, welche vornehmlich das Larvenstadium im Holz verbringen. In einem alten, forstlich nicht genutzten Eichenwald wurden zum Beispiel 25 Käferfamilien gefunden.

Besonders häufig und am ehesten bekannt sind Vertreter der Bockkäfer (Cerambycidae), der Schröter (Lucanidae), der Prachtkäfer (Buprestidae) und der Rosenkäfer (Cetoniinae). Dazu gehören die grössten einheimischen Käferarten wie der Hirschkäfer (Lucanus cervus) oder der Grosse Eichenbock (Cerambyx cerdo), sowie auffällig attraktive Arten wie der Alpenbock (Rosalia alpina) oder der Goldglänzende Rosenkäfer (Cetonia aurata). Die Käferlarven ernähren sich je nach Art von lebendem bzw. absterbendem Holz, frischem bzw. morschem Totholz oder weitgehend zu Mulm zersetztem Totholz. Ob feuchtes oder trockenes, stehendes oder liegendes Totholz genutzt wird, ist oft auch artspezifisch bestimmt. Zahlreiche Arten sind mono- oder oligophag, d.h. sie ernähren sich nur von einer oder wenigen Baumarten, besonders beliebt ist dabei das Eichenholz.

Völlig anders als ihre Larven ernähren sich die Adulten vor allem von Pollen, Blättern oder Säften. Auch hier sind sowohl die Form der Nahrung, als auch die genutzten Pflanzenarten artspezifisch festgelegt. Insgesamt bevorzugen die Adulten also eher offene Strukturen, in welchen ihre Nahrungspflanzen bevorzugt vorkommen.

Literatur & Links:

Tagfalter
Tagfalter sind generell sonnenliebende Wesen. Es gibt nur sehr wenige Arten, die vollständig oder weitgehend an den geschlossenen Wald gebunden sind. Die meisten sogenannten Waldschmetterlinge leben in lichten und oft besonnten Teillebensräumen des Waldes. Dazu gehören der Übergang von Wald zu Offenland, natürlich lichte Waldbestände, Waldlichtungen, Windwurflücken, Waldwege, innere Waldränder, sowie der obere Kronenbereich der Waldbäume. Zum Teil leben die Raupen in andern Teilbiotopen als ihre Adulten.

Entscheidend für das Vorkommen vieler Arten sind einerseits die Bestandesstrukturen und das Angebot an Kleinhabitaten, andererseits das Vorkommen von wichtigen Nahrungspflanzen insbesondere auch von gewissen Gehölzarten. Für viele Arten von besonderer Bedeutung sind lichtliebende Pioniergehölze (sog. Weichhölzer) wie Salweide (Salix caprea), Zitterpappel (Populus tremula), Schwarzpappel (Populus nigra) oder Birke (Betula sp.) oder Straucharten wie der Schwarzdorn (Prunus spinosa), Traubenkirsche (Prunus padus) oder Kreuzdorn (Rhamnus cathartica). Sie dienen nicht nur als Futterquellen für bestimmte Raupen, sondern auch als Nektarspender für adulte Tiere. Auch die Blätter der einheimischen Eichenarten (Quercus robur, petraea, pubescens und cerris) sind spezifische Futterquellen für die Larven gewisser Tagfalterarten.

Lichte, lückige Bestände sind auch entscheidend für die Ausbildung einer artenreichen Bodenvegetation, in welcher spezifische Futterpflanzen zahlreicher weiterer Tagfalterarten vorkommen können. Besonders geeignete Lebensräume sind deshalb natürlich offene und schlechtwüchsige Waldgesellschaften wie trockene Föhren- oder Eichenwälder oder lückige Auenwälder.

Wichtige Kleinhabitate für Adulttiere sind zeitweise wassergefüllte Fahrspuren und Rinnen auf Waldstrassen mit Naturbelag oder anderweitige Pfützen als Saugstellen etwa für Eisvögel oder Schillerfalter. Auch sollten die Waldstrassen seitlich genügend breite Krautsäume aufweisen. Detaillierte Angaben zu Tagfalterarten im Walde und ihren spezifischen Habitatansprüchen siehe im Artikel zu den Tagfaltern.

Weitere ausführliche Informationen zu diesem Thema finden sich unter:

Neben Tagfaltern ist der Wald auch für zahlreiche weitere Grossschmetterlinge (Nachtfalter) insbesondere aus den Familien der Dickkopffalter, Widderchen, Schwärmer, Spinner, Eulen und Spanner ein wichtiger Lebensraum. Über Lebensweise und Habitatansprüche dieser teilweise sehr artenreichen Familien steht weniger Information zur Verfügung als über Tagfalter.

Literatur & Links:

  • Arbeitskreis forstliche Landschaftspflege, 1986: Biotop-Pflege im Wald.
  • Schweizerischer Bund für Naturschutz (Hrsg.), 1987: Tagfalter und ihre Lebensräume.
  • Pro Natura - Schweizerischer Bund für Naturschutz (Hrsg.), 1997: Schmetterlinge und ihre Lebensräume Band 2.
  • Pro Natura - Schweizerischer Bund für Naturschutz (Hrsg.), 2000: Schmetterlinge und ihre Lebensräume Band 3.
  • Rote Liste der Tagfalter (2014).
  • Rey, 2012: Förderung von Waldtagfaltern im Kanton Aargau. Pilotprojekt Gemeinde Möhlin.

Amphibien im Wald
Der Wald ist einer der wichtigsten Lebensräume für Amphibien. Dies gilt in erster Linie für deren Aufenthalt an Land, wo viele Wälder die von ihnen benötigten feuchten und schattigen Habitatbedingungen anbieten. Naturgemäss sind es vor allem die Auen- und Bruchwälder, sowie die feuchten Laubmischwälder, welche diese Bedingungen erfüllen und wo zusätzlich auch Kleingewässer zu finden sind, welche für die Fortpflanzungszeit und das Larvenstadium essenziell sind.

Neben dem feuchten Mikroklima sind die Amphibien im Wald auch auf genügend Kleinstrukturen wie liegendes Totholz, Asthaufen oder Steine angewiesen. Dort finden sie Schutz vor Fressfeinden und können auch längere Trockenperioden überdauern. Das wohl wichtigste ökologische Defizit in der heutigen Landschaft ist der Mangel an genügend Kleingewässern für die Fortpflanzung innerhalb und in der Nähe von Wäldern. Die Ansprüche der einzelnen Amphibienarten an die Laichgewässer sind sehr unterschiedlich. Während der Grasfrosch wenig wählerisch ist, bevorzugt der Feuersalamander kleine Bächlein und die Gelbbauchunke ist auf austrocknende Tümpel angewiesen. Wichtig ist auch, dass die Laichgewässer fischfrei sind. Wichtigste Fördermassnahme ist deshalb die Schaffung von neuen Laichgewässern in den geeigneten Waldtypen unter Berücksichtigung der artspezifischen Ansprüche.

Literatur & Links:

Informationen zu Amphibien im Artikel zu den Amphibien.

Reptilien im Wald
Reptilien sind wechselwarme Tiere und benötigen somit sonnige Habitate mit viel Wärme, welche auch in bestimmten Wäldern zu finden sind. Neben südexponierten Waldrändern sind dies vor allem lichte, schlechtwüchsige Trockenwälder mit Eichen oder Föhren, aber auch Ränder von Mooren oder Weichholzauen. Vor allem Wälder mit sonnenexponierten Felspartien, Schutthalden, Lawinenrunsen oder im offenen Kies und Geröll von Fliessgewässern finden sich günstige Habitate. Wichtig ist dabei immer auch ein strukturreiches Mosaik, welches neben offenen Bereichen auch Flächen mit Deckung durch Krautvegetation und Kleingehölze bietet. Vorübergehend günstige offene und sonnige Habitate entstehen aber auch durch die schlagweise forstliche Nutzung an andern Waldstandorten. Wichtig ist hier vor allem, dass nach dem Schlag etwas Totholz insbesondere auch als Asthaufen im Bestand zurückbleibt. Bereits bestehende gute Reptilienhabitate in felsigem oder steinigem Umfeld können mit gezielten Eingriffen in der näheren Umgebung besonders gefördert werden.

Literatur & Links:

Informationen zu Reptilien auf der Plattform Naturförderung.

Waldvögel
60 Vogelarten, d.h. fast ein Drittel der Brutvögel der Schweiz brüten hauptsächlich im Wald. Neben zahlreichen Generalisten finden sich darunter auch anspruchsvolle Spezialisten, welche auf spezifische Habitatbedingungen angewiesen sind. Der aktuelle Brutvogelatlas der Schweiz zeigt für die Vögel des Lebensraumes Wald eine grundsätzlich positive Entwicklung der Bestände seit 1993-1996 auf, auch wenn es in manchen Bereichen noch deutliches Verbesserungspotential gibt. Dies gilt insbesondere für die weitere Förderung einerseits von Altholzbeständen und Totholz, andererseits von lichten Wäldern. Auch Störungen durch Verkehrslärm und intensive Freizeit- und Sportnutzung beeinträchtigen zahlreiche Vogelarten.

Literatur & Links (allgemein zum Thema Vögel und Wald):

Informationen zu Vögeln im Wald auf der Plattform Naturförderung.

Neben allgemeinen Lebensraumverbesserungen werden zahlreiche Vogelarten des Waldes auch durch spezifische Programme gefördert.

Auf einige charakteristische und oft auch prioritäre Arten von Waldvögeln wird näher eingegangen:

Spechte
Kaum eine andere Vogelfamilie hat sich so an die Lebensweise im Wald und an Bäume angepasst wie die Spechte (Fam. Picidae). Dies betrifft sowohl ihre besonderen Morphologiemerkmale als auch die Einnischung in sehr unterschiedliche Waldhabitate. Deshalb sollen sie an dieser Stelle etwas ausführlicher vorgestellt werden. Von den neun einheimischen Spechtarten sind sieben weitgehende Waldbewohner mit sehr unterschiedlichen Habitatansprüchen (Tabelle aus Kalusche, 1999 (verändert und ergänzt)).

Spechtart Charakterisierung der Art
Buntspecht
(Dendrocopus major)
Generalist. Lebt in lichten Laubwäldern, aber auch in Nadelwäldern, Obstgärten, Parks usw.; zimmert Höhlen in den Stamm; findet seine Beute durch Aufhacken unter der Rinde ("Hackspecht"). Häufigste Spechtart.
Mittelspecht

(Dendrocopos medius)

Anspruchsvoller Spezialist mit Präferenz für grobborkige Baumarten, insb. Eichen (Eichenhochwälder und Mittelwälder); zimmert Nisthöhle auch in schräg aufsteigende Äste; findet seine Nahrung unter lockerer oder tiefrissiger Rinde mehr durch Absuchen denn durch Hacken ("Suchspecht").
Kleinspecht

(Dendrocopos minor)

Lebensraum wie beide vorherigen Arten, bevorzugt jedoch Weichholzarten wie Pappeln, Weiden, auch Birken als Nistbäume; meidet geschlossene Hochwälder und Fichtenforste; Höhlenbau auch in dünneren Ästen möglich; ernährt sich überwiegend von Raupen, Blattläusen, bzw. Larven in morschem Holz. Bevorzugt tiefere Lagen.
Weissrückenspecht

(Picoides leucotos)

Lebt in besonders totholzreichen, forstlich wenig beeinflussten Altholzbeständen (Laub- und Mischwälder). In der Schweiz seit wenigen Jahren in Nordbünden, im Süden des Kantons St. Gallen und im Zürcher Oberland wieder eingewandert, noch sehr selten .
Dreizehenspecht

(Picoides tridactylus)

Lebt hauptsächlich in den subalpinen Gebirgswäldern (900-2100 m ü. M.). Benötigt hohen Totholzanteil.
Schwarzspecht

(Dryocopus martius)

Grösster mitteleuropäischer Specht, beansprucht grössere, zusammenhängende Waldgebiete; Nisthöhle wird bevorzugt in alten Buchen oder Nadel-bäumen angelegt, wichtigster "Höhlenbauer" im Wald; sucht seine Nahrung bevorzugt an absterbenden Bäumen und Baumstrünken in niedriger Höhe.
Grünspecht

(Picus viridis)

Ameisenspecht. Sucht Nahrung bevorzugt am Boden, z.B. Ameisen ("Erdspecht") oder Obst; hält sich eher an Waldrändern und in der halboffenen Landschaft (Obstgärten) auf.
Grauspecht

(Picus canus)

Ähnliche Lebensweise wie Grünspecht, auch "Ameisenspecht", aber vielfältiger in Nahrungssuche; bewohnt aber eher das Innere von strukturreichen nicht zu dichten Laubwäldern in tieferen Lagen, seltener auch in lichten Nadelwäldern bis etwa 2000 m ü. M.


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Totholzreicher Buchenwald als Habitat des Weissrückenspechts im unteren Prättigau GR

Wohl vor allem als Folge der allgemeinen Zunahme von Totholz im Schweizer Wald haben die Populationen der Spechtarten in den letzten Jahrzehnten generell zugenommen.

Links und Literatur zum Thema Spechte und Wald:

Raufusshühner
In der Unterfamilie der Raufusshühner sind insbesondere Auerhuhn und Haselhuhn Charaktervögel des Waldes, etwas weniger das Birkhuhn. Alle drei haben spezifische, aber deutlich unterschiedliche Ansprüche an ihren Lebensraum.

Das Auerhuhn findet sich vor allem in strukturreichen, eher locker bestockten nadelholzreichen Wäldern von etwa 1000 m bis über 2000 m ü. M. Um die letzte Jahrhundertwende umfasste seine Verbreitung noch grosse Teile des Jura, praktisch die gesamten Vor- und Nordalpen sowie grössere Teile von Graubünden. Es hat in der Schweiz in den letzten Jahrzehnten einen massiven Rückgang seiner Verbreitung und Populationsgrössen erlebt. Die Ursachen sind vielfältig, im Vordergrund stehen wohl Veränderungen des Lebensraumes (Verdichtung und Verdunkelung der Waldbestände), sowie teilweise Störungen durch Walderschliessung und die damit verbundene Erholungsnutzung.

Das Haselhuhn besiedelt vor allem deckungsreiche, reich strukturierte Nadel- und Mischwälder zwischen 1000 und 1900 m ü. M. Es findet sich im westlichen Jura und im ganzen Alpenraum von den nördlichen Voralpen bis an den Alpensüdhang. Im Gegensatz zu den umliegenden Regionen nimmt die Population des Haselhuhns in der Schweiz seit etwa 20 Jahre tendenziell zu.

Das Birkhuhn lebt in der Schweiz vor allem im Bereich der oberen Waldgrenze in den Alpen im Übergang vom Wald in die Zwergstrauchheiden und Alpweiden. Seine Bestände schwanken über die Jahre stark, sind aber im Ganzen einigermassen stabil. Als mögliche Gefährdungen werden vor allem Störungen durch touristische Nutzungen, Veränderungen in der Alpnutzung und die Jagd erwähnt.

Die Vielfalt der benötigten artspezifischen Kleinhabitate der drei Raufusshühnerarten kann in den folgenden Abbildungen verglichen werden (Quelle: Arbeitskreis forstliche Landschaftspflege, 1986: Biotop-Pflege im Wald, Abb. 60-62)

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Schema eines Auerhuhnbiotops; dargestellt am Beispiel des naturnahen Bergmischwaldes 1) Jungfichte als Winternahrung des Hahnes, 2) Balzbaum, 3) Heidelbeeren, 4) Bodenbalzplatz, 5) Steinchenaufnahme von Wurzeltellern 6) gedeckter Schlafplatz, 7) geschützter Brutplatz, 8) Fichtenzweige als Winternahrung der Henne, 9) Huderpfanne, 10) freier Schlafplatz, 11) Ameisenhaufen, 12) Buchenlaub als Sommer- und Herbstnahrung (Scherzinger, 1976)
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Schema eines Haselhuhnbiotops; im linken Abbildungsteil ist die Vielfalt kleiner Lebensraumausschnitte im "Naturwald" dargestellt, die den Biotop zusammensetzen. Rechts stehe die Sekundärstrukturen des Wirtschaftswaldes. 1) Birkenknospen als Winternahrung, 2) Lichtung mit Holunder und Weide zur Kükenaufzucht, 3) Balken und Strünke als Singwarte zur Balz, 4) Vogelbeerbaum auf Windwurffläche, 5) verdeckter Brutplatz 6) Buchenstangengehölz als Wintereinstand, 7) Beerensträucher an der Strassenböschung, 8) Huderpfanne in trockenem Sand, 9) Schlaf- und Zufluchtsort im Fichtenstangenholz (Scherzinger, 1976)
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Schema eines Birkhuhnbiotops; dargestellt am Beispiel eines Spirkenmoores (=Bergföhrenhochmoor) 1) Birkenknospen als Winternahrung, 2) Balzbaum, 3) Freifläche für Gesellschaftsbalz, 4) Gedeckter Brutplatz, 5) Trockenes Randgebiet, 6) Schlafbäume, 7) Weidenlaub als Sommernahrung (Scherzinger, 1976)

Es gibt eine umfangreiche Literatur zu Lebensweise, Lebensraumansprüchen und zu Schutzmassnahmen und gezielter Förderung dieser Raufusshühnerarten:

Waldschnepfe
Die Waldschnepfe ist ein charakteristischer Waldvogel, der in letzter Zeit praktisch völlig aus den Wäldern der tieferen Lagen verschwunden ist. Im östlichen Jura hat sie stark abgenommen. In den Nordalpen scheint die Situation stabiler, während im restlichen Alpenraum die Verbreitung und Bestandsentwicklung unklar ist. Auch bei der Waldschnepfe dürften natürliche Veränderungen der Waldstrukturen (Verdichtung durch Zunahme des Holzvorrates), sowie Zunahme der Störungen zu den Hauptursachen dieser Trends verantwortlich sein. Gezielte Artenförderung scheint deshalb angebracht.

Literatur & Links:

Ziegenmelker

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Der Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus) bewohnt lichte Wälder und halboffene Landschaften

Der Ziegenmelker ist ein typischer Bewohner von lichten Wäldern und halboffenen Landschaften der unteren und mittleren Höhenlagen. Er benötigt ein Mosaik von lichten vegetationsarmen Trockenwäldern und Wiesen für seine bevorzugte Jagd auf Nachtfalter. Durch den weitgehenden Rückgang dieser Lebensräume ist der Ziegenmelker vollständig aus der Nordschweiz verschwunden und brütet nur noch an wenigen Orten in den zentralalpinen Tälern und im Südtessin. Er ist in der Schweiz heute stark gefährdet (RL-Status: EN). Die Förderung von lichten Wäldern allgemein und gezielte Artförderung sind somit dringend notwendig.

Literatur & Links:

Fledermäuse im Wald:

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Für alle Fledermäuse ist der Wald ein bedeutender Lebensraum oder zumindest ein wichtiges Teilbiotop.

Fledermäuse nutzen im Jahreslauf artspezifisch unterschiedliche Biotope. Grundsätzlich kann bei jeder Art zwischen den Teilbiotopen Winterquartier, Wochenstube und Jagdgebiet, welche durch Flugkorridore verbunden sind, unterschieden werden.

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Waldnutzung durch einheimische Fledermausarten: alle Arten nutzen den Wald, jedoch auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlicher Intensität. Die wichtigsten Nutzungskategorien sind Sommerverstecke, Winterschlafverstecke, Jagdlebensräume und Flugkorridore. Je länger der Balken, desto grösser ist die jeweilige Nutzung. Die Angaben basieren auf den Datenbanken der Koordinationsstellen für Fledermausschutz, Literatur und Expertenwissen. Quelle: «Stiftung Fledermausschutz»

Als Quartiere im Wald dienen oft alte Schwarzspechthöhlen oder hohle Bäume. Für kleine Arten eignen sich dazu auch Stämme mit Rissen und Spalten oder abstehender Borke (mit Öffnung nach unten). In felsigen Wäldern sind auch Felspalten und -höhlen wichtige potentielle Fledermausquartiere. Wo solche Strukturen und Kleinhabitate als Quartiere genutzt werden, sind sie vor Störungen oder gar Zerstörungen gut zu schützen und regelmässig zu kontrollieren. In Wäldern mit wenig Höhlenbäumen und stehendem Totholz können auch spezielle Fledermauskästen eingesetzt werden, sofern solche Bestände als potentielle Fledermauslebensräume überhaupt in Frage kommen (siehe auch Kap. Nistkästen im Wald]. Ast- und Totholzhaufen werden manchmal von Fledermäusen als Versteck und zum Verkriechen genutzt.

Einheimische Fledermäuse ernähren sich fast ausschliesslich von Insekten und anderen Gliederfüssern. Wälder und Waldstrukturen mit einer reichen Insektenfauna sind deshalb auch ideale Jagdlebensräume für Fledermäuse. Dazu gehören insbesondere:

  • Wälder mit viel Altholz und Totholz (auch als Quartiere sehr wichtig)
  • lichte Wälder
  • strukturreiche Waldränder
  • geschlossene Eichen- und Buchenwälder (mit geringem Unterwuchs, v.a. für Bechsteinfledermaus und Grosses Mausohr)
  • Auenwälder

Die oft weit auseinander liegenden Quartier- und Jagdlebensräume müssen durch geeignete Flugkorridore miteinander vernetzt sein. Wichtige Kriterien sind hier eine fehlende oder geringe Beleuchtung und vertikale Landschaftsstrukturen zur Orientierung mit Echo-Ortung zum Schutz vor Prädatoren. Dunkle Wälder sind dafür durchaus geeignet.

Gefährdungen durch forstliche Massnahmen betreffen vor allem:

  • Mangel an Höhlenbäumen und Totholz (für Quartierlebensräume)
  • Aufforstungen mit Nadelhölzern im Mittelland
  • Trockenlegung feuchter Wälder und von Kleingewässern im Wald

Literatur & Links:

Säugetiere (ohne Fledermäuse)
Unter den Säugetieren gehören Bär, Luchs und Wolf zu den national prioritären Waldzielarten. Neben der allgemeinen Bedeutung als wertvolle Bereicherung der Biodiversität spielen sie als Top-Prädatoren eine wichtige Rolle im Waldnahrungsnetz, insbesondere im Zusammenhang mit der Wald-Wild-Problematik infolge der hohen Schalenwildbestände in unseren Wäldern. Auf der Webseite der KORA (https://www.kora.ch/) finden sich dazu viele Informationen.

Eine sehr wichtige Rolle im Naturhaushalt des Waldes spielt das sogenannte Schalenwild. Dazu gehören die einheimischen Wildarten Reh, Hirsch (Rotwild), Gämse und Steinbock. Um die Jahrhundertwende 1900 waren Hirsch und Steinbock vollständig und das Reh fast ganz ausgerottet. Nur die Gämse konnte sich in den Alpen ständig halten. Durch Wiedereinwanderung (Hirsch) bzw. Aussetzung (Steinbock) und wegen einer strengen Jagdgesetzgebung haben sich die Bestände aller vier Arten stark vermehrt und weisen heute Populationen auf, welche bei weitem über die natürlichen Verhältnisse unter urwaldähnlichen Bedingungen hinausgehen.

Die Schäden dieser Tiere wie Verbiss, Schälen oder Fegen beeinträchtigen die natürliche Verjüngung gewisser Baumarten massiv oder führen in gewissen Gebieten sogar zum praktisch völligen Ausfall eines nachhaltig notwendigen Nachwuchses. Neben der waldbaulich wichtigen Baumart Weisstanne sind etwa auch ökologisch wertvolle Baumarten wie die Eichen, die Eibe oder die Vogelbeere stark betroffen.

Von der umfangreichen Fachliteratur zu diesem Thema seien hier zur weiteren Information folgende Arbeiten herausgegriffen:

Im Säugetierartikel gibt es eine Tabelle mit detaillierten Angaben wie Lebensräume, Förderbedarf, etc. zu allen Säugetieren der Schweiz. Näher vorgestellt wird die heimlich lebende Haselmaus.

Fazit zu Artengruppen und Arten im Wald

Zusammenfassend kann folgende Bilanz zum aktuellen Zustand der Waldorganismen gezogen werden: Viele Waldarten zeigen stabile oder sogar zunehmende Populationsgrössen. Es gibt aber zwei Lebensraumbereiche im Wald mit klaren ökologischen Defiziten mit zahlreichen gefährdeten Arten, einerseits lichte Wälder, andererseits totholzreiche alte Wälder.

Gemäss den Roten Listen sind dies einerseits vor allem licht- und wärmeliebende Organismen, welche auf lichte und offene Waldstrukturen und einen vielfältigen Übergang Wald-Offenland angewiesen sind. Diese sind in den letzten Jahrzehnten durch Aufgabe von traditionellen Waldnutzungen und durch Einwachsen und Verdunkelung der Wälder deutlich seltener geworden. Massnahmen zur Erhaltung und Verbesserung offener Waldstrukturen werden in Kap. «Ausscheidung, Sicherung und Pflege von besonderen Bestandesstrukturen» behandelt.

Andererseits sind Organismen gefährdet, welche auf typische Strukturen von alten Wäldern mit mächtigen und teilweise zerfallenden Bäumen mit vielseitigem Totholz angewiesen sind. Dazu zählen insbesondere Vertreter von Holz- und Mykorrhizapilzen, Flechten und xylobionte Käfer, aber auch viele Amphibien- und diverse Vogelarten. Alt- und Totholz haben in den letzten Jahrzehnten zwar etwas zugenommen, aber um den davon abhängigen, oft hochspezialisierten Arten ein langfristiges Überleben zu ermöglichen, muss das Totholzvolumen und die Flächen mit Altholzbeständen und Zerfallsphasen durch entsprechende Massnahmen noch deutlich erhöht werden (vgl. Kap. «Ausscheidung und Sicherung von Altholzinseln, Habitatbäumen und Totholz».

Seltene Gehölze und ökologisch wertvolle Baumarten

Das LFI4 bezeichnet Baumarten mit einem Anteil von weniger als 1 % an der Gesamtstammzahl als «seltene Baumarten». Dazu gehören die meisten einheimischen Baumarten. Viele von ihnen sind auch ökologisch von besonderem Wert und charakteristische Elemente von seltenen Waldgesellschaften.

Der ökologische Wert der einzelnen Baumarten kann nicht eindeutig definiert werden. Ein wichtiges Kriterium ist die Eignung zur Besiedlung durch Pilze, Insekten und andere Gliederfüsser. Diese ist wiederum abhängig von Strukturelementen wie der Form und Grösse von Stamm- und Krone oder der Ausbildung der Borke und anderen Mikrohabitaten, individuellem Maximalalter oder der Abbaugeschwindigkeit des Totholzes.

So weisen in der Schweiz (gemäss SwissFungi) Buche, Fichte und Erlen die höchste Anzahl an verschiedenen Pilzarten auf, während (nach einer Studie aus Grossbritannien) die Weiden (Salices), Eichen und Birken mit Abstand am meisten Insekten- und Milbenarten beherbergen. Sonst wird oft auch der Eiche diesbezüglich der erste Rang zugesprochen.

Tabelle: Anzahl verschiedener Pilze sowie Insekten und Milben, die auf unterschiedlichen Baumarten nachgewiesen werden konnten. Daten für Pilze aus SwissFungi (2018) und für Insekten aus Grossbritannien (Kennedy & Southwood, 1984). Quelle: WSL

Baumart Anzahl Pilzarten Anzahl Insekten und Milben
Buche 1190 98
Fichte 1168 70
Erle 895 141
Eiche 766 423
Föhre 713 172
Tanne 700 n. a.
Esche 673 68
Weide 659 450
Birke 431 334
Hasel 431 106
Pappel 421 489
Ahorn 393 94
Linde 332 57
Lärche 311 38
Hainbuche 305 51
Kastanie 287 11
Vogelbeere 237 58
Ulme 123 124
Walnuss 86 7
Robinie 83 2
Eibe 48 6


Okol.Wert 10 Baumarten SZF 161.08 (2010) NIEDERMANN-MEIER.png
Einen anderen Ansatz zur ökologischen Bewertung verwendeten Niedermann-Maier et al. (2010), indem an 461 Bäumen über 50 Strukturmerkmale in Bezug auf ihre Bedeutung für 5 Organismengruppen bewertet wurden. Im Vergleich zwischen 10 häufigeren Baumarten schwingen hier Eiche und Föhre oben aus

Das LFI4 (Brändli, 2020, S. 194) zählt folgende Baumarten und -gattungen - ohne weitere Begründung - als «ökologisch hochwertige Arten» auf: Weiden, Birken, einheimische Pappeln, Waldföhre, Eichen, Kastanie, Kirschbaum und Sorbus-Arten. Von diesen Arten hat die Stammzahl seit der LFI3-Aufnahme nur bei Birken, Pappeln und dem Kirschbaum zugenommen.

Für den Naturschutz im Wald ist es wichtig, sowohl seltene als auch ökologisch wertvolle Baumarten zu schonen und zu fördern.

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Auf Buchen (Fagus silvatica) und Fichten (Picea abies) kommen sehr viele Pilzarten vor, die Eiche ist die wichtigste Bauart für Insekten und Milben. Bezüglich Strukturen schwingen die Eiche (Quercus sp.) und die Föhre (Pinus sp.) oben aus.
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Zu seltenen Baumarten wie Eibe (Taxus baccata) und Elsbeere (Sorbus torminalis) liegen viele Informationen vor.

Förderung seltener Baumarten (SEBA-Projekt, ETH Zürich)

Von 1996 bis 2012 wurde von der Professur für Waldökologie an der ETHZ das umfangreiche SEBA-Projekt zur Förderung seltener Baumarten mit folgenden Zielsetzungen durchgeführt.

  1. Schaffung fehlender Grundlagen zu Verbreitung, Gefährdung, Ökologie (Standort) und waldbaulicher Förderung von seltenen Baumarten
  2. Ableitung von nationalen und regionalen Förderungsstrategien sowie praktischen waldbaulichen Förderungsmassnahmen für seltene Baumarten
  3. Umsetzungsorientierte Aufbereitung der Ergebnisse zur Sensibilisierung und Schulung von Wald- und Naturschutz- Fachleuten auf allen Stufen

Für folgende seltene Baumarten stehen als Resultat des SEBA-Projekts höchst informative Artensteckbriefe, Checklisten und zahlreiche weitere Merkblätter als Download auf Deutsch und Französisch zur Verfügung:

  • Eibe
  • Elsbeere
  • Flatterulme
  • Kirsche
  • Nussbaum
  • Speierling
  • Spitzahorn
  • Wildbirne
  • Winterlinde & Sommerlinde

Spezielle Projekte dienten der Förderung von Edelkastanie und Schwarzpappel. Kürzer gefasste Informationen (zur Verbreitung und Massnahmenregionen) finden sich zusätzlich auch für:

  • Blumenesche
  • Bruchweide
  • Feldulme
  • Holzapfel
  • Weisspappel
  • Zerreiche

Weitere Informationen zum SEBA-Projekt:

Eichen & Eichenförderung

Die vier einheimischen Eichenarten (Quercus petraea, Q. robur, Q. pubescens und Q. cerris) sind aus verschiedenster Hinsicht ökologisch und kulturell sehr wertvoll und förderungswürdig:

  • kaum eine andere einheimische Baumgattung kann mehr Tierarten beherbergen.
  • Auch dichter stehende Eichen lassen deutlich mehr Licht durch ihre Kronen als etwa Buchen. Das heisst ihre Bestände sind lichter und ermöglichen dadurch zahlreichen licht- und wärmebedürftigen Arten eine Existenz. Vor allem wird dadurch auch eine gut ausgebildete oft artenreiche Strauchschicht gefördert.
  • Natürliche Eichenwälder wachsen oft an extremeren, flachgründigen bis felsigen Standorten. Nicht selten handelt es sich dabei um Reliktstandorte, deren Biozönosen sich dort seit der nacheiszeitlichen Eichenmischwaldzeit halten konnten.
  • Eichen gelten nach heutigen Kenntnissen als klimatolerante Zukunftsarten, dies gilt insbesondere für Flaum- und Zerreiche.
  • Eichen gehören zu unserem Kulturerbe. Sie wurden von den Germanen und Kelten als heilige Bäume verehrt und durften nicht geschlagen werden. Oft dienten sie auch als Grenz- oder Gerichtsbäume. Die Schweinemast mit Eicheln ist legendär und auch der forstliche Ausdruck «Mastjahr» stammt davon ab.

Gutwüchsige natürliche Eichenwälder auf tiefgründigen Böden sind in der Schweiz im Vergleich zu umliegenden Ländern in West- und Mitteleuropa eher selten. Aus klimatischen Gründen sind auch in tieferen Lagen natürlicherweise wüchsige Buchenwälder vorherrschend. Bestände mit mächtigen alten Eichen in der Baumschicht verdanken hier ihre Existenz der jahrhundertealten traditionellen Waldnutzung als Mittelwald, welche die sonst dominante und konkurrenzstärkere Buche verdrängt hat. Um diese ökologisch äusserst wertvollen Wälder zu erhalten und fördern, müssen sie weiterhin gezielt speziell bewirtschaftet werden (siehe Sonderwaldreservate & Lichte Wälder.

Die Resultate des LFI4 (Brändli et al., 2020) zeigen, dass die Stammzahl der beiden häufigsten Eichenarten (Trauben- und Stieleiche) seit LFI1 (vor knapp 40 Jahren) um 21 % bzw. 39 % abgenommen, der Vorrat hingegen um 17 % zugenommen hat. Das bedeutet, dass im Schweizer Wald heute weniger dafür dickere Eichbäume stehen bzw. die Eichenverjüngung ungenügend ist. Bestände mit vorherrschenden Eichen sind aktuell mit einem Anteil von 2 % (rund 24 000 ha) an der Gesamtwaldfläche relativ selten, die Fläche hat sich seit der letzten Inventur vor rund 10 Jahren nicht verändert (Brändli et al., 2020, S. 195).

Die Förderung der Eiche ist seit einigen Jahren ein anerkanntes Ziel in Forschung und Forstwirtschaft mit entsprechend umfangreicher weiterführender Literatur.

Dies gilt insbesondere auch für den Verein «proQuercus», welcher sich seit 2001 "die Erhaltung und Förderung der Eiche unter Berücksichtigung ökologischer, ökonomischer und kultureller Aspekte" zum Ziel gesetzt hat. Auf der Homepage stehen sehr viel Information und Publikationen zum Thema Eiche zum Download bereit.

Weitere Literatur zum Thema Förderung der Eiche:

Weitere ausgewählte Baumarten werden durch Vereine gefördert, welche dazu viel Information zur Verfügung stellen:

Seit 1989 erkürt das «Kuratorium Baum des Jahres» jedes Jahr eine Baumart zum Baum des Jahres und liefert dazu jeweils ein umfassendes Baum-Porträt. Diese Porträts können unter den folgenden Links heruntergeladen werden:

Hier finden sich weitere Baumartenportraits.

Provenienzen von Baumarten und Projekt Generhaltungsgebiete Schweiz, ETH Zürich

Autochthone Populationen einer Baumart, welche an einem bestimmten Ort seit unzähligen Generationen ohne menschliche Beeinflussung gewachsen sind, haben sich durch natürliche Selektionsvorgänge optimal an die dortigen Standortsbedingungen angepasst. Diese im Erbgut fixierten Eigenschaften können sowohl morphologische als auch physiologische Anpassungen umfassen. Dies kann sich unter anderem in unterschiedlicher Wuchsform und anderem Wachstumsverhalten, in spezifischen Anpassungen an verschiedene klimatische Bedingungen oder Bodeneigenschaften, aber auch durch unterschiedliche Resistenz gegen Schädlinge oder Krankheiten äussern. Man spricht hier auch von Klima- oder Standortsrassen oder «Ökotypen» einer Baumart. Besonders natürlich weit verbreitete Baumarten wie die Waldföhre oder Fichte, welche z.B. in verschiedenen Klimazonen vorkommen, können viele verschiedene Rassen aufweisen.

Die Bedeutung der genauen Herkunft oder Provenienz von Baumarten ist in der Forstwirtschaft schon lange bekannt. Sie spielt unter anderem eine wichtige Rolle bei der Auswahl von passendem Saatgut oder Jungpflanzen bei Aufforstungen insbesondere im Gebirge, als auch für die optimale Produktion von wertvollem Nutzholz bestimmter Baumarten.

Die genetische Vielfalt innerhalb der verschiedenen Arten ist gemäss allgemeiner Definition auch ein Bereich der Biodiversität. Dies gilt insbesondere auch für die genetische Vielfalt der Baumarten. Diese soll speziell durch ausgewählte Generhaltungsgebiete gesichert und langfristig erhalten bleiben.

Zu diesem Zweck ist im Jahr 2013 an der ETH Zürich das Projekt «Generhaltungsgebiete Schweiz» gestartet worden. Das Oberziel dazu lautet: "Dynamische Erhaltung und Monitoring der genetischen Vielfalt wichtiger Waldbaumarten in der Schweiz durch das Einrichten von Generhaltungsgebieten mit Anschluss an die entsprechende paneuropäische Strategie." Unter anderem sollen repräsentative Generhaltungsgebiete für geeignete Populationen ausgewählter Zielbaumarten ausgeschieden und ein Generhaltungskataster aufgebaut werden.

Weitere Informationen und Unterlagen zu diesem Projekt finden sich unter: Projekt Generhaltungsgebiete Schweiz – Professur für Waldökologie, ETH Zürich

Urwald

Zum besseren Verständnis von ökologischen Vorgängen und der natürlichen Dynamik von Wäldern orientiert man sich sowohl aus naturschützerischem als auch aus forstwirtschaftlichem Blickwinkel an den Strukturen und Abläufen in von Menschen unbeeinflussten Waldbeständen. Solche «Urwälder» sind in der uralten Kulturlandschaft von Mittel- und Südeuropa kaum mehr vorhanden. Grössere Flächen sind fast nur in Ost- und in Südosteuropa erhalten geblieben. Das heutige Wissen über europäische Urwälder beruht deshalb vor allem auf intensiver forstlicher und naturkundlicher Forschung, welche seit Ende des Zweiten Weltkrieges in diesen Wäldern durchgeführt wurden. Auf deren Erkenntnissen und den davon abgeleiteten Waldmodellen beruht ein ansehnlicher Teil der Anwendung im aktuellen Waldnaturschutz und in der natur-nahen Waldbewirtschaftung in der Schweiz und den umliegenden Ländern.

Literatur:

Definitionen
Als «Urwälder» werden Wälder bezeichnet, in denen frühere Nutzungen durch Menschen weder bekannt noch erkennbar oder so unbedeutend und weit zurückliegend sind, dass sie keinen Einfluss auf die heutige Baumartenzusammensetzung, Waldstruktur, Totholzmenge und Walddynamik erkennen lassen (Brang et al. 2011, S. 14ff).

Wälder, deren frühere Nutzungen nicht mehr erkennbar sind, werden als „sekundäre Urwälder“ oder „Urwälder im weiteren Sinne“ bezeichnet. Wälder mit standortsgemässer Baumartengarnitur, welche aus Naturverjüngung hervorgegangen sind und sich frei entwickeln können, aber frühere Nutzungseingriffe noch spürbar sind, werden als „Naturwälder“ bezeichnet. Eindeutige Zuordnungen zu diesen drei Kategorien sind aber nicht immer möglich.

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Über 300 bis 600 Jahre (je nach Baumartenzusammensetzung und Standortsbedingungen) durchläuft ein Urwaldbestand mehrere Entwicklungsphasen mit jeweils charakteristischem Wachstumsverlauf und Strukturmerkmalen. Der Zyklus reicht von einer offenen Initialphase bis zum weit-gehenden Zusammenbruch des alten Bestandes, womit die Bedingungen für den Aufwuchs der nächsten Bestandesgeneration gegeben sind. Ein grossflächiger Urwald besteht aus einem Mosaik von Beständen, welche sich in unterschiedlichen Phasen befinden und sich in ihrer Gesamtheit in einem dynamischen Gleichgewicht befinden. Quelle: Scherzinger, 1996 (Abb. 39)

Es bleibt aber festzuhalten, dass dieser modellhafte Ablauf eines Urwaldzyklus nicht vollständig ablaufen muss. Durch Störungsereignisse wie Stürme, Waldbrände oder Schädlingskalamitäten kann diese Dynamik in verschiedenster Art und Weise abgebrochen oder zurückgeworfen werden.

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Quelle: Scherzinger, 1996 (Abb. 30c)

Die ökologisch wertvollsten Strukturen bestehen in der Urwalddynamik in der sogenannten Zerfallsphase. Die ältesten noch lebenden Bäume erreichen eindrückliche Dimensionen bzgl. Stammdurchmesser und Ausformung der Krone. Tote Äste, Mulm, Baumhöhlen und je nach Baumart auch grobe Borke führen zu einem breiten Spektrum an Gross- und Kleinstrukturen. Zahlreiche Bäume sind schon abgestorben und bilden stehendes und liegendes Totholz in unterschiedlichem Verfallsstadium. Dadurch sind auch grössere Lücken im Baumbestand entstanden, welche viel Licht, Wärme, aber auch Niederschlag ins Waldesinnere bringen und unter anderem die Bodenbildung (insb. Mineralisierung und damit die Freisetzung von Nährstoffen) beeinflussen. Die Biodiversität erreicht in dieser Phase einen Höhepunkt, da viele Organismen nun ihre spezifischen Habitatbedingungen finden, welche in anderen Phasen der Urwalddynamik nicht oder nur teilweise vorhanden sind.

Charakteristische Merkmale von Urwäldern können somit wie folgt zusammengefasst werden (Brang et al. 2011, Kasten 1.2, S. 21):

  • Baumriesen und/oder alte Bäume sind häufig
  • Einige Bäume erreichen ihr biologisches Maximalalter
  • Es kommt stehendes und liegendes Totholz in unterschiedlichen Zersetzungsstadien vor
  • Der Bestandesaufbau ist heterogen, unterschiedliche Entwicklungsphasen wechseln mosaikartig ab
  • Die Entwicklungsphasen überlappen sich
  • Baumalter und Stammdurchmesser sind auf kleiner Fläche unterschiedlich
  • Die Biomasse ist gross
  • Das Artenspektrum ist natürlich
  • Spuren anthropogener Nutzungen wie Strünke gefällter Bäume, Rückegassen, Pflanzungen, Beweidungsspuren usw. fehlen

In der Schweiz finden sich nur noch ganz wenige echte oder kaum beeinflusste Urwaldflächen:

  • Derborence (Gde. Conthey VS): Hochmontaner Fichten-Weisstannen-Wald
  • Bödmeren (Gde. Muotathal SZ): Subalpiner Fichtenwald und Bergföhrenwald in Karstgebiet
  • Scatlè (Gde. Brigels GR): Subalpiner Fichtenwald auf Blockschutt

Weitere kleinere und unberührte Waldflächen vor allem auf Extremstandorten in den Alpen und im Jura dürften die strengen Kriterien für einen Urwald auch erfüllen.

Die passende Förder- und Schutzmassnahme um urwaldähnliche Wälder zu fördern oder naturnahe Bestände längerfristig in Wälder mit urwaldähnlicher Dynamik zu überführen ist die Einrichtung von Naturwaldreservaten. (vgl. Kap. «Ausscheidung und Sicherung von Waldreservaten».

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In der Schweiz gibt es nur wenige und kleinflächige primäre Urwälder (Abbildung ist von der Derborance)

Nutzungsformen im Wirtschaftswald

Spätestens seit dem Neolithikum hat der Mensch die ursprünglichen Urwälder Mitteleuropas immer stärker beeinflusst. Waldflächen wurden vor allem für die landwirtschaftliche Nutzung und Siedlungen gelichtet, beweidet und gerodet, die verbleibenden Waldflächen meist übermässig geplündert. Eine geordnete Waldnutzung mit dem Ziel einer nachhaltigen Holzproduktion etablierte sich in Europa im Laufe des 19. Jahrhunderts.

In der heutigen Forstwirtschaft werden für die Bewirtschaftung folgende Betriebsarten unterschieden:

  • Hochwald (79%)
  • Mittelwald (0.3%)
  • Niederwald (3.6%)

Sie unterscheiden sich in der Art der Verjüngung und forstlichen Eingriffe und führen dadurch zu ganz unterschiedlichen Art-, Alters- und Raumstrukturen, welche ökologisch und im Hinblick auf die Biodiversität sehr relevant sind. Ihre heutige Bedeutung im Schweizer Wald ist sehr unterschiedlich (siehe nachfolgende Beschreibungen).

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Der Hochwald ist mit 79% die mit Abstand häufigste Betriebsart. Die Niederwaldbewirtschaftung ist nur im Tessin und in den Bündner Südtälern flächenmässig relevant, während der Mittelwald in der ganzen Schweiz auf nur 0.3% der Fläche vorkommt.

Ein wichtiger Begriff aus dem Wirtschaftswald ist die Umtriebszeit. Sie beschreibt den Zeitraum in Jahren zwischen der Begründung und der Räumung eines gleichaltrigen Waldbestandes.

Hochwald

Der Hochwald ist heute die übliche und weitaus häufigste Betriebsform der Waldbewirtschaftung in Mitteleuropa. Die Bäume gehen als sogenannte Kernwüchse aus Samen hervor. Die Umtriebszeiten liegen meist zwischen 100 und 150 Jahren. Es wird unterschieden zwischen schlagweisem Hochwald (d.h. flächenweiser Verjüngung und Behandlung von Waldbeständen, z.B. Kahlschlag, Saumschlag oder Femelschlag) und einzelbaumgenutztem Hochwald (Plenterwald und Dauerwald). Gemäss LFI4 werden rund 79 % der Gesamtwaldfläche als Hochwälder genutzt, davon 7 % als Plenter- oder Dauerwald) (siehe auch Verjüngungsformen).

Der waldökologische Wert des Hochwaldes hängt neben der Umtriebszeit vor allem von der Verjüngungsform und der Baumartenzusammensetzung ab. In der Regel sind aber ökologisch wertvolle Strukturen eher wenig vorhanden.

Die zwei folgenden Betriebsarten spielen heute im Schweizer Wald aus wirtschaftlicher Sicht nur noch eine sehr untergeordnete Rolle mit entsprechend geringem Flächenanteil. Über Jahrhunderte stellten sie aber die übliche traditionelle Waldnutzung dar. Sie werden deshalb manchmal auch als historische Waldnutzungsformen bezeichnet.

Niederwald

Die Niederwaldbewirtschaftung ist die ursprünglichste Form der Holzgewinnung. Die Bestände bestehen aus Stockausschlägen, ihre Vermehrung ist deshalb vegetativ. Sie dienen vor allem der Brennholzgewinnung, regional waren auch andere Nutzungsziele (wie z.B. die Produktion von Gerberlohe in Eichenniederwäldern) von Bedeutung. Die Umtriebszeiten sind sehr kurz, nach etwa 15 bis 35 Jahren werden die Austriebe wieder auf den Stock gesetzt. Niederwaldnutzung spielt in der Schweiz heute praktisch keine Rolle mehr, laut LFI4 bedecken sie noch 3,6 % der Waldfläche. Nur auf der Alpensüdseite bilden sie mit 16,3 % noch ein wichtiges Element der dortigen Wälder, werden aber auch dort kaum mehr bewirtschaftet. In Ländern mit schlecht organisierter oder fehlender Forstwirtschaft sind Niederwälder aber immer noch ein bedeutendes Landschaftselement und spielen oft eine wichtige Rolle für die lokale Brennholzversorgung.

Während der Niederwaldbetrieb ökonomisch unvorteilhaft ist, weist er einen bedeutenden ökologischen Wert auf. Auf die Dauer setzen sich gut ausschlagfähige Baum- und Straucharten gegenüber Klimaxbaumarten durch. Dazu zählen vor allem Hagebuche und Eichen bzw. im Süden der Schweiz Edelkastanie oder Hopfenbuche. Generell werden auch die Hasel und andere raschwüchsige Straucharten stark gefördert. Bei entsprechenden Standortsbedingungen profitieren auch Eschen, Linden oder die Grauerle vom Niederwaldbetrieb. Im Gegensatz dazu wird die Buche in der Regel sogar von ihren typischen Waldstandorten verdrängt. Die Holzernte verläuft meistens flächig und führt so zu sich dynamisch ändernden mosaikartigen Bestandesstrukturen mit offenen bis dichten Bereichen. Licht- und wärmebedürftige Tier- und Pflanzenarten finden so vor allem in den ersten Jahren nach einem Abtrieb ideale Bedingungen. Ökologisch nachteilig sind das völlige Fehlen von Alt- und Totholz und die relative Strukturarmut.

Fördermassnahmen für den Niederwald siehe Kap. «Ausscheidung, Sicherung und Pflege von besonderen Bestandesstrukturen»

Literatur:

Mittelwald

Diese Mischform aus Hochwald und Niederwald war früher im Laubwaldgebiet der wärmeren Lagen weit verbreitet und spielte gerade auch im schweizerischen Mittelland eine wichtige Rolle. Grosse Bäume in der Oberschicht werden aus Samen als Kernwüchse aufgezogen und dienen der Produktion von wertvollen Holzsortimenten (Bauholz, Möbelholz). Andererseits wird im gleichen Bestand auch eine Art Niederwaldwirtschaft für die Brennholzproduktion betrieben. Diese Gehölze werden als Hauschicht bezeichnet und bilden die Unter- oder Mittelschicht eines Mittelwaldes. Ihre Nutzung entspricht derjenigen im Niederwald und der Eingriff wird als Erneuerungshieb bezeichnet.

Während etwa in Frankreich in natürlichen Eichenwaldgebieten auch Wirtschaftswälder noch grossflächiger als Mittelwälder (Taillis sous futaie) betrieben werden, sind sie im Schweizer Wald praktisch bedeutungslos geworden. Ihr Flächenanteil ist gemäss LFI4 auf 0,3 % zurückgegangen. Die einst im Mittelland vorherrschenden Mittelwälder sind praktisch alle in Hochwälder überführt worden. Die verbleibenden Flächen werden vor allem aus naturschützerischen Gründen noch gepflegt und wieder etwas gefördert.

Im Gegensatz zum heute unbedeutenden ökonomischen Wert weisen Mittelwälder eine herausragende ökologische Bedeutung mit einer aussergewöhnlich hohen Biodiversität auf. Dies ist neben einer hohen Strukturvielfalt vor allem auch auf eine besondere Baumartenzusammensetzung zurückzuführen. Die oft jahrhundertelange Bewirtschaftung als Mittelwald hat in der Regel die ursprüngliche natürliche Gehölzvegetation stark verändert. Die Eichen-Hagebuchenwälder des Mittellandes sind dadurch meistens aus natürlichen Buchenwäldern hervorgegangen. Hochwüchsige Eichenbestände sind in der Schweiz deshalb vor allem durch Mittelwaldbewirtschaftung entstanden. Für den Mittelspecht, der Wälder mit grossen alten Eichen bevorzugt besiedelt, ist der Mittelwald somit ein besonders wichtiger Lebensraum.

Der charakteristische Strukturreichtum ist einerseits dem hohen Anteil locker stehender mächtiger alter Bäume in der Oberschicht zu verdanken. Sie weisen grosse breite Kronen auf, die - je nach Baumart - mit grober Borke, toten Ästen oder Baumhöhlen besonders viele wertvolle Mikrohabitate aufweisen.

Durch die regelmässig auf den Stock gesetzte Hauschicht wird das Spektrum an ökologisch wertvollen Strukturen stark erweitert. Kurzfristig offene Flächen mit reicher Krautschicht wechseln ab mit einer dichten Strauchschicht und vielen inneren Waldrändern. Dieser Strukturreichtum und die ständige Dynamik mit zahlreichen ökologischen Nischen sind die Gründe für die hohe Biodiversität von Mittelwäldern.

Die Erhaltung und Förderung von Mittelwäldern zu Naturschutzzwecken lässt sich zweckmässig mit der Einrichtung von Sonderwaldreservaten erreichen. (vgl. Kap. «Ausscheidung, Sicherung und Pflege von besonderen Bestandesstrukturen»

Literatur & Links:

  • Arbeitskreis forstliche Landschaftspflege, 1986: Biotop-Pflege im Wald, Kap. 3.2.5.3
  • Blab, 1993: Grundlagen des Biotopschutzes für Tiere, S. 310ff.

Zu den Spezialformen von Waldnutzung zählen:

  • Weidewälder
  • Selven
  • Holzplantagen

Weidewälder und Wytweiden

Weidewälder und Wytweiden bzw. pâturage boisé, wie sie vor allem im Jura genannt werden, sind eine traditionelle Form der Doppelnutzung als Nutztierweide und zur Holzgewinnung. Weidewälder und bestockte Weiden unterstehen explizit dem eidgenössischen Waldgesetz (WaG §2 Abs.2 lit. a).

Grosse Bedeutung als Landschaftselemente hatten und haben sie vor allem auf den Jurahöhen und im Alpenraum. Über viele Jahrhunderte waren die Wälder eine wichtige zusätzliche Nahrungsquelle für Ziegen, Schweine oder Rinder. Diese ernährten sich sowohl von der Bodenvegetation als auch vom Laub und Holz sowie von Baumfrüchten (Eicheln, Bucheckern) im Wald. Im Vergleich zum Naturwald und Wirtschaftswald weisen Weidewälder offenere Strukturen und oft andere dominante Baumarten auf. Im Jura wurde dadurch die Fichte und im Alpenraum die Lärche stark gefördert. Waldweiden bilden meist Mosaike von offenen, extensiv genutzten Weideflächen und aufgelockerten Waldbeständen auf. Dadurch weisen sie eine hohe Biodiversität auf und sind zudem oft prägende Landschaftselemente und attraktive Erholungsräume.

Mit dem Forstpolizeigesetz von 1902 wurde die Waldweide als "nachteilige Nutzung" grundsätzlich verboten, was aber bis heute aufgrund der landwirtschaftlichen Bedeutung dieser Doppelnutzung nicht vollumfänglich umgesetzt werden konnte. Lange Zeit hat sich der Forstdienst bemüht durch Wald-Weide-Ausscheidungen die beiden Nutzungsformen räumlich klarer zu trennen. In zahlreichen schlecht erschlossenen Gebieten ist zudem in den letzten Jahrzehnten die landwirtschaftliche Nutzung von Waldweiden extensiviert oder ganz aufgegeben worden. Andernorts ist die Beweidung von Wäldern auch intensiviert worden. In beiden Fällen bringen diese Nutzungsänderungen aus unterschiedlichen Gründen eine Verarmung der Biodiversität mit sich und auch das landschaftliche charakteristische und reizvolle Mosaik von Wald und Weide verschwindet immer mehr. Um den ökologischen und landschaftlichen Wert solcher Gebiete zu erhalten oder wiederherzustellen werden Waldweiden wieder vermehrt gezielt gepflegt und bewirtschaftet. Dies gehört auch zu den Zielen und Massnahmen zur Förderung der Biodiversität im Wald des Bafu.

Literatur & Links:

Selven

Selven sind parkartige, mit Edelkastanien (Castanea sativa) oder Walnussbäumen (Juglans regia) bestockte Weiden oder Wiesen. Wie bei den Weidewäldern handelt es sich trotz oft geringer Baumbestockung rechtlich gesehen explizit um Wald (WaG §2 Abs.2 lit. a). Es sind alte Kulturformen mit kombinierter land- und forstwirtschaftlicher Nutzung. Die Bäume liefern Holz und Früchte bei gleichzeitiger Heugewinnung oder Beweidung. Sie sind vor allem auf der Alpensüdseite als Kastanienselven bis etwa 1000 m ü. M. verbreitet. Die Kastanienfrüchte waren ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Die Kastanienselven sind deshalb meistens im Privatbesitz und die Bäume wurden gepflegt, geschnitten und lieferten zahlreiche Sorten für unterschiedliche Verwendungen der Kastanienfrüchte.

In den letzten Jahrzehnten haben die Selven und Kastanienbäume ihre zentrale Bedeutung praktisch völlig verloren. Die Selven werden nicht mehr genutzt und die Bestände wachsen mit dichtem Unterholz ein. Intakte, gepflegte und genutzte Selven weisen als typisch offene und lichte Wälder eine hohe Biodiversität mit wärme- und lichtbedürftigen Arten auf. Von besonderem ökologischem Wert als Biotopbäume sind vor allem auch die teilweise sehr alten und mächtigen Kastanienbäume mit ihren vielfältigen Strukturen und Anteilen an Totholz.

Sowohl aus kulturhistorischen als auch landschaftsästhetischen und naturschützerischen Gründen werden seit einiger Zeit einzelne potentiell attraktive Selven wieder instand gestellt und gezielt gepflegt. Als geeignetes Instrument eignet sich dazu vor allem die Einrichtung von Sonderwaldreservaten (vgl. Kap. «Ausscheidung, Sicherung und Pflege von besonderen Bestandesstrukturen».

Literatur & Links:

Plantagen (Holzplantagen)

In Holzplantagen werden einzelne schnellwachsende Baumarten in Monokultur nach landwirtschaftlichen Methoden für die Holz- oder Zelluloseproduktion aufgezogen und nach kurzen Umtriebszeiten geerntet. In der Schweiz handelt es sich vor allem um Plantagen mit Hybridpappeln mit einem Anteil von unter 0,1 % an der Gesamtfläche des Waldes. Sie weisen einen sehr geringen ökologischen Wert auf und können kaum als Waldökosysteme bezeichnet werden.

Vergleich Naturwald/Urwald mit Wirtschaftswald

Auch nachhaltig und naturnah bewirtschaftete Wälder weisen im Vergleich zu Urwäldern oft deutliche ökologische Defizite auf. Flächig bewirtschaftete Wirtschaftswälder werden meist mit Umtriebszeiten von 80 bis 150 Jahren bewirtschaftet und auch im Plenter- und Dauerwald werden die ältesten Bäume geerntet, bevor sie Zerfallserscheinung aufweisen. Im Vergleich zur Urwalddynamik befinden sich solche hiebsreifen Bäume oder Bestände erst in der Optimalphase, also noch in der ersten Lebenshälfte eines Urwaldbestandes. Insbesondere die Alters- und Zerfallsphase werden somit im Wirtschaftswald nicht erreicht. Diese Phase weist aber die höchste Strukturvielfalt, den höchsten Anteil an Totholz und somit auch die höchste Faunen- und Florendiversität (insbesondere Moose, Flechten und Pilze) auf, welche ein Waldbestand im Laufe seiner langen Lebenszeit erreichen kann. Insbesondere xylobionte, d.h. zwingend auf altes und totes Holz angewiesene Arten, sind deshalb in ihrer Existenz bedroht und stehen zu Hunderten auf den Roten Listen.

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Der Wirtschaftswald mit Umtriebszeiten von 80 bis 150 Jahren kann keine arten- und totholzreiche Alters- und Zerfallsphase aufweisen. Quelle: Naturwaldreservate und Altholzinseln als Massnahme für die Erhaltung von alten Wäldern (old-growth forests)

Andererseits weisen auch Wälder mit traditionellen Bewirtschaftungsformen wie Mittelwald oder Weidewälder im Vergleich zu den Wirtschaftswäldern in der Regel eine erhöhte Biodiversität durch licht- und wärmeliebende Arten auf. Auch aus diesen Waldlebensräumen stehen viele Arten in den Roten Listen.

Ökologisch wertvolle Strukturen: Altholz, Totholz, Biotopbäume

Totholz

Totholz umfasst verschiedenste Formen von abgestorbenem Holz: z.B. stehende Bäume oder liegende Stämme, tote Äste an noch lebenden Bäumen sowie Baumstrünke oder Wurzelteller. Totholz wird vor allem durch holzzersetzende Pilze und Insektentätigkeit abgebaut. Auch fortgeschrittene Zersetzungsstadien wie faules Holz oder Mulm zählen zum Totholz. Wie rasch und in welcher Form Totholz abgebaut und schliesslich zu Humus wird, hängt von den Standortsbedingungen (Luft- und Bodenfeuchtigkeit, Temperaturverhältnisse, Bodenvegetation usw.) und vor allem von der Zersetzungsgeschwindigkeit der Baumarten ab.

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Etwa 6000 Waldorganismen sind auf Totholz angewiesen, vor allem Pilze und Käfer.

Totholz reichert sich in einem Wald vor allem in der sogenannten Zerfallsphase an, wenn die meisten Bäume im Alter von mehreren hundert Jahren und mit mächtigen Dimensionen langsam absterben. Dieses Alter erreichen Bäume aber praktisch nur in Urwäldern.

In den europäischen Urwäldern beträgt die durchschnittliche Totholzmenge rund 140 m3/ha mit allerdings grossen Schwankungen in den einzelnen Beständen. Im Vergleich dazu liegt das durchschnittliche Totholzvolumen in der Schweiz bei 24 m3/ha (Resultate aus LFI 4). Im Mittelland, wo totholzarme Wirtschaftswälder vorherrschen, liegt der Durchschnitt gemäss LFI4 bei 15 m3/ha, in den Alpen mit vermehrt wenig oder nicht mehr genutzten Wäldern bei 30 m3/ha.

Etwa ein Viertel aller Waldorganismen, d.h. rund 6000 Arten sind auf Totholz angewiesen. Nebst der Totholzmenge an und für sich sind für viele oft extrem spezialisierte Lebewesen auch die Position (stehend/liegend), die Dimension (dick/dünn), das Mikroklima (warm/kühl bzw. trocken/feucht) oder der Zersetzungsgrad des toten Holzes von existenzieller Bedeutung. Besonders viele Pilze und Insekten, insb. Käfer sind exklusiv auf Totholz unterschiedlichster Qualität angewiesen und oft grundlegend am Abbauprozess beteiligt. Arten, welche sich vollständig oder teilweise von Holz ernähren und mindestens einen Teil ihres Lebens im Holz verbringen werden als Xylobionten ("Holzbewohner") zusammengefasst (vgl. Kap. «Artengruppen und Arten des Waldes»). Weitere häufige Organismengruppen auf Totholz sind Moose und Flechten. Auch Wirbeltiere nutzen Kleinstrukturen des Totholzes wie Baumhöhlen oder suchen ihre Beute im Totholz. Dazu gehören vor allem die Spechtarten, deren Höhlen dann auch von gewissen Eulen- und Fledermausarten, Vögeln sowie Bilchen "nachgenutzt" werden. Auch gewisse Amphibien- und Reptilienarten gehören zu den Totholznutzern.

Untersuchungen haben gezeigt, dass die meisten xylobionten Arten der europäischen Wälder für ihre langfristige Existenz Totholzmengen von 20 bis 50 m3/ha benötigen, einzelne seltene und besonders spezialisierte Arten sogar über 100 m3/ha. Dabei haben auch die Höhenstufen mit ihren unterschiedlichen Waldtypen einen Einfluss: die meisten xylobionten Arten der Buchen-Eichen-Laubwälder in den tieferen Lagen benötigen 30-50 m3/ha, diejenigen der Bergmischwälder der montanen Stufe 30-40 m3/h und die Arten der Nadelwälder der oberen Höhenstufen 20-30 m3/ha Totholz. Nicht nur die Menge, sondern auch die Dimension des Totholzes kann für die Existenz von Arten entscheidend sein. So kommen gewisse grössere Käferarten nur in Altwäldern mit genügend dicken Totholzstämmen vor.

(Quellen: Müller et al., 2010, Lachat et al., 2013: Kap. 2.2. Totholz: Quantitative und qualitative Voraussetzungen für die Erhaltung der biologischen Vielfalt von Xylobionten; In: Kraus et al. 2013: Integrative Ansätze als Chance für die Erhaltung der Artenvielfalt in Wäldern

Im Vergleich der Totholzmengen in den Schweizer Wäldern zu den oben geschilderten Beispielen geht hervor, dass die vorhandenen Durchschnittsmengen die Bedürfnisse der Totholznutzer nur zu einem ungenügenden Teil abdecken können, dies gilt insbesondere für die Laubwälder des Mittellandes. Günstigere Bedingungen finden sich vor allem in einzelnen alten und kaum genutzten Wäldern der Voralpen und Alpen. Dort finden sich ganz lokal Totholzmengen von 100-200 m3/ha.

Deshalb verwundert es nicht, dass viele vom Totholz abhängige Arten in Roten Listen und in der Liste der national prioritären Arten aufgeführt sind.

Über den Lebensraum Totholz und seine charakteristischen Bewohner gibt es eine grosse Auswahl von Literatur. Eine sehr informative und praxisbezogene Übersicht zum Thema bietet das Merkblatt für die Praxis Nr. 52, Lachat et al., 2019

Literatur & Links:

Biotopbäume/ Habitatbäume

Ökologisch wertvolle Bäume wurden in der Literatur bisher meistens «Biotopbäume» genannt. In letzter Zeit wird stattdessen häufig der Begriff «Habitatbäume» verwendet. Wir verwenden in diesem Artikel beide Begriffe gleichsinnig nebeneinander.

Alte Bäume mit mächtiger Krone und dickem Stammdurchmesser weisen in der Regel zahlreiche ökologisch wertvolle Klein- bis Kleinststrukturen auf, welche als Kleinstlebensräume oder Mikrohabitate von unzähligen oft hochspezialisierten Waldorganismen genutzt werden. Dazu zählen verschiedenste Formen von Totholz - von toten Ästen bis zu Mulmhöhlen -, Spechthöhlen, Rindentaschen, Verletzungen des Stammes durch Steinschlag oder Blitzeinschlag, Epiphyten- oder Efeubewuchs usw. Auch absterbende oder tote Bäume mit entsprechenden Dimensionen weisen solche wertvollen Mikrohabitatstrukturen auf und gelten ebenfalls als sogenannte Biotopbäume oder Habitatbäume.

In Urwäldern treten sie gehäuft in der Alters- und Zerfallsphase mit entsprechend hoher Biodiversität auf, im Wirtschaftswald fehlen sie hingegen vor allem im Mittelland trotz naturnahem Waldbau weitgehend und mit ihnen ein Grossteil der xylobionten Waldarten, welche auf deren Mikrohabitate angewiesen sind.

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Ein Habitatbaum bietet Lebensraum für Spechte, Fledermäuse, Pilze, Flechte, Pflanzen und zahlreiche Insekten und Spinnentiere.

Die Methodik zur Charakterisierung und einheitlichen Erfassung von Habitatbäumen ist in einem internationalen Projekt mit Fachleuten aus West- und Mitteleuropa standardisiert worden. Kernstück dieses Projektes ist ein hierarchisch aufgebauter Katalog der Baummikrohabitate. Die oberste Ebene bilden 7 Grundformen beruhend auf morphologischen Eigenschaften:

  • Höhlen im weiteren Sinn
  • Stammverletzungen und freiliegendes Holz
  • Kronentotholz
  • Wucherungen
  • Feste und schleimige Pilzfruchtkörper
  • Epiphytische, epixylische oder parasitische Strukturen
  • Ausflüsse

Diese 7 Grundformen sind 15 Gruppen und diese wiederum in einer dritten Ebene in 47 Typen eingeteilt. Das Thema Habitatbäume und die Methodik ihrer Erfassung werden im WSL-Merkblatt für die Praxis 64 (s. Literatur) umfassend beschrieben. Weitere konkrete Information und Abbildungen finden sich in einem handlichen Taschenführer (s. Literatur) und in einem detaillierten Katalog als Referenzliste für Feldaufnahmen (Kraus 2016, s. Literatur).

Erfassung und Förderung von Habitatbäumen im Wald wird in Kap. «Allgemeine Aufwertungsmassnahmen» behandelt.

Literatur & Links:

Lichte Wälder

Lichte offene Wälder mit ihrem speziellen Bestandesklima mit viel Licht und Wärme, sind Habitate und Lebensräume für zahlreiche spezialisierte Tier- und Pflanzenarten. Teilweise handelt es sich um natürliche Waldgesellschaften an Extremstandorten, aber auch frühere traditionelle Nutzungen von Wäldern (z.B. Nieder- oder Mittelwaldbewirtschaftung, Waldweide, Streunutzung) bis Übernutzungen. Viele dieser Wälder sind nach Änderung oder Aufgabe der Nutzung durch natürlichen Baumartenwechsel (z.B. von der Föhre zur konkurrenzstärkeren Buche) dunkler, kühler und strukturärmer geworden. In der Folge verschwanden die charakteristischen und oft seltenen lichtliebenden Pflanzenarten (inkl. Gehölze) oder wärmeliebenden Tierarten.

Seit 2020 steht der «Aktionsplan Lichter Wald» zur Verfügung. Er wurde von InfoSpecies im Auftrag des BAFU und in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Waldbiodiversität des Schweizerischen Forstvereins erarbeitet. Dieser koppelt die Arten- und Lebensraumförderung. Für jede beliebige Waldfläche können die potenziell vorkommenden und tatsächlich nachgewiesenen Zielarten abgefragt werden. Die für lichten Wald geeigneten Waldgesellschaften sind einzeln beschrieben, inklusive Bewirtschaftungsgrundsätze, die auf die Bedürfnisse der Zielarten abgestimmt sind. Bei der Planung und Umsetzung von Projekten zur Förderung lichter Wälder können so die aktuell und potenziell vorkommenden Zielarten und deren Lebensraumansprüche künftig vermehrt berücksichtigt werden. Die Liste der Zielarten umfasst 234 Arten.

Informationen zur Förderung Lichter Wälder siehe im Kap. «Ausscheidung, Sicherung und Pflege von besonderen Bestandesstrukturen»

Literatur & Links:

Naturschutzstrategien im Schweizer Wald

Bis vor wenigen Jahrzehnten beherrschte die Doktrin der «Kielwassertheorie» auch den Umgang mit ökologischen und naturschützerischen Themen im Wald. Diese besagt, dass im Kielwasser des Primates einer nachhaltigen Holznutzung auch alle andern Waldfunktionen optimal erfüllt werden können. Zielgerichtete Massnahmen zugunsten von Naturschutz im Wald wurden eher von einzelnen Forstpraktikern umgesetzt, als dass sie wichtige Themen in der Forstpolitik darstellten. Anliegen des Naturschutzes, welche von aussen etwa durch Naturschutzorganisationen vorgebracht wurden, führten sogar öfters zu Konflikten mit dem Forstdienst, etwa bei der Walderschliessung.

Mit zunehmendem Bewusstsein für ökologische Zusammenhänge und für die Bedeutung des Waldes als wichtiger natürlicher Lebensraum mit einer aussergewöhnlichen Biodiversität hat sich die Situation klar verändert. Naturschutz im Wald ist in den letzten Jahrzehnten zu einem zentralen Thema in der nationalen und kantonalen forstlichen Politik und Planung geworden:

Das Waldgesetz verlangt in seinem Zweckartikel (WaG Art. 1 Abs. 1 Bst. b) den Schutz des Waldes als naturnahe Lebensgemeinschaft. In den Bewirtschaftungsgrundsätzen (Art. 20 Abs. 4) ist die Möglichkeit vorgesehen, dass die Kantone zur Erhaltung der Fauna und Flora Waldreservate ausscheiden.

Das Bafu veröffentlichte seit 2010 verbindliche Strategiepapiere, Vollzugshilfen und Programmvereinbarungen zu naturnahem Waldbau, Förderung der Biodiversität im Wald und von national prioritären Arten und Lebensräumen. Dazu gehören vor allem:

  • Projekt Grundanforderungen an den naturnahen Waldbau (Bafu, 2010)
  • Vollzugshilfe Biodiversität im Wald - Ziele und Massnahmen (Bafu, 2015)
  • Aktionsplan Strategie Biodiversität Schweiz (Bafu, 2017)
  • Programmvereinbarungen im Umweltbereich, Kap. 7.2 Teilprogramm «Waldbiodiversität» (Bafu, 2018)

Weitere Informationen:

Die praktische Umsetzung von Naturschutz im Wald zur Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt erfolgt durch verschiedene Strategien. Neben der grundsätzlichen Anwendung eines naturnahen Waldbaus, lassen sich drei Ansätze von direkten Förder- und Schutzmassnahmen unterscheiden:

  • Segregation (Einrichtung von Waldreservaten, in denen natürliche Prozesse (Naturwaldreservate) oder die spezifische Förderung von Ziel- und Prioritätsarten (Sonderwaldreservate) Vorrang hat)
  • Integration in die Waldbewirtschaftung (z.B. Stehenlassen von Biotopbäumen, Ausweisung von Altholzinseln, Stehenlassen von Wurzeltellern, vernässten Vertiefungen usw.)
  • Spezifische Fördermassnahmen für National prioritäre Arten und Lebensräume in- und ausserhalb von Waldreservaten (z.B. Feuchtbiotope, Waldrand)

Weitere Informationen zu diesem Thema finden sich in:
Bollmann, K., Kraus, D., Paillet, Y., Jonsson B.G., Gustafsson, L., Mergner, U., Krumm, F. (2020): A unifying framework for the conservation of biodiversity in multi-functional European forests. In: F. Krumm, A. Schuck, A., Rigling, A. (eds.) How to balance forestry and biodiversity conservation – A view across Europe. European Forest Institute (EFI); Swiss Federal Institute for Forest, Snow and Landscape Research (WSL), Birmensdorf. p. 26-45.

Im Folgenden werden integrative und spezifische Fördermassnahmen vorgestellt und im Kap. «Erhalt und Förderung» wird auf einzelne Fördermassnahmen eingegangen.

Naturnaher Waldbau

Der Zweckartikel des Bundesgesetzes über den Wald verlangt, den Wald als naturnahe Lebensgemeinschaft zu schützen (WaG Art. 1 Abs1 lit. b). Weiter werden die Kantone im WAG-Art. 20 Abs 2 angewiesen, bei ihren Planungs- und Bewirtschaftungsvorschriften den Erfordernissen des naturnahen Waldbaus Rechnung zu tragen. Der naturnahe Waldbau ist also eine gesetzliche Vorgabe für die Bewirtschaftung der Wälder der Schweiz und somit auch eine allgemeine Basis für den Naturschutz im Wald.

In der schweizerischen Forstgesetzgebung wird der Begriff des naturnahen Waldbaus aber nicht genauer definiert oder umschrieben. Auch sonst gibt es noch keine allgemein akzeptierte Definition, allerdings sind die verschiedenen Ansichten zumindest in der Theorie nicht allzu divergierend. Grundsätzlich orientiert sich der naturnahe Waldbau an den natürlichen Grundlagen wie Böden, Klima und Waldgesellschaften und erreicht seine waldbaulichen und wirtschaftlichen Ziele durch bewusste Lenkung der natürlichen Lebensvorgänge.

Weitere Informationen zum siehe in Kap. «Standards: Naturnaher Waldbau, NaiS, Zertifizierung».

Massnahmen zur Integration

Es handelt sich hierbei in der Regel um Förderungs- oder Schutzmassnahmen für eher kleinere Flächen oder Einzelobjekte des Waldes, welche ökologisch besonders wertvolle Strukturen oder örtliche Dynamik aufweisen. Die Massnahmen können zeitlich beschränkt sein oder sich aber auch über mehrere Jahrzehnte erstrecken. Sie sind ein geeignetes Instrument, um auch in Wirtschaftswäldern ökologisch sehr wertvolle und notwendige Habitatstrukturen zu fördern. Die Ausscheidung solcher Flächen und Objekte kann meistens praxisorientiert in kurzer Zeit und unbürokratisch durch den lokalen oder regionalen Forstdienst (oft in Zusammenarbeit mit dem amtlichen oder privaten Naturschutz) umgesetzt werden. Die kantonalen Forstdienste stellen oft Richtlinien oder Merkblätter zum Umgang mit solchen Objekten zur Verfügung. Ein rechtlich verankerter Schutzstatus ist meistens nicht nötig oder gar vorgeschrieben.

Typische Massnahmen zur Integration sind etwa Altholzinseln, Biotop- bzw. Habitatbäume, Totholzobjekte, Spechtbäume, Kleingewässer und Amphibienbiotope im Wald, artenreiche Waldwiesen oder Waldränder. Eine wichtige zusätzliche landschaftsökologische Bedeutung haben diese Flächen und Objekte auch als Trittsteine oder Korridore für die ökologische Vernetzung mit der weiteren Umgebung.

Auf die genauere Beschreibung und Umsetzung von solchen Massnahmen wird in Kapitel «Ökologisch wertvolle Strukturen: Totholz, Biotopbäume, Lichte Wälder» bzw. Kap. «Ausscheidung und Sicherung von Altholzinseln, Habitatbäumen und Totholz» eingegangen.

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Kleine Gewässer, sowohl Bäche als auch Tümpel, sind ökologische Bereicherungen. Gemäss der Broschüre «Biodiversität im Wald: Ziele und Massnahmen» (BAFU, 2015) gehören das Anlegen von Tümpeln und das Aufheben von Entwässerungen zu den Handlungsoptionen.

Waldreservate (Segregation)

Waldreservate bieten die optimalsten Bedingungen zur grösserflächigen und langfristigen Förderung und Erhaltung von biologischer Vielfalt und natürlicher Walddynamik. Dies wird auch als Prozessschutz für die ungestörte natürliche Entwicklung von Waldökosystemen mit genügend grossen Flächen bezeichnet. Sie können wie folgt allgemein definiert werden: "Waldreservate sind grundsätzlich auf Dauer angelegte Vorrangflächen für die ökologische und biologische Vielfalt im Wald" (Eisenhut et al., 2019: Waldreservate in der Schweiz, Bericht über den Stand Ende 2018).

Auf die rechtlichen Grundlagen und die praktische Umsetzung zur Einrichtung von Waldreservaten wird im Kap. «Ausscheidung und Sicherung von Waldreservaten» eingegangen.

In der Schweiz umfassen die Waldreservate zwei unterschiedliche sich ergänzende Naturschutzkonzepte: In «Naturwaldreservaten» wird bewusst auf jegliche Eingriffe verzichtet, um dem Wald eine natürliche Entwicklung mit einen vollständigen natürlichen Entwicklungszyklus in Analogie zum Urwaldgeschehen zu ermöglichen (mit Alters- und Zerfallstadium, Totholz usw.). In «Sonderwaldreservaten» werden mit gezielten Eingriffen bestimmte Waldstrukturen oder besondere Lebensräume von hoher ökologischer Qualität erhalten und gefördert. Oft handelt es sich dabei um traditionelle Bewirtschaftungsformen wie Mittelwald oder Weidewälder, aber auch um seltene Waldgesellschaften auf Extremstandorten, welche sich durch eine besondere Biodiversität mit seltenen Arten auszeichnen. Auch für gezielte Artenförderung (z.B. Mittelspecht oder Gelbringfalter) können Sonderwaldreservate eingerichtet werden.

In «Komplexwaldreservaten» sind sowohl Naturwaldreservate als auch Sonderwaldreservate und manchmal auch weitere Naturschutzflächen (Ried, Magerwiese) integriert.

Die Leitsätze zu einer schweizerischen Waldreservatspolitik wurden 2001 formuliert (Quelle: Konferenz der kantonalen Forstdirektoren und dem Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft am 21. März 2001):

  1. Waldreservate fördern die biologische Vielfalt.
  2. Bis ins Jahr 2030 sollen mindestens 10 % der Waldfläche der Schweiz als Waldreservate ausgeschieden werden, davon etwa die Hälfte als Naturwaldreservate und mindestens 30 Grossreservate mit je über 500 ha.

In den Waldreservaten sollten alle Waldtypen angemessen vertreten sein, wobei der Schutz seltener und gefährdeter Waldtypen, Tiere und Pflanzen besonders zu berücksichtigen sind.

Im Jahr 2018 umfasste die Gesamtfläche der Waldreservate knapp 107'000 ha mit 84'000 ha Waldfläche. Dies entspricht 6.3 % der Waldfläche der Schweiz (gemäss «Jahrbuch Wald und Holz 2021» betrug die Reservatsfläche 2019 ca. 87'000 ha Waldfläche). Von der gesamten Waldreservatsfläche liegen 55 % in Naturwaldreservaten und 45 % in Sonderwaldreservaten. Etwa 1/4 der Gesamtfläche bilden Komplexwaldreservate, welche einen Teil der oben aufgeführten Natur- und Sonderwaldreservate beinhalten. Es bestehen 26 Grossreservate mit über 500 ha Fläche. Seit Beginn einer systematischen Erhebung der Waldreservate der Schweiz im Jahr 2012 hat die Waldreservatsfläche bis 2018 jährlich um 4000 ha bzw. 0.3 % der Schweizer Waldfläche zugenommen. Um das Ziel von 10 % Waldreservatsfläche bis 2030 zu erreichen, muss die jährliche Flächenerweiterung auf 4500 ha gesteigert werden. Quelle (mit zahlreichen zusätzlichen Zahlen und Informationen): Eisenhut et al., 2019.

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Verteilung der regionalen Flächenanteile von Naturwaldreservaten, Sonderwaldreservaten, unbewirtschafteten Wäldern und Nutzwäldern im Schweizer Wald. (Quelle: WSL-Diagonal, 1/2017: Schwerpunkt Waldreservate)
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Einblick in die Verteilung und Lage der Waldreservate bietet eine Karte auf map.geo.admin. Beim Anklicken einzelner Flächen werden ihre Objektinformationen aufgerufen. Grün = Waldreservate, rot = Pro Natura Waldreservate.

Literatur & Links:

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Seit November 2020 liegt der Aktionsplan Lichter Wald vor.

Störungsereignisse: Stürme, Brände

Als Störungen werden zeitlich und räumlich begrenzte Ereignisse verstanden, welche eine Ökosystemstruktur abrupt verändern (z.B. durch Verlust von Biomasse oder Zerstörung der Humusschicht). Je nach Intensität einer Störung wird auch die nachfolgende Dynamik des Ökosystems unterschiedlich stark beeinflusst. Es wird zwischen abiotischen, biotischen und anthropogenen Störungen unterschieden. Momentan wird hier nur auf Sturmereignisse und Waldbrand eingegangen. Es ist vorgesehen, dieses Kapitel zu einem späteren Zeitpunkt zu ergänzen.

Literatur & Links:

Windstörungen/Sturmschäden
Die häufigste Form von abiotischen Störungen in unseren Wäldern sind Stürme und Orkane. Diese können grosse Wirkungen an Waldbeständen über weite Strecken verursachen, wie etwa die Orkane Vivian (1990), und Lothar (1999), die vor allem in den Alpen bzw. im Mittelland grosse Schäden verursacht haben. Andere sind räumlich beschränkter, aber durchaus auch mit beträchtlichen Auswirkungen. Aus ökonomischer Sicht ergeben sich dadurch grosse Verluste durch Zwangsnutzungen, in steilerem Gelände kann auch die Schutzfunktion vor Naturgefahren über längere Zeit beeinträchtigt werden.

Aus ökologischer Sicht sind solche Vorgänge aber oft auch positiv zu beurteilen: Die umgestürzten oder abgebrochenen Bäume führen zu einem erhöhten Totholzangebot. Die Öffnung geschlossener Baumbestände bringen Licht, Wärme und oft auch erhöhte Niederschlagsmengen auf den Waldboden. Störungen der bisherigen Bodenvegetation, Veränderungen der Bodenoberfläche durch umgekippte Wurzelteller, liegende oder stehend abgebrochene Baumstämme verändern die Konkurrenzbedingungen und bilden oft günstige Mikrohabitate für die Keimung und Ansamung einer neuen Baumgeneration. Die nachfolgende Sukzession mit ihren charakteristischen Phasen führt für längere Zeit zu einer erhöhten Artenvielfalt von Flora und Fauna. Im Mittelland und den Voralpen waren in den letzten Jahrzehnten besonders oft auch Fichtenforste von massiven Sturmschäden betroffen. Dies ermöglichte in der Folge eine Umwandlung zu zukunftsfähigen Beständen mit standortgemässen Baumarten. Der genaue zeitliche Verlauf und die Art der Wiederbewaldung hängt - neben der Intensität des Störungsereignisses - auch von der betroffenen Flächengrösse, den Verhältnissen in den umgebenden Wäldern und vor allem von den jeweiligen Standorts- und Vegetationsbedingungen ab. Eine sich üppig entwickelnde Bodenvegetation z.B. mit Brombeeren (Rubus fruticosus) in Wäldern des Mittellandes oder einer Hochstaudenflur in Gebirgswäldern kann den Aufwuchs der jungen Bäumchen durch Lichtkonkurrenz auch stark einschränken (ausführliche Informationen zum Thema siehe das Buch «Störungsökologie» (Wohlgemuth et al. 2019).

Die unterschiedlichen Waldentwicklungen auf Vivian-Windwurfflächen im Gebirgswald wurden wissenschaftlich umfassend untersucht und in zahlreichen Publikationen beschrieben und interpretiert. Ein informatives Fazit findet sich im WSL-Merkblatt Waldentwicklung nach Vivian.

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Die Stürme Vivian (1990) und Lothar (1999) haben auf grossen Flächen Bäume gefällt. Die WSL hat diese Ereignisse wissenschaftlich intensiv untersucht.

Waldbrand
Waldbrände spielen bisher im gemässigten, humiden Klima von West- und Mitteleuropa aus ökologischer Sicht eine untergeordnete Rolle. Meist handelt es sich um lokale episodische Ereignisse. Etwas häufiger sind Waldbrände in den inneralpinen Tälern der Alpen mit trockenem kontinentalem Klima und auf der Alpensüdseite, wo es trotz insubrischem Klima mit hohen Niederschlagssummen vor allem in trockenen Wintern regelmässig zu Bränden kommen kann. Das Klima dieser Regionen fördert zwar die Anfälligkeit auf Waldbrände. Mögliche auslösende Faktoren sind im Faktenblatt «Wenn Feuer Wälder fressen» beschrieben. Die meisten Waldbrände in der Schweiz werden aber anthropogen durch Unaufmerksamkeit oder absichtliche Brandstiftung ausgelöst.

Bekanntere Waldbrände in der Schweiz sind etwa der Waldbrand am Calanda bei Chur (1943, 800 ha) oder der Waldbrand ob Leuk VS (2003, 300 ha). Während über forstliche Aspekte eines Waldbrandes (Ursachen, Bekämpfung, Wiederaufforstung) einige Fachliteratur zu finden ist, ist dies über die Beschreibung von ökologischen Folgen und den Auswirkungen auf die Biodiversität vor allem erst in jüngerer Zeit der Fall. Dies gilt insbesondere für den Waldbrand von Leuk. Eine gute Zusammenfassung über forstliche und ökologische Aspekte (insb. die Entwicklung der Biodiversität nach dem Brand) findet sich in Wohlgemuth et al, 2010. Auf Waldbrandflächen gilt die Regel, dass die Biodiversität in den ersten Jahren rasch zunimmt und dabei die Artenzahlen bald viel höher liegen als im Wald vor dem Brand. Es entstehen grossflächige Pionierstadien, welche in bewirtschafteten Wäldern kaum oder wie im Dauerwald gar nie vorkommen. Durch Sukzessionsvorgänge ändert sich die Artenzusammensetzung laufend. Die floristische Entwicklung ist oft durch das dominante Auftreten charakteristischer Arten geprägt. In Nadelwäldern prägt meist das Schmalblättrige Weidenröschen (Epilobium angustifolium) eine frühe Phase der Sukzession.

Ein bekanntes Phänomen sind spezialisierte Arten, welche für ihr Wachstum von Bränden abhängig sind (sog. Pyrophilie). Dazu gehören in unseren Wäldern einige Schlauchpilze oder Moosarten wie das Brandmoos (Funaria hygrometrica). Blütenpflanzenarten, welche erst nach einem Feuer keimen und aufwachsen können, sind in unseren Wäldern sehr selten. Am bekanntesten ist der Böhmische Storchenschnabel (Geranium bohemicum), der nach dem grossen Waldbrand am Calanda bei Chur für einige Jahre in grosser Zahl aufgetreten ist und dort seither wieder völlig verschwunden ist. Andere Arten wie das Rote Seifenkraut (Saponaria ocymoides) dominieren charakteristischerweise gewisse Sukzessionsstadien einer Brandfläche. Solche Arten sind aber zur Keimung nicht zwingend auf ein Feuer angewiesen, sondern profitieren wohl vor allem von den hellen, konkurrenzarmen und nährstoffreichen Standortbedingungen solcher Flächen. Auf der Brandfläche von Leuk zeigte sich überraschend der auffällige Erdbeerspinat (Blitum virgatum) in grossen Populationen (Moser et al., 2006: Ausbreitung des Erdbeerspinats Blitum virgatum nach dem Waldbrand von Leuk, Wallis (2003)).

Auch die Fauna reagiert stark auf einen Waldbrand. Nur wenige Jahre nach dem Waldbrand von Leuk fanden sich etwa bei Insekten eine weit grössere Artenzahl und viel höhere Individuenzahlen als in den benachbarten, vom Brand nicht betroffenen Wäldern. Dies gilt etwa für Bienen, Schmetterlinge, Käfer oder Heuschrecken. Darunter sind auffällig viele Arten, welche auf Roten Listen stehen. Bei den Vögeln haben vor allem auch seltene und gefährdete Arten wie der Gartenrotschwanz, der Steinrötel, die Zippammer oder der Ziegenmelker von den offeneren Strukturen und warm-trockenen Standortbedingungen profitiert.

Bei der floristischen und faunistischen Entwicklung der Artenvielfalt spielt offensichtlich auch die Lage und Exposition von Waldbrandflächen eine bedeutende Rolle. Im Vergleich zur südexponierten Brandfläche ob Leuk blieben Artenvielfalt und Individuenzahl auf einer nordexponierten Waldbrandfläche bei Visp deutlich geringer, da diese für wärmeliebende Arten weniger geeignet ist. Durch die natürliche Sukzession des Waldes beginnen Pionierbaumarten die Waldbrandfläche schon nach wenigen Jahren wieder zu besiedeln, die offenen Strukturen gehen zurück und die licht- und wärmeliebende Flora und Fauna wird sukzessive wieder durch Waldarten ersetzt werden.

Literatur & Links:

Klimawandel

Die spürbare Erwärmung und vor allem einige heisse und trockene Vegetationsperioden haben bereits deutliche Spuren bei Bäumen und in Wäldern hinterlassen und die Tendenz ist klar steigend. Die einzelnen Baumarten reagieren sehr unterschiedlich und die Reaktionen sind primär auch von den jeweiligen Standortsbedingungen abhängig. Besonders stark betroffen von Trockenstress sind Waldstandorte auf flachgründigen und felsigen Böden und vor allem auch in den trockeneren Gebieten der Schweiz.

Bei den Baumarten hat bisher wohl die Waldföhre die grössten Auswirkungen gezeigt und ist z.B. im Walliser Rhonetal, im Churer Rheintal oder im unteren Puschlav auch auf grösseren Flächen abgestorben. Die Kombination von Bodentrockenheit und immer höheren Sommer- und Wintertemperaturen scheint nun auch für diesen immergrünen Nadelbaum, der eigentlich ein Spezialist für die Besiedlung von Extremstandorten ist, vor allem unterhalb von etwa 1000 m ü. M. eine kritische und oft letale Grenze überschritten zu haben. Stärkere Schäden sind vor allem auch bei Buche auf trockeneren Standorten zu beobachten. Unsere sommergrünen Laubbäume können zwar extreme Trockenphasen in einzelnen Jahren durch frühzeitigen Laubwurf und Wiederaustrieb besser überleben als die immergrünen Nadelbäume. Mehrere trockene Jahre kurz hintereinander führen aber auf kritischen Standorten ebenfalls zu hohen Mortalitätsraten. Im Mittelland ist vor allem die (angepflanzte) Fichte vom Klimawandel stark betroffen. Als flachwurzelnde Baumart dürfte sie mittelfristig wegen massiven Trockenheitsschäden im Mittelland stark zurückgehen. Das ist allerdings vor allem ein wirtschaftliches und kaum ein ökologisches Problem, da der bisherige «Brotbaum» der Forstwirtschaft im Mitteland nicht standortsgemäss ist.

Momentan ist der Klimawandel im Wald ein grosses und wichtiges Thema sowohl im praktischen Forstdienst als auch in der angewandten Forschung. Neben diversen Modellrechnungen über mögliche zukünftige Entwicklungen der Baumartenzusammensetzungen wird auch auf praktischer Seite viel überlegt und versucht. «Zukunftsbaumarten» bezüglich Klimawandel werden bereits vom Forstdienst gefördert oder mit Versuchsserien mit verschiedenen Baumarten und Herkünften in längerfristigen Forschungsprojekten getestet. Der Wald als Ökosystem kann auf Veränderungen und Extremereignisse reagieren. Pflanzungen sind immer auch mit Risiken verbunden, wie die Erfahrungen mit der Fichte in tiefen Lagen gezeigt haben. Es wird davon ausgegangen, dass sich mit zunehmender Erwärmung die Vegetationshöhenstufen mit ihren charakteristischen Waldgesellschaften und Baumartengarnituren nach oben verschieben werden und die obere Wald- und Baumgrenze entsprechend ansteigen wird (Aktuelle Verteilung der Höhenstufen siehe Kap. «Höhenstufen, Waldstandorte und Pflanzensoziologie»). Besonders ungewiss ist dabei, welche Baumarten dem zukünftigen Klima der tieferen Lagen der Nord- und Westschweiz, des Mittellandes, der Alpensüdseite und der inneralpinen Täler gewachsen sein werden. Hier werden vielerorts für die Schweiz neuartige Waldstandortsbedingungen entstehen, welche von hohen Mitteltemperaturen und markanten Trockenperioden geprägt sein werden. Abbilder davon finden wir bereits im Mittelmeerraum. Grosse und berechtigte Hoffnungen setzt man etwa auf die einheimischen Eichenarten oder andere einheimische Baumarten von trocken-warmen Laubwaldgesellschaften. Zusätzlich einzuführende Baumarten könnten vor allem aus den submediterranen Wäldern von südlich angrenzenden Regionen wie dem Südostalpenrand, adriatischen Gebirgen oder dem nördlichen Appenin stammen. Dort herrschen heute bereits Klimaverhältnisse wie sie für die nächsten Jahrzehnte auch in den tieferen Lagen der Schweiz erwartet werden. Ökologisch umstritten ist hingegen ein vermehrter Anbau von Baumarten aus anderen Kontinenten. Dies gilt insbesondere für die Douglasie (Pseudotsuga menziesii) aus dem westlichen Nordamerika. Sie wird schon länger als Gastbaumart in unseren Wäldern genutzt und soll wegen guten Wachstumseigenschaften und Trockenheitsresistenz die Fichte als Wirtschaftsbaumart ablösen. Umstritten ist die Förderung der Douglasie, weil ihr Potenzial zur Invasivität und mögliche negative Auswirkungen auf die Biodiversität nicht abschliessend geklärt sind. (weitere Informationen zum Thema Douglasie bei: Tschopp et al., 2014: Auswirkungen der Douglasie auf die Waldbiodiversität: Eine Literaturübersicht. WSL Ber. 20: 52 S. / Holderegger et al., 2017: Auswirkungen des Douglasienanbaus auf die Biodiversität: wichtige Forschungsfragen (Essay)).

Um den Waldfachleuten eine Grundlage zur Wahl von zukunftsfähigen Baumarten für einen beliebigen Ort im Schweizerwald zur Verfügung zu stellen, wurde im Rahmen des Forschungsprogramms Wald und Klimawandel von BAFU und WSL die «Tree-App» entwickelt, welche online aufgerufen werden kann. Die Baumartenempfehlung beruht dabei auf den aktuellen Standortsverhältnissen dieses Ortes und zeigt die Höhenstufen und Standortsbedingungen für 3 Klimasituationen (Klima heute, mässiger bzw. starker Klimawandel 2070-2099). Die App ist umstritten, weil sie auch nicht einheimische Baumarten wie die Robinie (Robinia pseudoacacia) als zukunftsfähige Baumarten ausweist.

Literatur & Links:

Erhalt und Förderung

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Lichte Wälder sowie alt- und Totholz-reiche, alte Wälder mit zahlreichen gefährdeten Arten müssen prioritär gefördert und erhalten werden.


Für die Förderung der Biodiversität im Schweizer Wald entwickelt der Bund Konzepte und Strategien auf gesamtschweizerischer Ebene wie zum Beispiel die Strategie Biodiversität Schweiz, die Waldpolitik 2020 oder die Biodiversitätsziele für den Wald.

Für die operative Umsetzung sind grundsätzlich die Kantone zuständig. Sie erarbeiten dazu kantonale Konzepte und Pläne, konkretisieren zusammen mit den Waldeigentümern die Massnahmen und stellen im Rahmen der NFA-Programmvereinbarungen finanzielle Mittel für die Umsetzung zur Verfügung.

Für eine erfolgreiche und nachhaltige Umsetzung all dieser Ziele ist es grundsätzlich wichtig, die Waldbesitzer und Bewirtschafter zu informieren, zu sensibilisieren und mit ihnen eine langfristige Kooperation einzugehen!

Allgemeiner Förderbedarf

Die Förderung der Biodiversität im Wald durch den Bund orientiert sich vor allem an zwei unterschiedlichen Zielbildern. Zum einen sind es die natürlichen langfristigen Abläufe, wie sie in Urwäldern stattfinden. Zum andern bezieht man sich auf die traditionelle Kulturlandschaft mit einer starken Nutzung bis ins 20 Jahrhundert hinein Trotz weitgehend naturnaher Bewirtschaftung lassen, im Vergleich des aktuellen Zustandes des Schweizerwaldes mit diesen Zielbildern, folgende zwei wichtigsten Defizitbereiche feststellen:

  • zu wenig Waldflächen mit totholz- und strukturreichen Alters- und Zerfallsphasen
  • zu wenig lichte Wälder mit offenen Waldstrukturen und strukturreichen Übergängen ins Freiland.

Deshalb fehlen oft wichtige Habitate und Kleinstlebensräume, weshalb hunderte von Waldorganismen auf Roten Listen und als prioritäre Waldarten aufgeführt sind.

In der Publikation des BAFU «Biodiversität im Wald: Ziele und Massnahmen» sind die Defizite und Handlungsmöglichkeiten in Tabelle 1 übersichtlich zusammengefasst. Nachfolgend wird auf die verschiedenen Fördermassnahmen eingegangen.

Die grossen regionalen Unterschiede in der Schweiz bezüglich Naturwerte und Nutzungsansprüche bedingen einen regional angepassten Handlungsbedarf und daraus abgeleitete Umsetzungsschwerpunkte. In der folgenden Tabelle ist der regionale Handlungsbedarf pro Massnahmenbereich für die 14 Wirtschaftsregionen (nach LFI) zusammenfassend dargestellt. (Quelle)

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Regionaler Handlungsbedarf pro Massnahmenbereich und nationale Umsetzungsschwerpunkte.

In der folgenden Tabelle werden die wichtigsten Förder- und Erhaltungsmassnahmen aus standörtlicher Sicht mit Bezug auf die Waldlebensräume nach Delarze et al., 2015 zusammengefasst. Zur Herleitung des Förderbedarfs siehe im Kapitel Praxisrelevante Ökologie

Nr. Bezeichnung Lebensraumtyp Förderbedarf Förderung und Erhaltung
5 p.p. Gebüsche (z.T.)
5.3.6 Auen-Weidengebüsch Salicion elaeagni ja (1) Förderung im Rahmen von Gewässer-Revitalisierungen
5.3.7 Moor-Weidengebüsch Salicion cinereae ja (2 MW) darauf wird bei den Mooren eingegangen
6 Wälder
6.1.1 Erlenbruchwald Alnion glutinosae ja (1, 2 FW) Ausscheidung und Sicherung von Waldreservaten
Ausscheidung, Sicherung und Förderung von Nass-, Moor- und Feuchtwäldern
Vernässung/Renaturierung von drainierten Moorwäldern
6.1.2 Weichholz-Auenwald Salicion albae ja (1, 2 FW) Revitalisierung, Erhaltung der Flussdynamik;
Schutzmassnahmen im Rahmen des nationalen Aueninventars
6.1.3 Grauerlen-Auenwald Alnion incanae ja (1, 2 FW) Revitalisierung, Erhaltung der Flussdynamik
Schutzmassnahmen im Rahmen des nationalen Aueninventars
6.1.3.1 Alpenweiden-Auenwald Salicetum pentandrae ja (1, 2 FW) Vollständiger Schutz der kleinen Restflächen (v.a. Oberengadin, Urseren)
Gewährleistung eines standortgemässen Wasserhaushaltes, Schutz vor Beweidung (?)
6.1.4 Hartholz-Auenwald Fraxinion ja (2 FW) im Auenbereich: Revitalisierung, Erhaltung der Flussdynamik
Schutzmassnahmen im Rahmen des nationalen Aueninventars
Bach- und Hangfusswälder: Erhaltung bzw. Wiederherstellung der feucht-nassen wasserzügigen Böden; Erhaltung/Förderung der standortstypischen Baumarten bzw. Kontrolle von Buche, Fichte usw.
Förderung von Kleingewässern
6.2 Buchenwälder
6.2.1 Orchideen-Buchenwald Cephalanthero-Fagenion ja (2LW) Förderung als lichte Wälder (SWR), Baumartenvielfalt durch Schwächung der Buchenkonkurrenz fördern;
Förderung und Schutz (vor Wildverbiss) von Eibe und Eichen
6.3.3 Eichen-Hainbuchenwald Carpinion ja (2 LW) Förderung als lichte Wälder und/oder Mittelwaldbewirtschaftung (v.a. in SWR);
Erhaltung und Förderung der Eiche
6.3.4 Flaumeichenwald Quercion pubescenti-petraeae ja (2 LW) Förderung als lichte Wälder, ev. gezielte Niederwaldwirtschaft;

Förderung eines mosaikartigen Charakters mit offeneren Felsfluren und Saumbereichen; Förderung seltener Baumarten wie Schneeballblättriger Ahorn (Acer opalus), Elsbeerbaum (Sorbus torminalis) und Speierling (Sorbus domestica).

6.3.5 Hopfenbuchenwald Orno-Ostryon ja (1, 2 LW) Förderung als lichte Wälder, ev. gezielte Niederwaldwirtschaft; Förderung eines mosaikartigen Charakters auch mit grösseren offeneren Flächen. Fast nur im Südtessin, dort sind auf diesem potentiellen Waldstandort v.a. auch ehemals beweidete und nun einwachsende und verbuschende Fels- und Trockenrasen mit besonderer Biodiversität sehr gefährdet.
6.4 Wärmeliebende Föhrenwälder
6.4.1 Pfeifengras-Föhrenwald Molinio-Pinion ja (1, 2 LW) Förderung als lichte Wälder (SWR); offene grasige Bodenvegetation erhalten und Verbuschung vermindern; offene Erosionsflächen und Pionierstadien an den Mergelsteilhängen zulassen; Föhren, Eibe und Mehlbeere fördern, Buche zurückhalten
6.4.2.1 Geissklee-Föhrenwald Cytiso-Pinion ja (1, 2 LW) Vollständiger Schutz der kleinen Restflächen; gezielte Eingriffe zur Erhaltung und Verjüngung von Waldföhre, Elsbeere und Traubeneiche.
Bei Bedarf spezielle Fördermassnahmen für hier typische sehr seltene Arten wie Geissklee (Cytisus nigricans), Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris) oder Flaumiger Seidelbast (Daphne cneorum).
6.4.2 Kalkreicher Föhrenwald Erico-Pinion sylvestris ja (2LW) Wegen der standörtlichen Trockenheit von Natur aus eher licht und straucharm. Kaum strukturfördernde Massnahmen nötig.
Ausnahme: Die kleinflächigen Föhrenbestände auf trockenen Auenterrassen (Pyrolo-Pinetum, Ligustro-Pinetum). Hier durch gezielte Massnahmen die langsame Sukzession zu schattigen Buchen- oder Fichtenbeständen unterbinden.
6.4.3 Steppen-Föhrenwald Ononido-Pinion ja (1, 2 LW) Wegen der extremen standörtlichen Trockenheit von Natur aus eher schlechtwüchsig, licht- und straucharm. Kaum strukturfördernde Massnahmen nötig, aber durch Waldbrand gefährdet. Ev. im Wallis regelmässige Kontrollen von charakteristischen und sehr seltenen Arten wie Kleine Kronwicke (Coronilla minima), Zierliche Hauhechel (Ononis pusilla) oder Schweizer Lotwurz (Onosma helvetica).
Auch Monitoring für reliktische Tierarten?
6.4.4 Kalkarmer Föhrenwald Dicrano-Pinion ja (1, 2 LW) Wegen der standörtlichen Trockenheit von Natur aus eher licht und straucharm. Kaum strukturfördernde Massnahmen nötig. Ev. langsame Sukzession mit einwachsenden Buchen oder Fichten unterbinden.
6.5 Hochmoorwälder
6.5.1 Hochmoor-Birkenwald Betulion pubescentis ja (1, 2 MW) Da oft auf gestörten Sekundärstandorten, bilden die meisten Hochmoor-Birkenbestände Übergangsstadien zu andern Waldtypen. Um diese so zu erhalten, sind dort regelmässig gezielte Eingriffe zugunsten der Birke und ihrer Verjüngung nötig. Die Böden müssen wassergesättigt bleiben oder entsprechend renaturiert werden.
6.5.2 Hochmoor-Bergföhrenwald Ledo-Pinion ja (1, 2 MW) In der Regel bereits als Waldreservate oder im Rahmen der nationalen Hochmoor-Inventars geschützt. Oft ist aber insbesondere der spezifische Wasserhaushalt noch verbesserungswürdig. Gewisse Hochmoor-Wälder werden auch durch Erholungsaktivitäten (Sommer oder Winter) gestört.
6.5.3 Hochmoor-Fichtenwald Sphagno-Piceetum ja (1, 2 MW) In der Regel bereits als Randbereiche von Hochmoor-Komplexen im Rahmen des nationalen Hochmoor-Inventars geschützt. Die notwendige Bodenvernässung ist aber trotzdem nicht immer gewährleistet.
6.6 Gebirgs-Nadelwälder
6.6.4 Lärchenwald ja (1) Diese Einheit ist in Delarze et al. 2015 pflanzensoziologisch und standörtlich unklar gefasst. Sie beinhaltet einerseits natürliche subalpine Lärchenwaldgesellschaften, welche südalpin auf ökologisch deutlich verschiedenen Standorten auftreten. Für diese Gesellschaften sind kaum strukturfördernde Massnahmen nötig.
Andererseits handelt es sich mehrheitlich um lichte Lärchenwälder und -haine, welche kulturbedingt durch Beweidung aus Fichten- oder Arvenwäldern hervor gegangen sind. Für die Förderung dieser Wälder wird auf das Thema Weidewälder verwiesen
6.6.5.1 Kalkarmer Bergföhrenwald Vaccinio-Pinion uncinatae ja (1, 2 LW) Wegen der meist extremen Standortbedingungen von Natur aus eher licht und oft lückig. Kaum strukturfördernde Massnahmen nötig.
6.6.5.2 Kalkreicher Bergföhrenwald Erico-Pinion uncinatae ja (2 LW) Wegen der meist extremen Standortbedingungen von Natur aus eher licht und oft lückig. Kaum strukturfördernde Massnahmen nötig.

Allgemeine Aufwertungsmassnahmen

Die wichtigsten allgemeinen Massnahmen zur Biodiversitätsförderung im Wald sind:

  • Seltene Waldlebensräume erhalten
  • Dynamik zulassen: Dort wo es sicherheitstechnisch möglich ist, sollen natürliche Prozesse stattfinden können (Rutsche, Erosionen, Dynamik von Waldbächen, Windwurf, Rüfen, etc.)
  • National Prioritäre Waldarten und Waldgesellschaften fördern
  • Integration der Anliegen der Waldbiodiversität in die Waldbewirtschaftung (Stichwort naturnaher Waldbau)
  • besondere Strukturen erhalten und fördern (alte Bäume, Biotopbäume/Habitatbäume, Totholz; aber auch offene und lichte Wälder)
  • Übergänge zu offenen Lebensräumen (Weiden, Wiesen, Gewässer usw.) schaffen
  • Genetische Vielfalt erhalten
  • lange nicht bewirtschaftete Wälder aus der Nutzung nehmen (Habitat Tradition)
  • Umwandlung von Monokulturen in standortgemässe Bestände

6.6.3 Lärchen-Arvenwald Larici-Pinetum cembrae Camp 065 96 dpi.jpg
Gebirgs-Nadelwälder sind bei uns häufig. Die Schweiz hat für deren Erhaltung und Förderung, insbesondere für Lärchenwälder, Lärchen-Arvenwälder und kalkreiche Bergföhrenwälder, eine hohe Verantwortung.

Ausscheidung und Sicherung von Waldreservaten

Um die ökologischen Zielsetzungen in den einzelnen Reservaten zu erreichen und langfristig zu sichern, müssen bei der Errichtung neuer Schutzflächen v.a. zeitliche und räumliche Minimalstandards eingehalten werden: Die Vertragsdauer mit den betroffenen Waldeigentümern muss auf mindestens 50 Jahre festgelegt werden, mit einer realistischen Aussicht, dass das Reservat auch über diesen Zeithorizont hinweg bestehen bleiben kann. Insbesondere Naturwaldreservate müssen eine genügend grosse Minimalfläche aufweisen, damit die urwaldtypische Dynamik mit ihren mosaikartigen Zyklen nachhaltig ablaufen kann. 40 ha sind hier das Minimum, wenn möglich aber über 100 ha. Auch bei Sonderwaldreservaten sollte die Minimalfläche 20 ha betragen. Für den Schutz und die Pflege kleinflächig ausgebildeter Waldgesellschaften oder besonders wertvollen Bestandesstrukturen kann aber durchaus auch die Ausscheidung eines Gebietes von wenigen Hektaren zielgerichtet sein.
Die Einrichtung von Waldreservaten muss mit einem rechtlich verbindlichen Vertrag abgeschlossen werden. Dies setzt natürlich das Einverständnis des Grundeigentümers bzw. der Grundeigentümerin voraus.

Aus den Vorgaben des Bundes haben die Kantone je ihre eigenen Waldreservatskonzepte entworfen. Sie sind in der Regel auf der Homepage der kantonalen Forstverwaltungen Weitere konkrete regionale Angaben zu bestehenden und potentiellen Waldreservatsflächen finden sich in den Waldentwicklungsplänen (WEP) der Kantone.

Ausscheidung von Naturwaldreservaten

In der Vollzugshilfe Biodiversität im Wald: Ziele und Massnahmen wird unter M1.2 die Massnahme «Naturwaldreservate einrichten» ausführlich beschrieben. Neben bereits in Kap. «Waldreservate» und oben beschriebenen quantitativen Vorgaben und Zielen werden unter anderem folgende Qualitätsindikatoren zur Einrichtung von Naturwaldreservaten (NWR) postuliert:
Auswahl von Waldfläche mit hohem Naturwert. Kriterien dafür sind:

  • Vorkommen der National Prioritären Waldgesellschaften, insbesondere der bisher untervertretenen Waldgesellschaften
  • Vorkommen der auf Prozessschutz angewiesenen National Prioritären Waldarten (Hotspots und Verbreitungsschwerpunkte dieser Arten)
  • Grosse Standortsvielfalt mit besonderen Lebensräumen (z. B. Felsköpfe und -wände, Bachtobel, Rutschflächen, Waldweiher, Nasswälder)
  • Langezeit extensive oder fehlende Nutzung
  • Hohes Bestandesalter
  • Hoher Alt- und Totholzanteil

Gemäss den Handlungszielen in den Programmvereinbarungen des BAFU soll die Flächengrösse eines Naturwaldreservates im Minimum 5 ha, wenn möglich aber mehr als 20 ha betragen. Anzustreben wären insbesondere auch Naturwaldreservate von über 100 ha, um einen umfassenden Prozessschutz sicherzustellen.
Vom BAFU anerkannte Naturwaldreservate sind rechtlich behörden- und eigentümerverbindlich auf eine Dauer von mindestens 50 Jahren gesichert. Es empfiehlt sich ein Dienstbarkeitsvertrag mit Eintrag im Grundbuch.
Die Beiträge durch den Bund bestehen aus einer Flächenpauschale zwischen 20 und 140 CHF pro ha und Vertragsjahr, welche nach Region bzw. Gebieten von nationaler Bedeutung abgestuft wird sowie einer Objektpauschale, welche nach der Reservatsfläche abgestuft wird. Die Bundespauschalen werden an die Kantone ausgerichtet (siehe dazu auch Programmvereinbarungen, Kap.7.2, Teilprogramm «Waldbiodiversität»). Die Kantone zahlen dem Eigentümer den Bundesbeitrag, sowie einen meist gleich hohen Kantonsbeitrag aus. Die Entschädigung der Eigentümer ist Sache der Kantone.

Die Ausscheidung, Festlegung und Einrichtung von Naturwaldreservaten obliegen den Kantonen. In der Regel werden sie im Rahmen der Waldentwicklungspläne ausgeschieden.
Sie sind verpflichtet, für jedes NWR die genaue Fläche zu erfassen und eine Dokumentation inkl. Standortskartierung zu erstellen. Die Markierung der Reservate und die Information der Öffentlichkeit mit Orientierungstafeln ist den Kantonen freigestellt. Im Bedarfsfall sollte die entsprechende Richtlinie des Bundes («Schweizer Schutzgebiete: Markierungshandbuch») angewendet werden.
Als Beispiel für den Ablauf der Einrichtung eines Naturwaldreservates siehe zum Beispiel Dokument des Amtes für Wald Graubünden

Ausscheidung von Sonderwaldreservaten

In Sonderwaldreservaten werden besondere Waldstrukturen, traditionelle Bewirtschaftungsformen, seltene oder gefährdete Lebensräume, Pflanzen- und Tierarten mit gezielten Eingriffen und Massnahmen erhalten und gefördert vgl. Kap. "Naturschutzstrategien im Schweizer Wald".

Sie gewährleisten einen langfristigen Unterhalt durch eine Finanzierung der anfallenden Kosten durch Bund und Kantone.
In gewissen Kantonen werden sie auch als «Reservate mit besonderen Eingriffen» oder «Spezialreservate» bezeichnet. Vor allem auch Projekte zur Förderung von besonderen, meist offenen Bestandesstrukturen, wie sie im nächsten Kapitel beschrieben werden, können in Form von Sonderwaldreservaten umgesetzt werden.

Nach den Handlungszielen in den Programmvereinbarungen des BAFU soll die Flächengrösse eines Sonderwaldreservates im Minimum 5 ha betragen. Für den Schutz und die Förderung von seltenen Waldgesellschaften, welche nur kleinflächig ausgebildet sind, oder von seltenen Arten können auch kleinere Schutzflächen zweckmässig sein.
Sonderwaldreservate müssen rechtlich behörden- und eigentümerverbindlich auf eine Dauer von mindestens 25 Jahren mit Verlängerungsoption gesichert werden, in der Regel auf vertraglicher Basis.
Die Beiträge durch den Bund setzen sich in Sonderwaldreservaten oft aus zwei Teilen zusammen. Erstens als Flächenpauschale für die Errichtung des Schutzstatus wie bei den Naturwaldreservaten. Zweitens als Beitrag zur Finanzierung von bestimmten Eingriffen, wie sie in Kap. «Ausscheidung, Sicherung und Pflege von besonderen Bestandesstrukturen» beschrieben werden. Die Bundespauschalen werden an die Kantone ausgerichtet. Die Entschädigung der Eigentümer ist Sache der Kantone. Die Kantone zahlen dem Eigentümer den Bundesbeitrag, sowie meist zusätzlich noch einen Kantonsbeitrag aus.
Als Beispiel für den Ablauf der Einrichtung eines Sonderwaldreservates siehe Dokument des Amtes für Wald Graubünden.

Ausscheidung, Sicherung und Pflege von besonderen Bestandesstrukturen

Über viele Jahrhunderte wurden grosse Waldflächen in der Schweiz mit traditionellen Bewirtschaftungsformen und oft in Kombination mit der Landwirtschaft genutzt und oft übernutzt (siehe Waldgeschichte. Dies hat sowohl die Bestandesstrukturen, als auch die Artenzusammensetzung und gewisse Standortsfaktoren im Vergleich zum Naturwald stark verändert und geprägt. Im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts und insbesondere seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind solche Bestände infolge Aufgabe der entsprechenden Bewirtschaftungsform oder durch waldbauliche Umwandlungsaktivitäten stark zurückgegangen.
Es hat sich aber gezeigt, dass solche meist lichten Wälder oft eine hohe Biodiversität von besonderem naturschützerischem Wert aufweisen. Ein wichtiger Handlungsbedarf im Wald besteht somit bei der Förderung von «offenen Wäldern». Von diesen Beständen profitieren viele licht- und wärmebedürftige Pflanzen- und Tierarten. Solche Bestandesstrukturen finden sich einerseits natürlicherweise auf trockenen Extremstandorten etwa mit schlechtwüchsigen Eichen- oder Föhrenwäldern. Flächenmässig viel bedeutsamer sind aber offene Waldstrukturen, welche durch traditionelle forstliche Nutzungsformen - oft verbunden mit landwirtschaftlicher Nutzung - entstanden sind, welche in der Regel aufgegeben wurden oder sich stark verändert haben. Es braucht also gezielte Massnahmen mit naturschützerischer Zielsetzung, um solche ökologisch wertvollen Waldstrukturen mit ihrer hohen und besonderen Biodiversität zu erhalten und wieder zu fördern. Diese Zielsetzung wird namentlich auch durch das Programm des BAFU zur Förderung der Biodiversität im Wald als Massnahmen M3.3 (Förderung lichter Wälder) und M3.5 (Erhaltung von besonderen Bewirtschaftungsformen) aufgegriffen.

Lichter Wald

Viele entsprechende Massnahmen sind dazu bereits in Umsetzung. Neben der Wiederaufnahme von traditionellen Bewirtschaftungsformen (Wytweiden, Mittelwald, Niederwald und Selven) laufen in einigen Kantonen auch zusätzliche spezielle Programme, um offene Wälder an geeigneten Orten zu fördern.

Im Kanton Zürich läuft seit längerer Zeit der «Aktionsplan Lichte Wälder». Die dazu ausgeschiedenen Flächen sind im kantonalen Waldentwicklungsplan WEP festgehalten.

Im Kanton Aargau werden lichte Wälder neben anderen besonderen Standorten als «Spezialreservate» gefördert.

Seit 2020 steht der «Aktionsplan Lichter Wald» zur Verfügung (siehe Kap. «Praxisrelevante Ökologie».

Neben solchen Sonderprogrammen mit eigener Finanzierungsquelle bietet sich in der Regel das Instrument des Sonderwaldreservats an, um lichte Wälder gezielt zu fördern und die dadurch anfallenden Kosten zu finanzieren. Es besteht auch die Möglichkeit, dass für entsprechende Fördermassnahmen im Rahmen der Programmvereinbarungen (7.2 Teilprogramm «Waldbiodiversität») auch ausserhalb von Sonderwaldreservaten Finanzbeiträge entrichtet werden.

Lichte Wälder können dort zweckmässig eingerichtet werden, wo aufgrund der natürlichen Bedingungen oder früherer Bewirtschaftungsformen bereits offene und wertvolle Strukturen vorhanden sind oder nach gezielten Eingriffen längere Zeit offen bleiben werden. Besonders geeignet sind Gebiete, wo solche Wälder mosaikartig mit extensiv landwirtschaftlich genutztem Offenland (namentlich TWW-Flächen) verzahnt oder verbunden sind. Eingriffe können gemäss Pflegeplan oder bei offensichtlichem Bedarf vorgenommen werden.

In der montanen und subalpinen Stufe sind insbesondere die trockenen Waldstandorte (dort vor allem mit Waldföhren oder Bergföhren, sowie trockene Fichtenwälder) für die Pflege und Förderung von lichten Wäldern geeignet, ausserdem lichte Lärchenbestände, welche ihre offenen Strukturen einer Jahrhunderte langen Waldbeweidung verdanken (vgl. dazu die Ökogramme in Kap. "Höhenstufen, Waldstandorte und Pflanzensoziologie".

Je wüchsiger ein Standort ist, desto stärker muss eingegriffen werden, um die erwünschten offenen Waldstrukturen zu erreichen und langfristig zu erhalten. Zu starke Eingriffe auf wüchsigen Böden können sich auch kontraproduktiv auswirken, da bei zu starker Öffnung der Baumschicht das Wachstum in der Strauchschicht wegen erhöhtem Lichtgenuss zu stark gefördert wird.

Die Einrichtung neuer bzw. Förderung von bestehenden lichten Wäldern können anhand von Zielarten und Zeigerarten (Indikatoren) für lichte Waldlebensräume optimiert werden (siehe Aktionsplan Lichter Wald). Insbesondere können mit angepassten Massnahmen einzelne gefährdete Arten dieser Lebensräume gezielt gefördert werden.

Zu den typischen Eingriffen zur Förderung lichter Wälder gehören das Auslichten der Baumschicht und Strauchschicht (Entbuschung), wobei vor allem stärker schattenspendende Arten wie Buche oder Hasel entfernt werden sollen. Oft handelt es sich um Gehölze, welche eine natürliche Sukzession zu dichteren und wüchsigeren Waldtypen anzeigen, welche von der Zielsetzung her unerwünscht ist.
Andere sinnvolle Massnahmen können je nach Situation auch eine regelmässige Mahd der Krautschicht, eine gezielte Streunutzung oder Beweidung mit geeigneten Nutztierrassen sein (vgl. weiter unten). Zu beachten ist bei letzteren Massnahmen, dass diese grundsätzlich als nachteilige Waldnutzungen beurteilt werden und deshalb in der Regel eine Ausnahmebewilligung brauchen.

Durch Eingriffe zur Öffnung von Wäldern kann je nach Standort die Ausbreitung von Brombeeren (Rubus sp.), Adlerfarn (Pteridium aquilinum), Hochstaudenfluren, Waldrebe (Clematis vitalba), Disteln oder invasiven Neophyten begünstigt werden. Sowohl die erhöhte Licht- und Wärmeeinstrahlung, als auch eine verstärkte Nährstoffmineralisierung durch den beschleunigten Abbau der Streuschicht kann dies verursachen. Zumindest in den ersten Jahren nach Lichtungsaktionen sind deshalb regelmässige Kontrollen notwendig. Je nach Art und Ausbreitung sind dann gezielte Gegenmassnahmen durch Ausreissen, Mahd oder ev. Beweidung notwendig, bis sich eine gewünschte Bodenvegetation oder wieder erhöhte Beschattung eingestellt haben.

Projekte mit lichten Wäldern sind in der Regel in den Waldentwicklungsplänen (WEP) oder in Betriebsplänen (BP) festgehalten und somit verbindlich. Die Eingriffe und Pflegemassnahmen können durch den Forstdienst, Waldeigentümer oder durch Dritte wie Landwirte oder Freiwillige aus Vereinen und Organisationen durchgeführt werden.

Oft sind neben dem kantonalen Forstdienst als primär zuständige Stelle auch die kantonale Fachstelle für Natur- und Landschaftsschutz in solche Projekte involviert und müssen evtl. auch mit der Landwirtschaft, der Raumplanung oder Jagdorganen abgestimmt werden. Dies gilt insbesondere, wenn TWW-Flächen mit lichten Waldflächen verzahnt sind.

Die Kosten für einen Ersteingriff schwanken gemäss einer neueren Fallstudie des BAFU zwischen 6'300 CHF und 71'000 CHF, bei einem Mittelwert von rund 28'000 CHF (Holzertrag bereits abgezogen). Die Kosten für die Nachpflege liegen im Schnitt bei 2'500 CHF pro ha und Jahr (600 CHF bis 4'000 CHF) (Quelle: Handbuch Schutzgebiete (Pro Natura, 2015, unveröffentlicht).
Der Bund zahlt Flächenbeiträge pro Eingriff von 4'000 CHF pro ha aufgewerteten Lebensraum. Der Kanton beteiligt sich je nach Projekt mit Beiträgen des Forstdienstes, der Naturschutzfachstelle oder des Landwirtschaftsamtes. Für den betroffenen Waldbesitzer sollten keine Projektkosten anfallen.

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Die Pflege lichter Wälder soll vermehrt durch gezielte Beweidung erfolgen.

Waldweiden oder Wytweiden

Beim Thema Waldweide und Naturschutz bzw. Biodiversitätsförderung sind zwei Bereiche zu unterscheiden:

  • Einerseits die Förderung von traditionellen Wytweiden oder Waldweiden mit dem Ziel, den ökonomischen, ökologischen und landschaftlichen Wert solcher Wälder und Gebiete zu erhalten oder wiederherzustellen und sie weiterhin so zu nutzen.
  • Andererseits die Waldbeweidung als pflegerische Massnahme zur Förderung von lichten Wäldern, die meistens nicht als typische Weidewälder genutzt werden.

Bei Waldweiden werden vom Forstdienst sogenannte Wald-Weide-Ausscheidungen (WWA-Projekte) vorgenommen. Sie dienen sowohl der Verbesserung der forstlichen Bedürfnisse (z.B. Sicherung der Verjüngung durch temporäre Auszäunung), als auch der qualitativen Förderung der Weidenutzung (z.B. durch Verbesserung der Zugänge, Einrichten von Brunnen usw.).

Um die geschilderten landschaftsästhetischen und ökologischen Werte der Waldweiden nachhaltig zu sichern und verbessern, werden seit einiger Zeit verbindliche integrierte Bewirtschaftungspläne eingesetzt. Im Jura (Kantone VD, JU, BE) sind sie mehrfach als «plans de gestion intégrée des pâturages boisés (PGI)» umgesetzt worden.

Beispiele:

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Bei Waldweide-Projekten überschneiden sich zahlreiche Planungs- und Sachebenen im rechtlichen und administrativen Bereich. Quelle

Die forstliche Bestandespflege konzentriert sich vor allem auf die Gestaltung der Gliederung von offenen und baumbestockten Bereichen eines Weidewaldes. Dies geschieht durch gezielte Eingriffe in die Baumschicht, aber auch durch Pflegemassnahmen in der Strauchschicht (z.B. Entbuschung, rechtzeitiges Entfernen des Aufwuchses unerwünschter Baumarten, z.B. "Entfichtung"). In den bestockten Bereichen sollte die Überschirmung durch Baumkronen 20 - 50 % Deckungsgrad nicht überschreiten. Alte markante Bäume sollen möglichst stehen gelassen werden, hingegen muss das Aufwachsen von insbesondere von stärker schattenden Baumarten (z.B. Buchen oder Fichte) rechtzeitig verhindert werden.
Die Anteile von Verjüngungsflächen sind kleiner, als sie in andern Waldbereichen notwendig sind. Sie sollten aber regelmässig verteilt sein und müssen durch Einzäunung geschützt werden. Die Weidepflege dient primär einer optimalen Weidequalität.
Zu starke Eingriffe, welche eine vegetationsarme und oft nährstoffreiche Bodenoberfläche hinterlassen, können vor allem unerwünschte Weideunkräuter wie Disteln, Brombeeren oder Tollkirsche fördern.
Ein gewisser Flächenanteil (z.B. 20 %) an Gebüschen oder Pioniergehölzen für die Förderung der Biodiversität ist von Vorteil. Dies gilt insbesondere für Dornensträucher oder Rosen, sowie ökologisch wertvolle Pioniergehölze wie Aspe (Populus tremula), Birke (Betula sp.) oder Weiden (Salix sp.). Vorsicht ist hingegen bei Haseln (Corylus avellana) geboten, welche in wenigen Jahren dominant werden und mit ihrer starken Beschattung andere Gehölze und die Bodenvegetation verdrängen können.
Für die gezielte Förderung von einzelnen Tier- oder Pflanzenarten im Weidewald können spezifische Massnahmen notwendig sein. Sie sind in der Regel aus Merkblättern zur Artenförderung ableitbar.

Die Finanzierung solcher Projekte erfolgt sowohl vonseiten des Forstdienstes, als auch der Landwirtschaft. Aus landwirtschaftlicher Sicht gehören Waldweiden zum Gültigkeitsbereich der Direktzahlungsverordnung (DZV) des Bundes. Wenn in den Weideflächen die Anforderungen an die biologische Qualitätsstufe 2 (Vegetationsqualität und Strukturqualität) erfüllt sind, haben die Bewirtschafter Anrecht auf Beiträge. (siehe: Biodiversitätsförderung Qualitätsstufe II von extensiv genutzten Weiden und Waldweiden gemäss Direktzahlungsverordnung (Agridea, 2018), Biodiversitätsförderflächen (BFF), Zeigerpflanzen von extensiv genutzten Weiden und Waldweiden (Agridea, 2016))

Neben den traditionellen Waldweide-Regionen auf den Jurahöhen und in den mittleren und höheren bewaldeten Lagen der Alpen, bietet sich die Beweidung andernorts vor allem als pflegerische Massnahme zur Förderung und Offenhaltung von lichten Wäldern an. Es sind dies vor allem Waldstandorte und Bestandesstrukturen, welche sich generell für die Förderung von lichten Wäldern eignen. Dazu zählen trockene Waldgesellschaften mit Eichen, Föhren oder Buchenmischwälder oder Bestände mit traditionellen Nutzungsformen wie Mittelwald oder Niederwald. In wuchskräftigeren Waldgesellschaften ist Waldweide zwar durchaus möglich, die Weidetiere sind dann aber oft nicht mehr in der Lage den Wald offen zu halten. Es ist zu beachten, dass gemäss Waldgesetz (WAG, Art. 16) die Waldweide als nachteilige Nutzung grundsätzlich verboten ist. Auch für eine Beweidung aus naturschützerischen Gründen braucht es deshalb eine Ausnahmebewilligung des kantonalen Forstdienstes.

Welche Tierarten bzw. Rassen sich für eine pflegerische Waldweide eignen, muss für den Einzelfall abgeklärt werden. Ziegen eignen sich bei intensiver Beweidung vor allem zum Zurückdrängen von Sträuchern und jungen Bäumen, in der Regel aber weniger zur konstanten Regulierung der Bodenvegetation. Schafe gehen kaum an Gehölze, fressen die Krautschicht aber sehr tief ab. Bei beiden Arten gibt es verschiedene Rassen, welche sich in ihrem Fressverhalten stark unterscheiden. Auch die Fragen ob Stand- oder Umtriebsweide, sowie zur Besatzdichte müssen je nach konkreter Situation anders beantwortet werden.


Niederwald

Die Niederwald-Bewirtschaftung für naturschützerische Ziele zu erhalten und zu fördern ist in der Schweiz wohl nur noch beschränkt möglich und sinnvoll. Der Anteil an der Gesamtfläche des Waldes beträgt nur rund 3,6 %. In der Nordschweiz sind Niederwälder fast völlig verschwunden, auf der Alpensüdseite, wo diese Betriebsart noch mehr Tradition hat, beträgt der Anteil noch 16,7 %. Nur ein Drittel dieser Fläche soll nach den Plänen des Forstdienstes in den nächsten 20 Jahren noch aktiv bewirtschaftet werden und davon nur ein kleiner Teil mit traditionellen Niederwaldschlägen.

Eine gewisse Berechtigung aus Sicht der Biodiversität hat der Niederwald mit bestehender traditioneller Nutzung vor allem noch dort, wo in der Umgebung weitgehend geschlossene Hochwälder vorherrschen und andere, für licht- und wärmeliebende Organismen notwendige offenere Lebensräume mit Baum- oder Strauchvegetation fehlen. Andere Formen von offenen Wäldern und vor allem Mittelwälder bieten aber wohl vollwertige Ersatzlebensräume für typische Niederwaldbewohner.

Aus Sicht der optimalen Energieholzerzeugung als auch der Förderung eines wertvollen Lebensraumes sollten folgende Punkte beachtet werden:

  • Um die langfristige Nachhaltigkeit und gleichzeitig verschiedene Habitatstrukturen zu gewährleisten, sollte die Gesamtfläche in Schläge eingeteilt und im Rotationsverfahren genutzt werden
  • der beste Zeitpunkt für den Hieb ist Ende Winter, nach den starken Winterfrösten und vor dem Beginn des Saftflusses
  • der Hieb sollte mit scharfem Werkzeug eine glatte schräge Schnittfläche ohne Risse hinterlassen


Mittelwald

Der Mittelwald als Mischform von Hoch- und Niederwald war bis ins 20. Jahrhundert hinein im Mittelland und den tieferen Lagen des Juras eine weitverbreitete traditionelle Betriebsart. Heute bedeckt er nur noch 0,3 % der Waldfläche in der Schweiz und ist wirtschaftlich praktisch bedeutungslos. Umso beeindruckender ist aber sein ökologischer Wert und seine hohe Biodiversität. Die Gründe dazu sind in Kap. "Nutzungsformen im Wirtschaftswald" beschrieben.

Mittelwälder werden deshalb fast ausschliesslich nur noch aus naturschützerischen und kulturhistorischen Gründen gefördert und haben dadurch in gewissen Gebieten durchaus eine gewisse Renaissance erlebt. So gibt es eindrückliche Mittelwaldbestände vor allem noch in den Kantonen Basel-Landschaft, Aargau, Zürich und Thurgau. Die Projekte zu ihrer Erhaltung sind oft mit der Förderung der Eichen und bestimmten Zielarten wie dem Mittelspecht kombiniert. Im Programm des BAFU zur Förderung der Biodiversität im Wald ist die Wiederherstellung und nachhaltige Bewirtschaftung als Massnahme M3.5 «Besondere Bewirtschaftungsformen erhalten» enthalten.

Die Wiederherstellung von Mittelwäldern ist vor allem dort sinnvoll, wo noch entsprechende Strukturen mit einzelnen mächtigen alten Bäumen (vor allem Eichen, aber auch verschiedene andere Baumarten) von der früheren Mittelwaldbewirtschaftung zeugen. Um wieder eine meist locker stehende Oberschicht zu formen, müssen die meisten anderen Bäume, welche seither in die Mittel- oder Oberschicht eingewachsen sind, entnommen werden. Für die genauen waldbaulichen Überlegungen und Eingriffe, welche zur Formung und Erhaltung schöner Mittelwälder nötig sind, braucht es die Zusammenarbeit mit den Forstfachleuten, die über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen.
Da die Wertholzerzeugung in der Oberschicht nicht mehr im Vordergrund steht, sollen auch kränkelnde oder absterbende Althölzer und sogar Dürrständer stehen gelassen werden, wenn keine Sicherheitsaspekte entlang von Waldstrassen usw. dagegen sprechen. Zusammen mit den übrigen gesunden Altbäumen bilden sie wertvolle Habitatbäume.
Für die Behandlung der Hauschicht gelten dieselben Grundsätze wie beim Niederwald (vgl. oben). Wichtig ist aus ökologischer Sicht, dass möglichst alle Altersphasen von der frisch geschlagenen Kahlfläche bis zum hiebsreifen Stockausschlagbestand auf der gesamten Waldfläche vertreten sind. Die Umtriebszeiten in der Hauschicht liegen in der Regel zwischen 20 und 30 Jahren. Das geschlagene Holz kann gegebenenfalls nicht kostendeckend, aber wenigstens mit einem gewissen Ertrag als Energieholz abgesetzt werden. Mit der kostendeckenden Energieholzproduktion in Mittelwäldern hat sich BALLY, 1999 auseinandergesetzt.

Für die Wiederherstellung und regelmässige Pflege von Mittelwäldern ist das Sonderwaldreservat ein geeignetes Instrument. Das Ziel kann aber auch mit anderen Fördermassnahmen zur Biodiversität erreicht und finanziert werden.

Selven

Die Restauration von Selven erfolgt aus naturschützerischen, landschaftsästhetischen und kulturhistorischen Gründen. An einem solchen Projekt sind deshalb in der Regel verschiedene Akteure bei der Planung, Umsetzung und Finanzierung beteiligt (Eigentümer/Bewirtschafter, Forstdienst, Gemeinde, ev. Stiftungen, Förder- oder Naturschutzvereine). Meistens sind die Bestände solcher Objekte seit Jahrzehnten nicht mehr genutzt worden, wodurch sich durch die natürliche Sukzession ein dichtes Unterholz ausgebildet hat und damit die charakteristische parkartige Struktur verloren gegangen ist.

Das Vorgehen kann grundsätzlich in zwei Schritte unterteilt werden.
1. Wiederherstellung der Selvenstruktur

  • Freistellen der alten Bäume durch Entfernen der Gehölze in der Mittel- und Unterschicht (neben Kastanien- oder Nussbäumen können auch passende Eichen, Kirschbäume oder Ahorne stehengelassen werden)
  • Fördern der Selvenstruktur durch Ausdünnung der Oberschicht, wobei alte Bäume bevorzugt erhalten bleiben sollen. Auch tote Bäume erhalten, aber ev. hoch kappen
  • Wegen der landwirtschaftlichen Doppelnutzung und zur Förderung der Biodiversität in der Bodenvegetation sollten die verbleibenden Bäume genügend locker verteilt sein
  • Kronenpflege der Kastanienbäume mit Erhaltung von wertvollen Mikrohabitaten (möglichst durch Baumpfleger)
  • Pflanzung von veredelten jungen Kastanien- oder Nussbäumen (mit Zäunen zum Frassschutz)
  • Ansaat mit ausgewählten Samenmischung oder Heublumensaat aus der Umgebung

2. Langfristig regelmässige Pflegemassnahmen

  • Beweidung oder Mahd (möglichst alljährlich)
  • Nutzung und sinnvolle Verwendung der Früchte
  • Laubstreuentfernung (möglichst alljährlich)
  • Wiederholung von Kronenschnitten (ca. alle 10 Jahre, bei Bedarf)

Für die einmalige Wiederherstellung einer Selve, sowie für die späteren Kronenschnitte stehen in der Regel forstliche Finanzmittel zur Verfügung, für die alljährlichen Pflegemassnahmen verschiedene Typen von Direktzahlungsbeiträgen für Landwirtschaftliche Nutzflächen (LN).

Zur Auswahl und Festlegung von geeigneten Restaurationsobjekten von Kastanienselven bestehen im Kanton Tessin und in den Südtälern von Graubünden regionale Konzepte des Forstdienstes.


Ausscheidung und Sicherung von Altholzinseln, Habitatbäumen und Totholz

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Hohes Absägen von Strünken ist eine einfache Methode zur Schaffung von Totholz. In diesem Fall handelt es sich um Fichten, die wegen Käferbefall gefällt werden mussten. Durch das Entrinden verlieren die Bäume an Wert für die Biodiversität. Dem kann auf einfache Art entgegnet werden: Die Rinde wird geritzt in senkrechten Streifen von ca. 1 cm Breite und alle zwei bis fünf Zentimeter. So kann sich der Buchdrucker (Ips typographus) im Holz nicht mehr fortpflanzen.

In den Wirtschaftswäldern mit Umtriebszeiten von maximal 150 Jahren fehlen die ökologisch wertvollsten Alters- und Zerfallsphasen, welche in Urwäldern im weiteren Verlauf ihrer Bestandesgeschichte über weitere Jahrhunderte ablaufen. Der damit verbundene Mangel an Alt- und Totholz ist einer der grössten ökologischen Defizite in unseren Wäldern.
Eine wichtige Möglichkeit, solche Waldstrukturen auch in bewirtschafteten Wäldern wenigstens in beschränktem Masse anbieten zu können, ist - neben Waldreservaten - die Förderung von Alt- und Totholz. Sie können ohne Aufwand und mit nur geringen Einschränkungen für die nutzungsorientierte Bewirtschaftung des Waldes eingerichtet und gesichert werden. Wichtige naturschützerische Ziele, welche damit angestrebt werden können, sind z.B. die weitere Förderung und Erhaltung von Altholzinseln, von einzelnen alten Habitatbäumen und seltenen Baumarten, von besonderen Strukturen wie Baumhöhlen, grober Borke oder von stehendem oder liegendem Totholz. Damit erhalten auch viele anspruchsvolle Tier- und Pflanzenarten mit sehr spezifischen Habitatansprüchen die Möglichkeit, in Wirtschaftswäldern existieren zu können.
In der Vollzugshilfe zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität im Wald wird dies im Massnahmenbereich M2 «Förderung Alt- und Totholz» ausführlich beschrieben.

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In Altholzinseln und mit Biotopbäumen kann die im Wirtschaftswald fehlende Alters- und Zerfallsphase ablaufen. Quelle Abb.: aus Naturwaldreservate und Altholzinseln als Massnahme für die Erhaltung von alten Wäldern

Neben der Existenz von Alt- und Totholz als wichtige Klein- oder Mikrohabitate an und für sich, haben diese Elemente auch eine wichtige Bedeutung als Trittsteine für die ökologische Vernetzung. Eine möglichst regelmässige Verteilung ist deshalb anzustreben.

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Altholzinseln und Habitatbäume verbessern die funktionelle Vernetzung zwischen Naturwaldreservaten für die Ausbreitung von stark gefährdeten Arten mit fragmentierten Lokalvorkommen. Anzustreben sind Waldbestände mit hohen Totholzmengen und vielen Habitatbäumen, eingebettet in nachhaltig genutzte Wälder. Quelle.

Altholzinseln

Kleinere naturnah und standortsgemäss bestockte Waldflächen mit älteren Bäumen und/oder bereits vorhandenem ansehnlichem Totholzanteil können als Altholzinseln ausgeschieden und gesichert werden. In deren Perimeter wird auf künftige Nutzungen verzichtet und die Bäume bis zum natürlichen Zerfall stehen gelassen. Um ihrem ökologischen Zweck gerecht zu werden, sollten Altholzinseln mindestens 10 ha gross sein. Die nationalen Handlungsziele des BAFU verlangen bis 2030 die Ausscheidung von zwei Altholzinseln pro Quadratkilometer Waldfläche, die möglichst mindestens eine Hektare gross sein sollten.

Es liegt an den Kantonen, entsprechende Richtlinien zum Erreichen dieses Zieles zu erarbeiten. Darin sollten etwa folgende Kriterien berücksichtigt sein:

  • minimale (bis maximale) Flächengrösse
  • minimale Flächenbreite
  • hoher Alt- und Starkholzanteil mit zahlreichen dicken Bäumen
  • Präsenz von Biotopbäumen/Habitatbäumen
  • hoher Totholzanteil
  • längere Periode ohne waldbauliche Eingriffe und Holzernten
  • standortgerechte Baumartengarnitur
  • keine gravierende Konfliktsituation mit andern Waldfunktionen (gemäss WEP)

Administrative und rechtliche Aspekte:

  • Einbezug in forstliche Planung (WEP oder v.a. Betriebsplan, inkl. Schlagplanung)
  • Rechtliche Sicherung: z.B. einfacher Vertrag, ohne Grundbucheintrag
  • minimale Vertragsdauer für Verzicht auf waldbauliche Eingriffe
  • Ausnahmeregelung für besondere Ereignisse mit Gefährdung der öffentlichen Sicherheit (wie Käferkalamität oder Waldbrand)
  • Beitragsregelung: Beiträge von Bund und Kanton (z.B. pro ha und Jahr)
  • Fragen der Grenzmarkierung

Habitatbäume

Um die biologische Artenvielfalt im Wald flächendeckend erhöhen und sichern zu können, sind ökologisch wertvolle Substrate und Strukturen, wie sie Habitatbäume mit ihren Mikrohabitaten bieten, auch in forstlich bewirtschafteten Wäldern zu fördern. In Naturwaldreservaten und sonst ungestörten Wäldern mit viel Altholz sind sie hingegen in der Regel schon gut vertreten und leisten einen wichtigen Beitrag an die hohe Biodiversität solcher Wälder. Die Förderung von Habitatbäumen ist deshalb zu einem wichtigen Ziel zur Förderung der Biodiversität im Wald und insbesondere auch in den Wirtschaftswäldern geworden (z.B. Massnahme M2.4 «Biotopbäume erhalten» in "Biodiversität im Wald: Ziele und Massnahmen"

Habitatbäume, auch Biotopbäume genannt, sind in der Regel alte und dicke Bäume, welche dank ihren Strukturen charakteristische Baummikrohabitate aufweisen und deshalb ökologisch besonders wertvoll sind vgl. Kap. «Ökologisch wertvolle Strukturen: Altholz, Biotopbäume, Totholz». In Naturwaldreservaten und Altholzinseln sind sie in der Regel in genügender Anzahl und Dichte vorhanden oder entstehen im Laufe der Zeit in solchen Flächen. Oft sind sie sogar ein entscheidendes Kriterium für die Ausscheidung solcher Schutzflächen.

Als wichtige Ergänzung zur Förderung der Biodiversität sollten sie auch in bewirtschafteten Wäldern in genügender Zahl und möglichst regelmässiger Verteilung vorhanden sein. Es sollten dazu aus ökologischer Sicht wenn möglich etwa sechs bis zehn Habitatbäume pro Hektare bestimmt werden. Zusätzlich sollten zur langfristigen Sicherung auch jüngere Bäume mit Potential für die Entwicklung von Mikrohabitaten gesichert werden. Die nationalen Handlungsziele des BAFU verlangen bis 2030 die Ausscheidung von 3-5 Biotopbäumen pro ha Waldfläche.

Bei der Auslese von Habitatbäumen sollten folgende Kriterien beachtet werden (gemäss ∂- WSL-Merkblatt Praxis.64):

  • Bevorzugung von alten oder dicken Bäumen mit Baummikrohabitaten
  • auch Pionierbaumarten oder mitherrschende Nebenbaumarten erhalten, da sich dort besonders rasch wertvolle Baummikrohabitate entwickeln
  • besonders auch Habitatbäume an Waldrändern einbeziehen, da sie oft besondere Baummikrohabitate aufweisen
  • auch stehende tote Bäume (Dürrständer) erhalten

Die methodische Erfassung umfasst vor allem:

  • genaue Lage (Erfassung der Koordinaten)
  • Baumart
  • Brusthöhendurchmesser BHD
  • Vorhandene Baummikrohabitate (codiert nach Katalog der Baummikrohabitate (Kraus et al., 2016))
  • Foto

Für die einheitliche und praktische Erfassung von Habitatbäumen nach diesen Kriterien steht die Smartphone-App «HabiApp» für Android und iOS zur Verfügung.

Die Kantone werden durch die Handlungsziele und Programmvereinbarung mit dem BAFU siehe «Kosten, Beiträge») aufgefordert, Habitatbäume zu fördern und haben dazu Richtlinien oder andere verpflichtende Regelungen erarbeitet (siehe Bsp. Kanton Graubünden Richtlinie Habitatbäume. Dort sind neben der Erfassungsmethodik unter anderem auch Fragen der Sicherung (Vertrag mit dem Grundeigentümer), der Entschädigung und der permanenten Markierung geregelt.

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Ein gekennzeichneter Baum mit dem Label «Dein Baum». In diesem Projekt werden Habitatbäume mit Baumpatenschaften langfristig gesichert.

Totholz

Stehendes und liegendes Totholz in unterschiedlichem Zersetzungsstadium findet sich in jedem Wald, allerdings in sehr unterschiedlichem Ausmass. Es bildet die Lebensgrundlage tausender Arten von ökologisch oft sehr spezialisierten und seltenen Tieren, höheren Pflanzen, Pilzen, Moosen, Flechten und Algen. Für eine hohe Biodiversität des Waldes ist ein guter Totholzvorrat (quantitativ und qualitativ) also unabdingbar. In bewirtschafteten Wäldern ist der Totholzvorrat in der Regel durchschnittlich zehnmal kleiner als in Naturwäldern.
In den letzten Jahrzehnten verbesserte sich die Situation gemäss den Resultaten des LFI deutlich. Diese Tendenz muss noch weiter verstärkt werden.

Folgende Fördermassnahmen können meist auch im bewirtschafteten Wald dazu beitragen:

  • Ausscheidung von Habitatbäumen (siehe oben)
  • natürlich anfallendes Totholz stehen bzw. liegen lassen
  • auch beschädigte und absterbende Bäume stehen lassen
  • nicht erwünschte Bäume ringeln und stehen lassen

bei Durchforstungen und Holzernten:

  • Schlagabraum liegen lassen und nicht verbrennen (vgl. Kap. «Problematik Schlagräumung und Holzhackhaufen»)
  • nicht genutzte Kronenbereiche oder Stammteile liegen lassen, nicht weiter zersägen
  • hohe Strünke stehen lassen
  • zurückhaltende Räumung von Sturmflächen

Zu beachten sind bei diesen Massnahmen aber folgende teilweise einschränkenden Aspekte:

  • Entlang von Strassen und Bahnlinien, sowie in Bereichen mit erhöhter Erholungsnutzung (Wege, Sportparcours, Feuerstellen usw.) müssen aus Sicherheitsgründen (Stichwort Werkhaftung) Bäume mit grösseren toten Ästen oder Dürrständer regelmässig auf ihr Risiko überprüft und gegebenenfalls gefällt werden.
  • Die Arbeitssicherheit der Forstwarte muss für ihre Tätigkeit in Beständen mit erhöhtem Anteil an Alt- und Totholz durch entsprechende Instruktion und Sensibilisierung gewährleistet sein.
  • Bei durch Sturm oder Holzernte frisch anfallendem Totholz müssen bei hohem Fichtenanteil mögliche Borkenkäferkalamitäten in Betracht gezogen werden: der Buchdrucker (Ips typographus) bei Stammholz mit dickerer Rinde und der Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) bei Schwachholz, Kronenteilen und Zweigen mit dünner Rinde. Analoge Gefahren bestehen bei anderen Nadelhölzern wie Föhre oder Weisstanne mit ihren spezifischen Borkenkäferarten. Stark vom Buchdrucker befallene Baumstämme, welche nicht umgehend aus dem Wald abgeführt werden können, werden in der Regel komplett entrindet, was den Wert für die Biodiversität deutlich vermindert. Dieser Verlust kann mit einem einfachen, aber zeitlich aufwändigen Verfahren deutlich verringert werden. Die Borke wird flächendeckend mit parallelen senkrechten Streifen eingeritzt.

Das Interesse und der Bedarf an Energieholz steigen seit einigen Jahren wieder deutlich an. Dies könnte in Zukunft in gewissen Waldgebieten zu einem Interessenskonflikt mit der Förderung von Totholz führen. Es wäre überlegenswert, das Thema Energieholznutzung und Biodiversität generell zu analysieren und bewerten.

Förderung von Kleinstrukturen

Zahlreiche Kleinstrukturen fördern das Habitat Angebot und damit auch die Biodiversität in Wäldern. Viele ökologisch wichtige Kleinstrukturen sind bereits an anderer Stelle beschrieben worden. Das gilt insbesondere für das Totholz und die Habitatbäume.

Weitere Kleinstrukturen wie zum Beispiel Ast- und Steinhaufen, Trockensteinmauern, Baumstrünke und Wurzelteller werden in einem eigenen Artikel «Kleinstrukturen» behandelt.

Auf weitere ökologisch wichtige Kleinstrukturen wird im Folgenden noch genauer eingegangen:

Kleingewässer

Zu Planung, Bau und Unterhalt von Kleingewässern liegt ein ausführlicher Artikel vor. Vor allem feuchte Waldtypen bieten in der Regel viele Möglichkeiten für die Schaffung von kleinen Gewässern bis zur Vernässung grösserer Senken.

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Von Hand angelegter kleiner Tümpel zur Förderung der Gelbbauchunke.

Findlinge und Felsbrocken

Wenn Findlinge oder Felsbrocken in Wäldern ausserhalb von Schuttstandorten auftreten, bieten sie besondere Kleinstandorte und Mikrohabitate an, welche sonst in diesem Lebensraum nicht vorkommen. Mit der Besiedlung durch spezialisierte felsbewohnende Pflanzen (insbesondere auch Flechten und Moose) oder Tiere (meist Invertebraten) wird dadurch die Biodiversität lokal erhöht.
Von besonderer Bedeutung sind zum Beispiel Findlinge aus silikatischem Gestein, welche im kalkreichen Mittelland oder Jura acidophilen Pflanzenarten exklusive Standortbedingungen bieten (z. B. Nordischer Streifenfarn, Asplenium septentrionale). Grosse Findlinge stehen im Mittelland heute oft unter Schutz und werden - im Gegensatz zu früher - nicht mehr zerstört. Eine gewisse Gefährdung besteht aber für ihre Besiedler durch Beschattung und Konkurrenz benachbarter Vegetation oder durch Sportkletterei.

Waldstrassen

Waldstrassen und vor allem ihre Ränder sind wertvolle Lebensräume insbesondere für licht- und wärmeliebende Pflanzen- und Tierarten. Die Bankette und anschliessenden Säume bilden mit ihrem mageren und lückigen Boden wertvolle Kleinhabitate, welche im angrenzenden Wald und oft auch im Landwirtschaftsgebiet kaum mehr zu finden sind. Die artenreichen Krautsäume und Strauchmäntel sind somit oft reich an seltenen Orchideen, Eidechsen, Heuschrecken- Mollusken- oder Tagfalterarten und können auch als Korridore für Reptilien und Äsungsquellen für das Wild dienen. Bei frisch-feuchten und nährstoffreichen Bodenverhältnissen entwickeln sich auch üppige Krautsäume oder Staudenfluren, welche eine ganz andere, aber ebenfalls artenreiche Flora und Fauna aufweisen. Waldstrassen mit Naturbelag weisen oft temporär mit Regenwasser gefüllte Pfützen auf, welche von bestimmten Tagfaltern als Saugstellen genutzt werden oder kurzfristig andere Kleintiere beherbergen können.
Wichtig ist eine ökologisch angepasste Pflegeplanung für den Unterhalt der Strassenränder. Je nach Zuständigkeit ist dafür der Forstdienst, die Werkgruppe einer Gemeinde oder auch eine Unterhaltsgenossenschaft verantwortlich.
Folgende Aspekte sind aus Sicht der Erhaltung und Förderung der Biodiversität besonders wichtig:

  • zeitlich und räumlich gestaffelt eingreifen, wobei möglichst spät gemäht und kleine Flächen stehen gelassen werden sollen
  • mähen statt mulchen, insbesondere wenn ein früherer Schnitt unumgänglich ist
  • Schnitthöhe auf 10 cm einstellen, um die Fauna zu schonen
  • ökologisch wertvolle Sträucher möglichst stehen lassen
  • invasive Neophyten vor dem Absamen entfernen

Literatur:

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Entlang von Waldstrassen kommen z. B. Waldeidechse (Zootoca vivipara) und Langblättriges Waldvögelein (Cephalanthera longifolia) vor. Eine Broschüre von Pro Natura Bern fasst das Relevante zur Schonung und Förderung des Artenreichtums an Waldstrassen zusammen.

Schlagfluren und Vorwaldgesellschaften

Nach der Entfernung der Baumschicht durch einen Holzschlag oder ein Sturmereignis stellt sich umgehend eine charakteristische krautige Schlagflur ein, welche den Beginn einer rasch ablaufenden natürlichen Sukzession darstellt. Die zuerst vorherrschende Krautflur zum Beispiel von Himbeeren, Tollkirschen und Erdbeeren wird nach wenigen Jahren von lichtliebenden Pioniergehölzen wie der Salweide, Holunder, Birke, Zitterpappel oder Vogelbeere überwachsen. Diese Übergangsgesellschaften werden dann nach einigen Jahren vom Wald als Schlussgesellschaft abgelöst.
Während die Flora in diesen Schlagfluren kaum besondere Arten aufweist, kann sich die Fauna durch viele und auch seltene Insekten- und Spinnenarten auszeichnen.
Schlagfluren sind wichtige und typische Teillebensräume des Waldes und sollten nicht zurückgeschnitten werden, auch wenn sie das Nachwachsen von Nutzhölzern zum Teil etwas verzögern. Die oben erwähnten Pioniergehölze sind für die Biodiversität sehr wichtig und sollten auch im aufwachsenden Schlusswald möglichst lange erhalten bleiben. Dazu müssen sie bei der Jungwaldpflege unbedingt geschont oder sogar etwas gefördert werden.
Ein gewisses Problem können invasive Neophyten wie die Kanadische Goldrute (Solidago ssp.), die armenische Brombeere (Rubus armeniacus) oder der Sommerflieder (Buddleja davidii) darstellen, welche von diesen hellen und nährstoffreichen Standortsbedingungen profitieren können.

Nistkästen im Wald

Nistkästen können in strukturarmen Wäldern temporär einen Ersatz für fehlende Bruthöhlen bieten. Davon profitieren nicht nur gewisse Vogelarten, sondern auch Fledermäuse oder Bilche. Ihre Verwendung ist aber sowohl aus ökologischer Sicht als auch in Bezug auf den nötigen Pflegeaufwand nicht durchwegs sinnvoll und empfehlenswert. Auf einer Präsentation von BirdLife Zürich «Vom Nistkasten zur Biodiversität» sind die wichtigsten Folgerungen zusammengefasst worden:

Erkenntnisse zur ökologischen Bedeutung von Nistkästen:

  • Nistkästen bringen vor allem in höhlenarmen Lebensräumen einen Mehrwert, d.h. in natürlichen und alten Wäldern sind Nistkästen weniger wichtig
  • Durch Zunahme der Spechte werden weitere Höhlen entstehen, die es zu sichern gilt
  • Es profitieren vor allem, aber nicht nur, häufige Arten (z.B. Kohlmeisen oder Blaumeisen)
  • geförderte Vogelarten könnten negativen Einfluss auf Raupen von seltenen Schmetterlingsarten haben

Empfehlungen zum sinnvollen Einsatz von Nistkästen:

  • in intensiv genutzten Wirtschaftswäldern nach wie vor sinnvoll
  • eher auf Spezialnistkästen für seltene Arten fokussieren, vor allem, um bereits bestehende Populationen zu fördern
  • Grosser Aufwand, um Nistkästen zu unterhalten und zu reinigen, deshalb Verwendung optimieren, inkl. Überprüfung, ob überhaupt und von welchen Arten die Nistkästen benutzt werden
  • Fledermäuse benötigen Spezialkästen
  • ökologisch langfristig sinnvoller ist primär die Förderung von Totholz und Habitatbäumen

In der Regel werden Nistkästen in den Wäldern von Natur- und Vogelschutzvereinen unterhalten.

Ausscheidung, Sicherung und Förderung von Auenwäldern

6.1.2 Weichholz-Auenwald Salicion albae 140808 057 96 dpi.jpg
Intakte Auenwälder benötigen in der Regel keine forstlichen Eingriffe. In nicht mehr vom Fluss beeinflussten Bereich sollen z. B. die typischen Arten der Aue gefördert werden.

Intakte Auenwälder werden primär durch die Flussdynamik mit periodischen Überschwemmungen und starken Schwankungen des Grundwasserstandes geprägt. Die unterschiedliche Überschwemmungsdauer und mechanische Wirkung des Flusswassers bedingen die typische Zonierung des gesamten Auenbereichs von der stark beeinflussten offenen Pionierzone über die Weichholzaue zur Hartholzaue (vgl. Kap. «Auen»).

Die Weichholzaue wird regelmässig und lange überflutet und ist dadurch auch stark der Auflandung und Erosion durch den Fluss ausgesetzt. Sie weisen einen sandigen und nährstoffreichen, aber eher humusarmen Boden auf. Im Mittelland besteht sie vor allem aus dem Silberweidenauenwald (EK43). Eine wichtige und schützenswerte Baumart ist hier neben der Silberweide (Salix alba) die einheimische Schwarzpappel (Populus nigra). Im oberen Bereich im Übergang zur Hartholzaue findet sich oft der Mittelland-Grauerlenwald (EK31), der aus fast artreinen Beständen der Grauerle (Alnus incana) und einer dichten Strauchschicht aufgebaut ist.

Die Hartholzauen werden nur von Spitzenhochwassern überflutet und sind viel weniger mechanischen Beanspruchungen ausgesetzt. Ein schwankender Grundwasserspiegel ermöglicht ein gutes Wachstum von nässetoleranten Baumarten wie der Esche, Bergulme oder Stieleiche.
In der montanen Stufe ab etwa 500 m ü. M. bleibt aus klimatischen Gründen der Silberweidenauenwald zurück und in den Bergtälern wird auch der gesamte Auenbereich schmaler und dafür in seiner ganzen Breite häufiger und intensiver überschwemmt. Die Hartholzauen haben somit keinen Platz mehr und der gesamte Auenwaldbereich wird nun vom Montanen Grauerlenwald (EK32) eingenommen.
Ein besonderes Juwel ist der Subalpine Lorbeerweiden-Auenwald in den Zentralalpen. Mit nur wenigen Hektaren Waldfläche säumt er insbesondere den Inn im Oberengadin und die Reuss im Urserental. Er ist dadurch ein Lebensraum mit höchster nationaler Priorität und weist den Rote Liste-Status CR (Vom Verschwinden bedroht) auf.

In den letzten 200 Jahren wurden in der Schweiz etwa 95 % der ursprünglichen Auenwälder vor allem im Zuge der grossen Flussverbauungen gerodet oder trockengelegt. Ein wesentlicher Teil der noch bestehenden Auenwälder sind seit 1992 ins Bundesinventar der Auen von nationaler Bedeutung aufgenommen worden und damit grundsätzlich geschützt.

Die Objekte der Auenverordnung wurden pflanzensoziologisch kartiert. Diese Vegetationskarten, sowie Karten zu Nutzungen und Eingriffen sind bei map.geo admin.ch mit dem Suchbegriff «Auen Vegetationskarten» einzeln einsehbar und können mit einem Link über die Objekt-Information als Pdf-Dateien heruntergeladen werden. Die kartierten Vegetationseinheiten beziehen sich auf die Kartierungseinheiten in Gallandat et al., 1993 (Kartierung der Auengebiete von nationaler Bedeutung).

Trotz des Schutzes durch das Bundesinventar sind in zahlreichen Auenwäldern die Standortsbedingungen nicht mehr intakt oder zumindest verbesserungswürdig. Dies gilt insbesondere mit Hinblick auf die Flussdynamik im Auenwaldbereich. Viele Waldflächen werden nicht mehr oder zu selten überschwemmt und oft hat sich auch der durchschnittliche Grundwasserspiegel zu weit abgesenkt. Dadurch fehlen die hydraulischen und mechanischen Faktoren, welche für die nachhaltige Existenz von Auenwaldökosystemen zwingend notwendig sind. Die wichtigste Massnahme zur Verbesserung dieser oft unbefriedigenden Zustände sind und Revitalisierungen von Fliessgewässern.

Intakte Auenwälder, welche noch von der Flussdynamik geprägt sind, benötigen in der Regel keine forstlichen Eingriffe und Pflegemassnahmen. Bemühungen für eine naturschonende Benutzerlenkung betreffen in erster Linie die offenen flussnahen Bereiche. Bei den Zugängen zu diesen Zonen sind aber oft auch Auenwaldbereiche betroffen.

Auch nicht mehr direkt vom Fluss beeinflusste ehemalige Auenwälder weisen oft noch wertvolle Strukturen oder typische Baumarten aus "besseren Zeiten" auf. In solchen Situationen können gezielte forstliche Eingriffe die fehlende Flussdynamik bis zu einem gewissen Grad simulieren und somit einen gewissen Auenwaldcharakter erhalten:

  • Aufnahme/Kartierung und Schutz von wertvollen Baumarten, die oft auch als Habitatbäume gelten können:
    • aus der Weichholzaue alte Silberweiden und andere Weidenbaumarten (Salix sp.), Schwarz- und Silberpappeln
    • aus der Hartholzaue alte Stieleichen, Bergulmen oder Eschen
    • alte Föhren und einzelne alte Fichten (ev. wichtig als Horstbäume für Graureiher usw.)
  • Entnahme von nicht auentypischen Baumarten, z.B.:
    • Fichtenbestände (vgl. aber oben), Buchenaufwüchse
  • Eliminierung von Neophyten
    • bei den Gehölzen v.a. Hybrid-/Kanadapappeln, Robinien
    • bei den Sträuchern und Stauden v.a. Sommerflieder, exotische Heckenkirschen-Arten (Lonicera ssp.), Kanadische Goldrute (Solidago ssp.), Armenische Brombeere (Rubus armeniacus)
  • Schaffung von Verjüngungsflächen für Lichtbaumarten (Weiden und Pappeln):
    • grössere Öffnungen mit kiesig-sandigem Rohboden, ev. mit Abschürfung der Humusschicht
  • Absenkungen durch Kiesentnahme für verstärkt vom Grundwasser beeinflusste Standorte oder Amphibienteiche

Neben einmaligen Eingriffen zu Beginn eines Förderungsprojektes handelt es sich zum grösseren Teil um periodisch zu wiederholende Pflegeeingriffe. Ein ideales Instrument ist deshalb die Einrichtung eines Sonderwaldreservates. Das Ziel kann aber auch mit anderen Fördermassnahmen zur Biodiversität erreicht und finanziert werden.

Ausscheidung, Sicherung und Förderung von Nass-, Moor- und Feuchtwäldern

Wälder auf feuchten und nassen Standorten zeichnen sich auch ausserhalb der Auen durch eine hohe Biodiversität vor allem mit spezialisierten und seltenen Arten aus. Durch Rodungen und Entwässerungen sind sie im Vergleich zur Naturlandschaft quantitativ wie qualitativ massiv reduziert worden. Ihre Erhaltung und Förderung ist als Massnahme M3.4 auch Teil der Förderung der Biodiversität im Schweizer Wald.

Dies gilt insbesondere für die Bruchwälder, welche vor allem im Mittelland zerstreut auf kleinen Restflächen mit dauernd vernässten Torfböden vorkommen. Der Seggen-Schwarzerlenbruchwald (EK44) besiedelt flache Mulden mit anstehendem und meist etwas basenhaltigem Grundwasser und flache Seeufer, während der Föhren-Birkenbruchwald (EK 45) vor allem sehr saure und basenarme Moorflächen besiedelt. Beide Nasswaldtypen werden in der Roten Liste der Lebensräume der Schweiz (2019) als «stark gefährdet» (EN) eingestuft. Bruchwälder benötigen grundsätzlich keine Pflegeeingriffe, solange der Wasserhaushalt stimmt. Andernfalls können durch Verbesserung der Wasserzufuhr durch die Aufhebung von Entwässerungsgräben bzw. durch gezielten Aufstau die Standortsbedingungen optimiert werden.

Die Hochmoor-Bergföhrenwälder (EK 71) und die Fichten-Moorrandwälder (EK 56) sind vor allem in den höheren Lagen des Juras und in den Nordalpen zu finden. Sie sind Teil der Hochmoorkomplexe und in der Regel im Rahmen der Bundesinventare der Hochmoore und Moorlandschaften grundsätzlich geschützt. Die Moorwälder weisen in der Regel eine bessere ökologische Qualität auf als die anderen, offenen Moorbereiche, welche trotz Schutzstatus oft degradierende Tendenzen aufweisen. Aktuelle Wirkungskontrollen zum Moorschutz weisen darauf hin, dass viele Moorböden in der Schweiz trockener und nährstoffreicher geworden sind und die Verbuschung zunimmt. Am ehesten kann auch in den Hochmoorwäldern ein gestörter Wasserhaushalt eine Veränderung der sehr spezifischen Gehölz- und Bodenvegetation verursachen. Sie werden in der Roten Liste der Lebensräume der Schweiz (2019) als «verletzlich» (VU) eingestuft. Weitere Informationen zum praktischen Schutz dieser Wälder siehe im Artikel zu den Feuchtgebieten (in Erarbeitung).

Feuchtwälder mit Eschen, Bergahornen, Bergulmen oder Stieleichen (EK 26/27/28/29/30, mit Untereinheiten) finden sich auf feuchten meist wasserzügigen Böden vor allem in Hangfusslagen, entlang von Bächen oder in staunassen Mulden über Grundmoräne. Alle diese Standorte schwächen mit ihrer erhöhten Bodenfeuchtigkeit die Konkurrenzkraft der sonst dominanten Buche und ermöglicht so die Existenz dieser sogenannten Edellaubwälder. Sie sind im Mittelland und angrenzenden Voralpen deutlich weiter und grossflächiger verbreitet als die Bruchwälder. Nährstoffreiche Böden mit hoher biologischer Aktivität, sowie erhöhte Boden- und Luftfeuchtigkeit äussern sich in einer üppigen Krautschicht mit zahlreichen Farnen und einer gut ausgebildeten, auch epiphytischen Moosvegetation. Diese Feuchtwälder sind wertvolle Amphibienhabitate für Grasfrosch, Erdkröte und Feuersalamander, aber auch spezialisierte Insekten- und Molluskenfauna. Die gute Bonität macht vor allem die Ahorn-Eschen-Hangfusswälder auch für die Produktion von Wertholz interessant.
Als Beeinträchtigungen des ökologischen Wertes dieser Waldstandorte sind vor allem frühere Entwässerungen, sowie die Gefahr von Bodenverdichtungen bei der Holzernte von Bedeutung. Wegen der guten Wuchsbedingungen stocken auf diesen Standorten oft auch Nadelholzforste mit Fichte oder Tanne.
Folgende Massnahmen dienen der Erhaltung und Förderung dieser Waldtypen:

  • Rückbau von Entwässerungen
  • Jahreszeitlich und organisatorisch angepasste vorsichtige Holzernte zur Minimierung von Bodenschäden.
  • Wertvolle Bereiche als Altholzinseln oder Schutzgebiete ausscheiden.
  • Erhaltung und Revitalisierung von Kleingewässern wie Waldbächen oder Quellaufstössen
  • Erstellung von Waldweihern, Teichen oder Tümpeln.
  • Umwandlung von naturfernen Beständen (Fichtenpflanzungen) in standortsgemässe Laubwälder.


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Wiedervernässung eines abgetrockneten Moorwaldes.

Schutz und Förderung von Arten

Im Kapitel Praxisrelevante Ökologie wird auf die ökologisch wertvollen Baumarten sowie auf die wichtigen Artengruppen im Wald eingegangen mit Hinweisen und Links zu deren Förderung. Wichtig ist insbesondere auch das Fazit zu Artengruppen und Arten im Wald.

Im Kapitel Grundlagen sind Angaben zu den Arten, die prioritär gefördert werden sollen.
Neben genügender Kenntnis der Vorkommen der Arten spielt auch die Beachtung der vorhandenen Informationen eine wichtige Rolle. Die Akteure im Wald sollen entsprechend sensibilisiert sein und wissen, wo sie sich informieren können. Auf der Webseite von Info Species können Daten abgefragt und Aktionspläne zu den einzelnen Arten bezogen werden. In die Datenbank des Projekts «Virtual Data Center VDC» werden seit 2014 die Fundorte sämtlicher Organismengruppen eingespeist, um sie bei naturschutzrelevanten Projekten zu berücksichtigen. Mit der Datenbank sollen insbesondere die Bedürfnisse der kantonalen Fachstellen abgedeckt werden. Diese Daten sind für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Angaben zum Artenschutz siehe auch in den Artikeln zu den Artengruppen

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Wie die Haselmaus gefördert werden kann, wird im Säugetier-Artikel aufgezeigt.

Problematik Schlagräumung und Holzhackhaufen

Nach einem Holzschlag bleiben nicht verwertbare Reste wie Strünke, Äste, Zweige oder Borke im Wald zurück. Oft bleiben diese Reste liegen und werden im Laufe der Jahre natürlich abgebaut.
In anderen Fällen werden sie aber zusammengetragen und manchmal verbrannt oder zu Hackschnitzeln verarbeitet. Dies insbesondere dann, wenn die Gefahr besteht, dass sich daraus potentielle Pilzkrankheiten und Schadinsekten in den bleibenden Bestand ausbreiten könnten oder grosse Restholzmengen die weitere Bewirtschaftung behindern. In anderen Fällen werden solche sogenannten Schlagräumungen auch nur aus ästhetischen Gründen zugunsten eines "sauberen" und ordentlichen Waldbildes durchgeführt.
Aus verschiedenen Gründen können Schlagräumungen problematisch sein. Dem Ökosystem Wald wird wertvolles Totholz entzogen sowie Humusbildung und natürlicher Nährstoffkreislauf eingeschränkt. Die Verbrennung des Abraums kann durch Rauch- und Schadstoffbildung beträchtliche Luftverschmutzung verursachen, insbesondere wenn frisches oder feuchtes Material verbrennt wird. Durch die Lufteinhalte-Verordnung (LRV) des Bundes ist das Feuern im Wald deshalb auch streng geregelt, kantonale und kommunale Vorschriften gehen oft noch weiter und verbieten das Verbrennen von Restholz im Wald vollständig.

Die Entscheidung für oder gegen Schlagräumung muss in jeden Fall differenziert beurteilt werden. Kriterien dazu sind etwa die Grösse des Holzschlages und die damit anfallende Menge von Restholz oder unterschiedliche ökologische und forstbetriebliche Bedingungen in Wäldern des Mittellandes oder im Gebirgswald. Besonders wichtig sind sicher Überlegungen zum Forstschutz in Bezug auf potentielle Pilz- oder Insektenschäden. Sowohl zur Schlagräumung als auch zur Verbrennung von Restholz sollte aber folgender Grundsatz gelten: Sowenig wie möglich, soviel wie nötig.

Eine wertvolle Entscheidungshilfe mit Informationen und Checkliste zu Pro und Contra Schlagräumung bietet das Merkblatt «Schlagräumung» (Forster et al., 1998).

Grundlagen

Rechtliche Grundlagen

Entstehung der Forstgesetzgebung in der Schweiz
Die seit dem Mittelalter fortschreitende Übernutzung und Zerstörung des Waldes führte vor allem im 19. Jahrhundert zu einer gravierenden «Krise des Waldes». Die damit verbundene mangelhafte oder fehlende Schutzfunktion führte unter anderem zu vermehrten Lawinenniedergängen und Steinschlägen, sowie sich wiederholenden Hochwasserkatastrophen und Versumpfungen. Ausserdem machte sich in vielen Regionen ein grassierender Holzmangel bemerkbar. Wichtige politische, wissenschaftliche und technische Veränderungen führten 1874 zum Verfassungsartikel und 1876 zum Bundesgesetz über die Oberaufsicht des Bundes über die Forstpolizei. Zuerst war diese nur auf das «Hochgebirge» beschränkt und wurde erst 1898 auf die ganze Schweiz ausgedehnt. Praktische Auswirkungen dieser ersten Gesetzgebung hielten sich allerdings in engen Grenzen. Erst das eidgenössische Forstpolizeigesetz von 1902 brachte den erfolgreichen Durchbruch. Die Hauptziele der Erhaltung und Vergrösserung der Waldfläche und des Holzvorrates wurden in den folgenden Jahrzehnten mit grossem Erfolg erreicht. Die wichtigsten Mittel waren ein Rodungs- und Kahlschlagverbot (im sog. Schutzwald), eine Planungs- und Kontrollpflicht, sowie ein Verbot von schädlichen Nebennutzungen. Dazu wurde die Waldfläche rechtlich in Öffentlichen Wald und Privatwald eingeteilt, sowie in Schutzwald und Nichtschutzwald. Die gesetzlichen Vorschriften waren dabei im Öffentlichen Wald und Schutzwald deutlich strenger als in den beiden anderen Kategorien.
Nach dem zweiten Weltkrieg veränderten sich die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen in der Schweiz noch einmal – immer ausgeprägter und schneller. Dies führte zu neuen Grundbedingungen, Ansprüchen und Problemen für den Wald und die Forstwirtschaft, auf welche mit dem Gesetz von 1902 nur noch ungenügend reagiert werden konnte. Erste Verbesserungen brachte die Vollzugsverordnung zum Forstpolizeigesetz von 1965. Sie enthielt erstmals eine rechtlich klare Definition von Wald und zum Begriff der Nachhaltigkeit, sowie eine klarere Regelung des Rodungsverbotes mit Ausnahmebewilligungen.

Der notwendige politische Druck und Wille zur Gesamtrevision der schweizerischen Forstgesetzgebung erfolgte dann in den 1980er-Jahren vor allem angesichts des «Waldsterbens» und der sich rasch verschlechternden finanziellen Situation der meisten Forstbetriebe.

Aktuelle Forstgesetzgebung
Sie trat 1993 in Kraft und umfasst insbesondere

Wichtige Neuerungen im Vergleich zum Forstpolizeigesetz (1902) sind unter anderem ein Zweckartikel, klare Definitionen, eine völlig überarbeitete forstliche Planung («Waldplanungsinstrumente») mit überbetrieblichen und betrieblichen Planungsinstrumenten, Festlegung von Vorrangfunktionen für alle Waldflächen.

Im Artikel wird der Zweck des Waldgesetzes (WaG) festgehalten:

  • die Erhaltung des Waldes «in seiner Fläche und in seiner räumlichen Verteilung»
  • den Schutz des Waldes «als naturnahe Lebensgemeinschaft»
  • die Erfüllung der Waldfunktionen, «namentlich seine Schutz-, Wohlfahrts- und Nutzfunktion»
  • die Förderung und Erhaltung der Waldwirtschaft
  • Schutz des Menschen und erheblicher Sachwerte vor Naturereignissen (Lawinen, Rutschungen, Erosion und Steinschlag)

Zur «Wohlfahrtsfunktion» werden unter anderem die Nutzung des Waldes als Freizeit- und Erholungsraum, die Regulierung von Luft- und Wasserhaushalt, die Kohlenstoffspeicherung, sowie die Bedeutung des Waldes für das Landschaftsbild und als uraltes und prägendes Kulturgut gezählt.

Für den Schutz des Waldes und von Waldflächen sind klare Definitionen für die Rechtsprechung auch aus Sicht des Naturschutzes wichtig. Es wird zwischen qualitativer und quantitativer Walddefinition unterschieden:

Qualitative Walddefinition
WaG Art. 2, Abs. 1: «1 Als Wald gilt jede Fläche, die mit Waldbäumen oder Waldsträuchern bestockt ist und Waldfunktionen erfüllen kann. Entstehung, Nutzungsart und Bezeichnung im Grundbuch sind nicht massgebend». Als Waldfläche gelten auch Weidewälder, Selven, Blössen, Forststrassen und forstliche Anlagen im Wald.
Explizit nicht als Wald gelten gemäss WaG Art. 2, Ziffer 3 unter anderem isolierte Baum- und Strauchgruppen, Hecken, Alleen, Garten- Grün- und Parkanlagen.

Quantitative Walddefinition
Gemäss WaG Art. 2, Abs. 4 können die Kantone innerhalb eines Bereiches, welcher in der WaV Art. 1 Abs. 1 festgelegt ist, bestimmen, ab welcher Fläche, Breite ein bestockter Bestand bzw. ab welchem Alter eine einwachsen-de Fläche als Wald gilt:

  • Minimale Waldfläche: 200-800 m2,
  • Minimale Waldbreite: 10-12m
  • Minimales Alter der Bestockung einer Einwuchsfläche:10-20 Jahre

Die meisten Kantone haben den oberen Grenzwert dieser Bereiche in ihre Forstgesetzgebung übernommen. Zu beachten ist dabei auch WaV Art. 1, Abs. 2: «Erfüllt die Bestockung in besonderem Masse Wohlfahrts- oder Schutzfunktionen, so gilt sie unabhängig von ihrer Fläche, ihrer Breite oder ihrem Alter als Wald.»

Somit gilt in der Schweiz grundsätzlich ein dynamischer Waldbegriff. Offene, insbesondere auch nicht mehr oder zu extensiv genutzte Landwirtschaftsflächen werden zu Wald, wenn darin aufwachsende Gehölze das oben erwähnte Minimalalter überschritten haben. In folgenden Fällen gilt hingegen ein statischer Waldbegriff: In den Bauzonen ist pro Gemeinde in einer «Waldfeststellung» definitiv festgehalten, welche Flächen als Wald ausgeschieden sind. Nachträglich einwachsende Bestockungen gelten dann rechtlich nicht als Wald (WaG Art. 10. Abs. 2, Art. 13, Abs. 2, WaV Art. 12). Seit 2013 können die Kantone auch ausserhalb der Bauzonen Gebiete festlegen, in welchen eine Zunahme des Waldes verhindert werden soll. Neu einwachsende Flächen gelten auch hier nicht als Wald gemäss Waldgesetz. Solche Gebiete müssen im kantonalen Richtplan bezeichnet werden (WaV Art. 12a)

Zum Schutz des Waldes und der Erhaltung der Waldfläche gilt seit dem Forstpolizeigesetz von 1902 ein grundsätzliches Rodungsverbot. Als Rodung gilt die dauernde oder vorübergehende Zweckentfremdung von Waldboden (WaG Art. 4). Rodungen sind grundsätzlich verboten, für Ausnahmebewilligungen müssen «wichtige Gründe bestehen, die das Interesse an der Walderhaltung überwiegen» und genau umschriebene Voraussetzungen erfüllt sein (WaG Art. 5).

Eine umfassendere Revision des Waldgesetzes wurde 2007 vom Bundesparlament verworfen. Den einen gingen die Änderungen und teilweisen Lockerungen von Vorschriften zu weit und anderen zu wenig weit. Seither sind nur kleinere Gesetzesänderungen mit Anpassungen in der Verordnung vorgenommen worden.

Die rechtlich relevanten Artikel der Waldgesetzgebung (WaG und WaV) zum Naturschutz und der Erhaltung der Biodiversität sind hier tabellarisch zusammengestellt (Quelle: Bafu, 2015: Biodiversität im Wald; Ziele und Massnahmen, S.34)

Weitere rechtlich relevante Grundlagen des Bundes zum Naturschutz und Biodiversität im Wald finden sich vor allem auch im Natur- und Heimatschutzgesetz (NHG mit Verordnungen und Inventaren), im Jagdgesetz (JG) und in der Umweltschutzgesetzgebung (USG und Verordnungen).

Zahlen zum Wald: Forststatistik und Landesforstinventar LFI

Statistische Erfassungen zum Zustand des Waldes haben in der Schweiz eine lange Tradition. Ein wichtiger Grund für die regelmässige Befragung der Forstbetriebe war von Anfang an vor allem die Kontrolle der Nachhaltigkeit in der Holzproduktion, sowie der Entwicklung der Waldflächen und des Holzvorrates. Mit der Einführung des Landesforstinventars LFI ab den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts ermöglicht nun eine viel umfassendere Datenerfassung eine Vielzahl von detaillierten Aussagen über den aktuellen Zustand und Dynamik des Waldes und erlaubt auch genauere Prognosen zu seinen Entwicklungstendenzen.

Diese Daten werden mit detaillierten Informationen regelmässig in der Publikation «Waldbericht» für die Öffentlichkeit zusammengefasst. Die letzte Ausgabe erschien 2015.

Seit 1887 befragt die Schweizerische Forststatistik jährlich alle Forstbetriebe der Schweiz. Diese Daten werden vom Bundesamt für Statistik BFS ausgewertet und publiziert. Eine übersichtliche und handliche Zusammenfassung wird jedes Jahr in der «Taschenstatistik-Forstwirtschaft der Schweiz» veröffentlicht. Eine umfangreiche Publikation dieser und weiterer Daten zu Wald und Forstwirtschaft wird vom BAFU alljährlich als «Jahrbuch Wald und Holz» herausgegeben.

Mit dem Schweizerischen Landesforstinventar (LFI) werden seit 1983/85 Zustand und Veränderungen des Schweizer Waldes erfasst. Mit einer systematischen Stichprobeninventur werden in der Schweiz Daten über Bäume, Baumbestände, Probeflächen und Daten aus der Befragung des lokalen Forstdienstes erhoben. Publiziert werden unter anderem Ergebnisse zu Waldfläche, Stammzahl, Vorrat, Zuwachs, Nutzung und der biologischen Vielfalt (Zitat aus LFI). Bisher wurden vier Inventare (LFI1 bis LFI4) im ganzen Schweizer Wald durchgeführt, ausgewertet und deren Resultate publiziert. Die Ergebnisse von LFI4 sind in Brändli et al (2020) umfassend und informativ aufgearbeitet und können interaktiv abfragt werden. Im Artikel «Entwicklung der Strukturindikatoren und Gehölzartenvielfalt im Schweizer Wald – Ergebnisse aus 30 Jahren Landesforstinventar LFI» (in: Bollman (Red.), 2020) werden ausgewählte Resultate des LFI beleuchtet. hier bin ich Wichtige Zahlen zum Schweizer Wald (Quelle LFI4):

Waldfläche:

  • 32 % der Gesamtfläche der Schweiz sind bewaldet.
  • Die regionalen Unterschiede erstrecken sich von 24,4 % im Mittelland bis 54,2 % auf der Alpensüdseite.
  • Die Waldfläche der Schweiz hat seit 1983/85 insgesamt um 11,0 % zugenommen.
  • Die regionalen Unterschiede schwanken von nur 0,9 % Zunahme im Mittelland bis 20,3 % im Alpenraum.
  • 69 % des Schweizer Waldes gehören öffentlichen Waldbesitzern, 31 % Privateigentümern

Naturwert und Biotopwert:

  • 21 % der Waldfläche müssen wegen ihres nicht standortgemässen Nadelholzanteils als naturfern bis sehr naturfern deklariert werden.
  • 19 % der Waldfläche sind naturnahe Laubwälder und 35 % gehören zum natürlichen Nadelwaldareal.
  • 56 % der Waldfläche weisen einen hohen Naturwert auf (vgl. Abb. 230)

Angaben zu den Baumarten des Waldes sind im Kapitel «Artengruppen und Arten des Waldes» aufgeführt, zum Totholz im Kapitel «Ökologisch wertvolle Strukturen».

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Anteil Waldfläche mit hohem Biotopwert; * / ** / *** gleiche Wirtschaftsregion

Kurzer Abriss zur Wald- und Forstgeschichte

Am Ende der letzten Eiszeit vor etwa 12'000 Jahren war das Gebiet der Schweiz weitgehend baum- und waldfrei. Die nacheiszeitliche Erwärmung erfolgte mit deutlichen Schwankungen und einigen Temperaturrückschlägen bis zu einem Wärmemaximum vor etwa 6000 Jahren. Vor etwa 2500 Jahren wurde das Klima wieder etwas kühler und feuchter. Parallel dazu erfolgte eine Wiederbesiedlung der Landschaft durch eine charakteristische Abfolge von Waldtypen:

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Waldentwicklung seit der letzten Eiszeit (Quelle: Hutter et al., 1995: Wälder, Hecken und Gehölze)

Die Wiederbesiedlung mit Bäumen und Waldvegetation erfolgte in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren:

  • physiologische Ansprüche der einzelnen Baumarten an Licht, Wärme und Boden
  • Konkurrenzbedingungen unter den Baumarten
  • regionale-lokale Klimabedingungen
  • Entfernung der kaltzeitlichen Refugien
  • Ausbreitungsgeschwindigkeit der Samen

Die ersten Wälder bildeten die anspruchslosen Pionierbaumarten Föhre und Birke, welche in nicht allzu weiter Entfernung die Eiszeit überdauern konnten. Die nachfolgenden, bzgl. Standortsqualitäten anspruchsvolleren Baumarten verdrängten jeweils grossflächig die vorher herrschenden Waldtypen mit Ausnahme von extremeren Standorten, welche den bisherigen anspruchsloseren Baumarten vorbehalten blieben. So konnten sich auf solchen ungünstigen und oft kleinflächigen Standorten Reliktgesellschaften bis in die Gegenwart erhalten. Dazu gehören etwa grasige Föhrenwälder aus der präborealen Föhrenzeit auf den Molassesteilhängen im Mittelland oder schlechtwüchsige lichte Traubeneichenwäldchen aus der Eichenmischwaldzeit des Atlantikums auf flachgründigen und felsigen Juraböden. Sie bilden bis heute besondere Lebensgemeinschaften von hohem naturschützerischem Wert.
Menschliche Kulturen begannen ab dem Neolithikum immer stärker den Naturwald durch Rodungen, Waldweide usw. zu zerstören und umzuwandeln. Mit zunehmender Bevölkerungsdichte wurde vor allem seit dem Mittelalter immer mehr Waldfläche gerodet oder zumindest völlig übernutzt. Die dadurch entstandenen lichten und lückigen Bestände ergaben neue Lebensräume für zahlreiche licht- und wärmeliebende Pflanzen und Tiere, welche im Vergleich zum früheren Naturwald insgesamt zu einer höheren Biodiversität führten.
Andererseits verloren diese ausgebeuteten Wälder ihre Schutzfunktion gegen Naturgefahren und konnten auch die Bevölkerung nicht mehr mit genügend Holz versorgen. Diese gravierenden Probleme und Nöte führten dann im Verlauf des 19. Jahrhunderts zu einer strengen Forstgesetzgebung (vgl. Kap. Rechtliche Grundlagen.

Höhenstufen, Waldstandorte und Pflanzensoziologie

Die natürliche Verbreitung der Baumarten und Waldgesellschaften widerspiegelt deren Standortsansprüche, aber auch ihre Konkurrenzfähigkeit und das Resultat ihrer Einwanderungsgeschichte seit Ende der letzten Eiszeit.
Ändernde Standortsbedingungen, die vor allem klimatisch bedingt sind, zeigen sich insbesondere bei der vertikalen Abfolge der sogenannten «Höhenstufen», welche meist durch einen klaren Wechsel von charakteristischen Baumarten und Wuchsformen geprägt sind. Die durchschnittliche Abnahme der Jahresmitteltemperatur um ca. 0.5-0.6 °C pro 100 Höhenmeter führt zu der wohlbekannten Abfolge von wärmeliebenden Laubwäldern über Buchen- und Buchenmischwälder zu reinen Nadelwäldern und der oberen Wald- bzw. Baumgrenze. Ein weiteres bekanntes Phänomen ist der Anstieg der Stufengrenzen und der oberen Waldgrenze im kontinentaleren Bereich der Zentralalpen.
Der folgende N-S-Querschnitt durch die Alpen zeigt die Höhenstufen mit der Verbreitung der Hauptbaumarten (Quelle: NaiS, Anhang 2A, Abb. 4)

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Abfolge der Höhenstufen mit den charakteristischen Baumarten.


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Verteilung der Höhenstufen in der Schweiz. In dieser Abbildung aus Brändli, 2010 (LFI3-Ergebnisse der dritten Erhebung 2004 –2006) sind im Vergleich zum Querschnitt oben die kolline und submontane, sowie die hochmontane und subalpine Stufe zusammengefasst:


Wichtigste Waldtypen der Schweiz und ihre Verbreitung Die natürliche, vom Regionalklima geprägte Waldvegetation der Schweiz (zonale Vegetation) wird auf den verschiedenen Höhenstufen vor allem durch folgende Waldtypen gebildet:

  • Kolline Stufe: Eichen-Hagebuchenwälder (lokal z.B. bei Genf und Basel), trockene Eichenwälder (im Zentralwallis), Kastanienmischwälder (auf Silikat auf der Alpensüdseite) und Hopfenbuchenwälder (auf Kalk und Dolomit im Südtessin).
  • Submontane Stufe: Buchenmischwälder mit Eichen, Eschen usw. (weit verbreitet in tieferen Lagen von Jura und Mittelland)
  • Untermontane Stufe: oft reine Buchenwälder (verbreitet im Mittelland, in den Voralpen und im Tessin)
  • Obermontane Stufe: Buchen-Tannen (weit verbreitet in mittleren Lagen im Jura und den Voralpen), und Ahorn-Buchenwälder (lokal in oberen Höhenlagen)
  • Hochmontane Stufe: Tannen- und Tannen-Fichtenwälder (v.a. am Alpennordhang, oft vernässte Böden), inneralpin auch trockenere Fichten- und Waldföhrenwälder
  • Subalpine Stufe: Fichtenwälder (weit verbreitet in der oberen Waldstufe der Alpen, bilden am feuchten Nordalpenrand die Waldgrenze).
  • Obersubalpine Stufe: Arven- Lärchenwälder, oberste Stufe in den Zentralalpen, wo sie die Waldgrenze bilden, z.B. im Wallis und in Graubünden).

Diese Haupttypen werden je nach ihrem Standort weiter differenziert; bei den Buchen- oder Fichtenwäldern z.B. unterscheidet man Typen, die auf sauren, basischen, trockenwarmen sowie frischen nährstoffreichen Böden vorkommen. In den klimatisch milden Gebieten und auf trockenen flachgründigen Standorten kommen Waldtypen vor, die eigentlich für die submediterrane Klimazone typisch sind. Man rechnet sie deshalb zu der sog. extrazonalen Vegetation. Dazu gehören z.B. die Trauben- und Flaumeichenwälder im Unterwallis, am Jurasüdfuss und im Südtessin, dort auch Blumeneschen-Hopfenbuchenwälder. Ausserdem gibt es Waldtypen, die ihre Existenz besonderen Standorteigenschaften verdanken (azonale Vegetation), z.B. die periodisch überfluteten Auenwälder entlang der Flüsse, sowie Linden- und Ahorn- Mischwälder auf Schutthängen (v.a. Jura, Alpennordhang, Tessin) oder Wald- und Bergföhrenwälder an sonnig-trockenen Schutthängen (v.a. inneralpin mit kontinentalerem Regionalklima).

Zur anschaulichen Darstellung der Vorkommen von Waldgesellschaften einer Region in Abhängigkeit der beiden oft wichtigsten Standortsfaktoren Bodenfeuchtigkeit und Boden-pH eigen sich sogenannte Ökogramme oder Toposequenzen sehr gut.

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Ökogramm der Waldgesellschaften im Mittelland (submontane Stufe)

National prioritäre Lebensräume NPL und Arten NPA im Wald, Rote Listen

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Der Erlenbruchwald als Beispiel eines national prioritären Lebensraums.

Die Publikation «Liste der National Prioritären Arten und Lebensräume» (BAFU, 2019) beinhaltet eine aktualisierte Übersicht über die National Prioritären Arten (NPA) sowie über die National Prioritären Lebensräume (NPL). Darin einbezogen ist auch die erste «Rote Liste der Lebensräume der Schweiz» (Delarze et al. 2016). Beide Publikationen beziehen sich primär auf die Lebensraumtypen der Schweiz (TypoCH-Klassifizierung) von Delarze et al. 2015. Bei den Wäldern wurden als Basis auch noch die standörtlich genauer gefassten 121 Waldgesellschaften evaluiert. Einen zentralen Teil dieser Vollzugshilfe bilden die zwei umfassenden digitalen Listen zu den National prioritären Arten und den National prioritären Lebensräumen:

Rote Liste der Waldtypen und Waldgesellschaften
Die Rote Liste der Lebensräume der Schweiz (Delarze et al., 2016) beurteilt 13 von 34 Wald-Lebensraumtypen (also 39 %) als gefährdete Lebensräume mit CR-, EN- oder VU-Status. Für die Wälder wurden auch die standörtlich genauer gefassten Waldgesellschaften entsprechend kategorisiert (Anhang A3 lit.cit). Hier werden 67 von 121 Waldgesellschaften (55,4 %) als gefährdet eingestuft. Es handelt sich dabei in der Regel um kleinflächig auftretende Wälder auf besonderen Standorten. Aufgrund von geschätzten Flächenanteilen der einzelnen Waldgesellschaften in der Schweiz in Steiger 2010, S. 389ff belegen sie höchstens 5 % der gesamten Waldfläche in der Schweiz.

National prioritäre Lebensräume
18 von 34 Typen (53 %) des Lebensraumbereiches Wald (TypoCH) sind national prioritär. Damit liegen sie im Vergleich mit den andern Lebensraumbereichen etwa im Mittelfeld und im gleichen Grössenbereich wie die Landwirtschaftsflächen (Grünland):

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Anteil der national prioritären Lebensräume pro Lebensraumbereich. Prozentualer Anteil der Prioritätskategorien und Anzahl beurteilte Lebensraumtypen (nach TypoCH von Delarze et al. 2015). Quelle: «Liste der National Prioritären Arten und Lebensräume» (BAFU, 2019)

Bei den Waldlebensraumtypen mit sehr hoher und hoher Priorität (27 %) handelt es sich vor allem um Auenwälder und Moorwälder, Föhrenwälder sowie wärmeliebende Laubmischwälder. Sie alle wachsen auf besonderen Standorten und sind in der Regel auf kleine Flächen beschränkt. Die vollständige Liste findet sich in «Liste der National Prioritären Arten und Lebensräume» (BAFU, 2019)

National prioritäre Waldgesellschaften
Von den 121 Waldgesellschaften sind 82 (68 %) national prioritär.

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National prioritäre Waldgesellschaften: Von den 121 Waldgesellschaften sind 82 (68 %) national prioritär. Quelle: «Liste der National Prioritären Arten und Lebensräume» (BAFU, 2019)

Die Beurteilung der nationalen Prioritäten auf der Ebene der Waldgesellschaften ermöglicht eine viel feinere Beurteilung und genauere Rückschlüsse auf die Verbreitung und die prägenden Standortsfaktoren der betroffenen Gesellschaften. Unter den Waldgesellschaften mit sehr hoher oder hoher nationaler Priorität (40 %) finden sich neben solchen aus den oben erwähnten Waldlebensraumtypen auch weitere Gruppen von besonderen Waldstandorten. Dazu gehören insbesondere verschiedene Laubmischwälder mit Eichen, Ahornen oder Linden von Fels- oder Schuttstandorten, sowie Waldgesellschaften aus den tiefen und mittleren Lagen der Alpensüdseite. Gebirgsnadelwälder sind mit Ausnahme von Bergföhrenwäldern unter den Gesellschaften mit höherer Priorität zu finden. Die vollständige Liste findet sich in der «Liste der National Prioritären Arten und Lebensräume» (BAFU, 2019)

Internationale Verantwortung der Schweiz für Waldgesellschaften
Die Schweiz trägt bei den Waldtypen (TypoCH-Einheiten) eine hohe internationale Verantwortung für den endemischen kontinentalen Steppen-Föhrenwald (Verband 6.4.3 Ononido-Pinion), den Alpen-Weidenauenwald (6.1.3.1) und den subkontinentalen kalkreichen Föhrenwald (Geissklee-Föhrenwald, 6.4.2.1). Sie trägt aber auch Verantwortung für die momentan nicht als gefährdet eingestuften Einheiten Kalkreicher Bergföhrenwald (6.6.5.2), Lärchen-Arvenwald (6.6.3) und Lärchenwald (6.6.4).
Bei den Waldgesellschaften trägt die Schweiz die alleinige Verantwortung (sehr hohe Verantwortung) für drei endemische, also nur hier vorkommende Gesellschaften. Ihr Aussterben in der Schweiz wäre ein weltweiter Verlust. Dies gilt für den Edelgamander-Traubeneichenwald (40 Teucrio-Quercetum), den Zahntrost-Föhrenwald (65* Odontito-Pinetum) sowie den Erdseggen-Engadinerföhrenwald (67* Carici humilis-Pinetum engadinensis), die zugleich auf der Roten Liste stehen. Weitere 15 national prioritäre Waldgesellschaften sind von zweithöchster Verantwortung (mit Schwerpunkt im Alpenbogen), deren Verbände (TypoCH) ebenfalls gefährdet sind. (Quelle: Bafu 2019).


Repräsentanz der Waldgesellschaften in Waldreservaten
30 der 77 National Prioritären Waldgesellschaften (NPA) sind im Waldreservatsnetz der Schweiz gut vertreten (Kategorie A), keine Gesellschaft sehr gut (AA). 8 NPA sind in den Waldreservaten schlecht (BB) und 12 gar nicht vertreten (C). Quelle: ∂- Bafu_UV1503/Tab A2-1, p155ff-Waldges ->Spalte R-CH (Skala AA, A, B, BB und C)

Schützenswerte Lebensraumtypen gemäss NHV
19 von 34 Wald-Lebensraumtypen (TypoCH) sind in der Liste der schützenswerten Lebensraumtypen nach NHV/Anhang1 aufgeführt.

Bedarf nach Aufwertungsmassnahmen/Massnahmenbedarf
20 von 34 Wald-Lebensraumtypen (TypoCH) weisen in Bezug auf die ganze Schweiz einen klaren Bedarf nach Aufwertungsmassnahmen auf (Code 2). 30 von 121 Waldgesellschaften weisen einen klaren Bedarf nach Aufwertungsmassnahmen (Code 2) und 31 Gesellschaften einen unsicheren Bedarf (Code 1) auf. Von den 18 national prioritären Wald-Lebensraumtypen weisen 78% einen klaren Massnahmenbedarf, von den 82 national prioritären Waldgesellschaften 33 % einen klaren und 35 % einen unsicheren Massnahmenbedarf auf.

Regenerationszeit
Damit ist die "Entwicklungszeit oder Regenerationsdauer nach einer starken Störung des Lebensraumes" gemeint (Delarze et al. 2016, Rote Liste der Lebensräume der Schweiz). Die meisten Wald-Lebensraumtypen (TypoCH) weisen eine Regenerationszeit von 50 bis 200 Jahren (Code 5) auf. Der Hainsimsen-Buchenwald (6.2.3), zwei Eichenwaldtypen (6.3.4, 6.3.6), der Kastanienwald (6.3.7) und der Lärchen-Arvenwald (6.6.3) brauchen über 200 Jahre (Code 6) um zu regenerieren. Nur die drei Auenwaldtypen (6.1.2, 6.1.3 und 6.1.3.1) regenerieren zwischen 10 und 50 Jahres (Code 3 oder 4).

Seltene Waldgesellschaften
Der Begriff der seltene Waldgesellschaft ist nicht klar definiert und tabelliert. Einen Hinweis gibt das Kriterium B (geringes Vorkommen bzw. Seltenheit) in der Roten Liste der Waldgesellschaften. Praktisch alle Waldgesellschaften mit einem RL-Status (VU, EN oder CR), d.h. 67 von 121 Waldgesellschaften weisen eines der B-Kriterien auf. In £- Steiger 2010 sind in einer Tabelle alle Waldgesellschaften der Schweiz nach ihren geschätzten Flächenanteilen zusammengestellt. Von insgesamt 109 Waldgesellschaften sind 38 der Kategorie «Sehr selten» mit Flächenanteilen von 0,1, bis 0,02 % und 12 Gesellschaften der Kategorie «Extrem selten» mit Flächenanteilen von maximal 0,01 % zugeteilt. Viele dieser Waldgesellschaften weisen besondere und extreme Standortsbedingungen auf, welche nur selten und meistens kleinflächig auftreten.

National prioritäre Arten - Lebensraumbereich Wald
In «Biodiversität im Wald: Ziele und Massnahmen» werden 1582 National Prioritäre Waldarten definiert. Darunter hat es zahlreiche Arten, denen die allgemeine Lebensraumförderung nicht genügt, sondern artspezifische Fördermassnahmen benötigen. In «Liste der National Prioritären Arten und Lebensräume» (BAFU, 2019) sind die 1472 national prioritären Arten des Lebensraumbereiches Wald wie folgt auf die 4 Prioritätsstufen verteilt: Prio1: 6%, Prio2: 13%, Prio3: 34%, Prio4: 46%

Waldzielarten
Die Liste der national prioritären Waldzielarten findet sich in «Biodiversität im Wald: Ziele und Massnahmen», Liste A2-2, S. 160 ff bzw. in der "Digitalen Liste der National Prioritären Arten" (Bafu 2019). Es handelt sich um 307 Waldzielarten, welche spezifische, gezielte Fördermassnahmen benötigen. Die Artenzahlen verteilen sich wie folgt auf 14 Organismengruppen: Säugetiere 3, Fledermäuse 12, Vögel 14, Reptilien 5, Amphibien 7, Käfer 34, Schmetterlinge 11, Libellen 1, Heuschrecken 1, Landschnecken 3 (nur in der digitalen Liste aufgeführt), Gefässpflanzen 44, Moose 11, Flechten 134 (Baum- und Erdbewohnende Flechten), Grosspilze 27.

« Zur Förderung der Waldzielarten braucht es gezielte spezifische Massnahmen auf Förderflächen oder im Rahmen der naturnahen Waldbewirtschaftung. Es empfiehlt sich, Förderflächen mit dem Instrument der Sonderwaldreservate längerfristig zu sichern. Die Sonderwaldreservate werden mittels eines Vertrages mit dem Eigentümer (Vertragsnaturschutz; für SWR in der Regel auf 25 Jahre mit Verlängerungsoption), mittels Schutzgebietsverordnungen und/oder mittels Regierungsratsbeschlüsse rechtlich verankert. So kann vermieden werden, dass durch Nutzungswechsel die durchgeführten Massnahmen wirkungslos bzw. aufgehoben werden.» (Quelle: «Biodiversität im Wald: Ziele und Massnahmen», S.134)

Angaben zu Arten siehe auch Kap. «Artengruppen und Arten des Waldes»

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Beispiele von national prioritären Arten: Eremit (Osmoderma eremita), Grosser Eisvogel (Limenitis populi), Rudolph-Trompetenmoos (Tayloria rudolphiana), Diptam (Dicatamnus albus)

Waldbauliche Begriffe, Waldstrukturen und Bestandesaufbau

Bestand
«Als Bestand bezeichnen wir einen Waldteil, der sich durch seine Baumartenzusammensetzung, sein Alter usw. von seiner Umgebung wesentlich unterscheidet. Er ist so gross, dass eine selbständige, langfristige Zielsetzung möglich ist (> 50 Aren). Der Bestand bildet in der Regel die kleinste Inventur und Planungseinheit.» (Bachmann, 2002)

Entwicklungsstufen
Bestände unterscheiden sich während ihrer Entwicklung sehr deutlich beim Wachstums- und Konkurrenzverhalten. Das bedingt je nach Entwicklungsphase im Wirtschaftswald angepasste Pflegemassnahmen und Durchforstungseingriffe. Auch die nutzbaren Sortimente, Aufwand und Ertrag der Holzernte ändern sich völlig im Laufe einer Bestandesentwicklung. Die zweckmässig zu unterscheidenden Etappen in der Entwicklung eines Waldbestandes werden «Entwicklungsstufen» genannt. Sie werden im Forstdienst international verwendet.

In der Schweiz werden auf Bundesebene (bei LFI, NaiS, WSL und den Bildungsinstitutionen ETH, HAFL, Codoc usw.) die folgenden Entwicklungsstufen verwendet. Unter «ddom» wird der BHD (Brusthöhendurchmesser, gemessen in 1,3 m Höhe) der 100 stärksten Bäume pro ha verstanden:

  • Jungwuchs/Dickung ddom < 12 cm
  • Stangenholz ddom = 12–30 cm
  • schwaches Baumholz ddom = 31–40 cm
  • mittleres Baumholz ddom = 41–50 cm
  • starkes Baumholz ddom > 50 cm

Gewisse Unterschiede bei der genauen Definition der einzelnen Entwicklungsstufen gibt es vor allem bei den Durchmesserbereichen und -grenzen bei den Stangenholz- und Baumholz-Stufen. Dies gilt sowohl für gewisse kantonale Einteilungen wie auch im internationalen Vergleich.

Vertikal- und Horizontalstruktur von Waldbeständen
Mit folgenden Fachbegriffen wird der Bestandesaufbau von Waldbeständen beschrieben: Im vertikalen Aufbau wird der Baumbestand in die drei Schichten Oberschicht OS, Mittelschicht MS und Unterschicht US eingeteilt. Referenzhöhe ist die Oberhöhe, d.h. die mittlere Höhe der 100 stärksten Bäume und Sträucher pro Hektare. Dies entspricht ungefähr dem visuellen Eindruck einer Bestandeshöhe.

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Schichtung des Waldes in Ober-, Mittel- und Unterschicht (Quelle: Düggelin et al. 2020, Schweizerisches Landesforstinventar. Anleitung für die Feldaufnahmen der fünften Erhebung 2018–2026. WSL Ber. 90)


Die Vertikalstruktur eines Bestandes ist oft standortstypisch, kann aber auch durch forstliche Eingriffe verändert sein. Sie ist auch für die Lebensraumqualität von Bedeutung (Lichtverhältnisse, Strukturreichtum).

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Verschiedene Schicht- und Strukturtypen des Waldes (Quelle: Düggelin et al. 2020, Schweizerisches Landesforstinventar. Anleitung für die Feldaufnahmen der fünften Erhebung 2018–2026. WSL Ber. 90)

Mit dem sogenannten Schlussgrad (oder Deckungsgrad) wird die horizontale Bestandesstruktur mit der Anordnung der Baumkronen (in der Projektion) beschrieben. Er macht Angaben über den Standraum der Bäume und die Konkurrenzverhältnisse in einem Bestand. Aus waldbaulicher Sicht lässt sich im Wirtschaftswald aufgrund des Kronenschlusses die Dringlichkeit für Durchforstungseingriffe ableiten. Ökologisch beeinflusst der Schlussgrad die Licht- und Wärmeverhältnisse, aber auch das Niederschlagsregime (Anteil der Interzeption) im ganzen Kronenraum und v.a. auch im Bereich des Waldbodens. Bestimmte standörtlich meist extremere Waldgesellschaften sind von Natur aus offener und lichter; auf gut wüchsigen Standorten bilden die Baumkronen über längere Phasen ein geschlossenes Dach und lassen nur wenig Licht zum Waldboden durch. In solchen Fällen führen forstliche Eingriffe (Durchforstungen) oder Ereignisse (Sturm, Schädlingsbefall, etc.) zu geringeren Schlussgraden. Zur Förderung von «lichten Wäldern» aus naturschützerischen Gründen ist die Reduktion des Schlussgrades durch Eingriffe in der Baumschicht eine zentrale Massnahme.

Die Begriffe zur Beschreibung des horizontalen Schlussgrades sind im Forstdienst allgemein gebräuchlich und werden auch im Landesforstinventar LFI so verwendet ((siehe S. 206 bis 208 aus Düggelin et al. 2020, Schweizerisches Landesforstinventar. Anleitung für die Feldaufnahmen der fünften Erhebung 2018–2026. WSL Ber. 90)

Verjüngungsformen
Für die Verjüngung im Wald werden verschiedene Verfahren eingesetzt. Sie unterscheiden sich vor allem in der Grösse, Form und Häufigkeit der Eingriffe zum Aushieb der Bäume im Altbestand. Beim Kahl-, Schirm-, Saum- und Femelschlag finden die Eingriffe flächig statt, bei der Plenterung und im Dauerwald einzelstammweise. Der folgende schematische Überblick zeigt Grundformen der Waldverjüngung, die dann oft auch in Kombination angewendet werden.

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Grundformen der Waldverjüngung (Quelle: Mayer H., 1992: Waldbau auf soziologisch-ökologischer Grundlage)

Kahlschlag ist in der Schweiz grundsätzlich verboten, für besondere waldbauliche Massnahmen können die Kantone aber Ausnahmen bewilligen (WaG § 22). Am häufigsten wird im Schweizerwald der Femelschlag verwendet. Seit einiger Zeit scheint sich vor allem in den Laubwäldern des Mittellandes die Dauerwaldbewirtschaftung durchzusetzen.

Ein umfangreiches Glossar über forstliche Begriffe (insb. Waldbau und Waldwachstum) kann hier aufgerufen werden.

Der Waldbau ist einer der zentralen und wichtigsten Tätigkeitsbereiche im Wald und in der Forstwirtschaft. Als praxisnahe und umfassende Lehr- und Textbücher empfehlen sich auch für angewandte Bereiche wie den Naturschutz im Wald:

  • Mayer H., 1992: Waldbau auf soziologisch-ökologischer Grundlage. (4., teilw. neubearb. Aufl.)
  • Bartsch N. & Röhrig E., 2020: Waldbau auf ökologischer Grundlage. (8. vollst. überarb. & erw. Aufl.).

Standards: Naturnaher Waldbau, NaiS, Zertifizierung

Naturnaher Waldbau
Der Zweckartikel des Bundesgesetzes über den Wald verlangt, den Wald «als naturnahe Lebensgemeinschaft zu schützen» (WaG Art. 1 Abs1 lit b). Weiter werden die Kantone im WAG-Art. 20 Abs 2 angewiesen, bei ihren Planungs- und Bewirtschaftungsvorschriften den Erfordernissen des naturnahen Waldbaus Rechnung zu tragen.

Der Begriff «naturnaher Waldbau» ist rechtlich unbestimmt, genauere Definitionen fehlen in der Waldgesetzgebung. Deshalb wird er in der forstlichen Praxis auch recht unterschiedlich interpretiert und umgesetzt. Das Bafu veröffentlichte deshalb im Jahr 2015 transparente, verbindliche und nachvollziehbare «Grundanforderungen an den «naturnahen Waldbau».

im Sinne eines minimal einzuhaltenden «ökologischen Standards» für alle Wälder der Schweiz. Es ist das Resultat eines Projektes, an dem zahlreiche Praktiker, Fachleute und ein Begleitforum mit Waldeigentümern, Betriebsleitern sowie Vertreterinnen und Vertretern der waldrelevanten nationalen Organisationen teilgenommen haben. Diese Grundanforderungen sind aber keine Legaldefinition des naturnahen Waldbaus, sondern dienen vor allem als Empfehlung an die Kantone zur Umsetzung von Art 20 WaG. Sie werden durch eine Kaskade mit Grundsätzen, Kriterien, Indikatoren und Minimalwerten nachvollziehbar gefasst.


Naturnaher Waldbau
Die Grundanforderungen an den «naturnahen Waldbau» sind nicht verabschiedet worden, weil unter den Beteiligten kein gemeinsamer Nenner gefunden werden konnte. Unterschiedliche Ansichten gibt es vor allem bei der Anzahl Biotopbäume.

Die 4 Grundsätze lauten:

  • Die naturgegebene Bodenfruchtbarkeit wird durch die Waldbewirtschaftung nicht beeinträchtigt.
  • Die Fähigkeit des Waldes zur natürlichen Verjüngung wird erhalten oder verbessert. Die Naturverjüngung hat Vorrang.
  • Die Baumartenmischung wird derart auf den Standort abgestimmt, dass dessen ökologische Eigenschaften nicht negativ beeinflusst werden.
  • Bei den waldbaulichen Eingriffen werden die Möglichkeiten zur Erhaltung und Förderung der Vielfalt des Lebensraumes Wald genutzt.


Diese vier Grundsätze werden durch 7 Kriterien und 11 Indikatoren nachvollziehbar gefasst und im Anhang sind die Ziele, Definitionen und Minimalwerte für die einzelnen Indikatoren genauer erläutert. Eine umfassende Übersicht zur ganzen Kaskade bietet Abb. 3 aus Grundanforderungen an den naturnahen Waldbau, Projektbericht (BAFU, 2010).

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Grundanforderungen an den naturnahen Waldbau.

Literaturliste noch einfügen Literatur & Links:
∂- Bafu_UD1031_Grundanforderungen naturnaher Waldbau-Projektbericht_2010.pdf
∂- Bafu_UD1031-Mat_Grundanforderungen naturnaher Waldbau-Materialien_2010.pdf
∂- Bafu_UD1031-Oek_Grundanforderungen naturnaher Waldbau-Oekogramme_2010.pdf
Links auf Artikel «Kahlschlag oder Nutzungsaufgabe? Instrumente der Strukturförderung und ihre Auswirkung auf die Waldbiodiversität» und «Annahmen und Ergebnisse zur Biodiversität im Wirtschaftswald – Neues aus der Biodiversitäts-Forschung» in ««Bollmann_2020_Biodiversität im Schweizer Wald.pdf»»
∂- Buwal_UM081_Naturnaher Waldbau-Textsammlung_1998.pdf

NaiS (Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald)
"Ein «Schutzwald» ist ein Wald, welcher Menschen, Tiere, Güter und Infrastrukturen vor Lawinen, Steinschlag, Hangrutsch und Erosion schützt. Der Schutzwald verhindert das Entstehen solcher Naturgefahren oder bremst diese ab. Damit ein Wald als Schutzwald gilt, braucht es ein Gefahrenpotenzial (z.B. eine instabile Felswand), ein Schadenpotenzial (z.B. eine Siedlung oder ein Verkehrsweg) und einen Wald, welcher eine Schutzwirkung gegen die Naturgefahr erbringen kann." (Quelle)

Mit der Wegleitung NaiS (Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald) verfügen die Forstpraktiker seit 2005 über eine konkrete und verbindliche Entscheidungshilfe für die schutzwirksame Pflege des Schutzwaldes.

Die Anforderungsprofile nach NaiS sind einerseits der Qualitätsindikator für die Schutzwaldpflege im NFA-Programm Schutzwald, müssen andererseits aber auch im gesamten bezeichneten Schutzwald als Richtschnur für die Bewirtschaftung gelten, unabhängig vom Anspruch auf Bundesmittel. Das Ziel von NaiS ist es, den Schutzwald mit möglichst wenig Pflegeaufwand in einen optimalen Schutzzustand zu bringen und Eingriffe nur dort auszuführen, wo die natürliche Entwicklung in eine andere Richtung gehen würde als in die gewünschte." (Quelle: Schutzwald Schweiz) Das Prinzip von NaiS: Die moderne Schutzwaldpflege orientiert sich nicht an Massnahmen, sondern an Zielen. Es stellt sich zuerst die Frage, wie der Wald aussehen soll, damit er eine hohe Schutzwirkung erbringt und erst in zweiter Linie, ob zur Erreichung dieses Zustandes Massnahmen erforderlich sind. Der angestrebte Waldzustand orientiert sich an den Kenntnissen über die Naturgefahren und an den lokalen Standortverhältnissen. Zu diesem Zweck wurden für die verschiedenen Naturgefahren und die unterschiedlichen Standorttypen Anforderungsprofile formuliert." (Quelle: W+H_2006.03_SCHWITTER&&_NaiS-Nachhaltigkeit& Erfolgskontrolle im Schutzwald.pdf)

Download aller NaiS-Unterlagen

Die Pflege der Schutzwälder muss folgenden sieben Grundsätzen genügen (Quelle: Fachstelle für Gebirgswaldpflege):

  1. Auf das Schutzziel ausgerichtet: Pflegemassnahmen in Schutzwäldern dienen vorrangig der Verminderung von Naturgefahren.
  2. Am richtigen Ort: Pflegemassnahmen werden dort ausgeführt, wo der Wald die Wirkung von Naturgefahren auf Menschen oder Sachwerte verhindern oder verringern kann.
  3. Zur richtigen Zeit: Pflegemassnahmen sind dann auszuführen, wenn eine optimale Wirkung mit minimalem Aufwand erzielt werden kann.
  4. Im Einklang mit den natürlichen Lebensabläufen: Pflegemassnahmen sind auf die Standortsverhältnisse abzustimmen. So lassen sich die Kräfte der natürlichen Waldentwicklung nutzen.
  5. Objektbezogen, transparent, nachvollziehbar und kontrollierbar: Pflegemassnahmen werden durch Fachleute an Ort und Stelle festgelegt. Damit wird man den kleinräumig wechselnden Verhältnissen gerecht. Der Entscheidungsprozess verläuft immer gleich. Er wird dokumentiert und damit transparent, nachvollziehbar und kontrollierbar gemacht.
  6. Wirksam: Pflegemassnahmen führen mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Ziel.
  7. Ziel mit verhältnismässigem Aufwand erreichbar: Pflegemassnahmen stehen in einem angemessenen Aufwand-Nutzen-Verhältnis."

Waldzertifizierung
"Zum Schutz der Wälder – insbesondere in den Tropen – sind in den neunziger Jahren die ersten forstlichen Labels entstanden. Heute dominieren weltweit zwei Labels den Markt: FSC und PEFC. In der Schweiz hat sich daneben das Label Schweizer Holz etabliert." (Quelle)
Zu den Labeln ist kritisch zu bemerken, dass in den einzelnen Ländern, trotz gleichem Label, unterschiedliche Anforderungen an die Holzproduktion gelten, welche oft deutlich weniger streng sind als in der Schweiz. Für eine objektive Ökobilanz müssten auch die oft sehr langen Transportdistanzen mitberücksichtigt werden.

Informationen zu den einzelnen Labels können den entsprechenden Webseiten entnommen werden

Eine kurze Übersicht zu den drei Labels bietet diese Webseite.

Waldplanungsinstrumente

Die Waldgesetzgebung schreibt vor, dass der Wald in seiner Fläche und Verteilung erhalten bleiben soll und die Waldfunktionen (insb. Nutz-, Schutz und Wohlfahrtsfunktion) nachhaltig zu erbringen sind. Die Planung und der Vollzug zur Sicherstellung dieser Ziele ist mit Vorgaben durch den Bund an die Kantone delegiert.

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Massnahmenplan des regionalen Waldplans Moutier. WEP sind behördenverbindlich und haben Richtplancharakter.

Neben der Koordination mit der Raumplanung findet die forstliche Planung auf zwei Ebenen statt:

a) Der Waldentwicklungsplan WEP auf der überbetrieblichen Ebene:
«Der Waldentwicklungsplan (WEP) ist das eigentliche Koordinations- und forstpolitische Führungsinstrument des Forstdienstes. Die ökologischen, ökonomischen und sozialen öffentlichen Interessen am Wald werden überbetrieblich und behördenverbindlich festgelegt. Damit hat der WEP Richtplancharakter. Im Weiteren wird die Koordination zu anderen Sachplanungen wie Siedlung und Landschaft sichergestellt. Der Waldentwicklungsplan wird flächendeckend erlassen.» (BUWAL 2003) Die Bevölkerung kann an der Erarbeitung eines WEP mitwirken (WaV Art. 18). Die Waldentwicklungspläne sind öffentlich zugänglich. In den meisten Kantonen sind die WEP regional gegliedert, in kleineren Kantonen existiert hingegeben ein WEP für den ganzen Kanton. In den WEP sind ökologisch und naturschützerisch relevante Themen behördenverbindlich geregelt. Dazu gehören etwa die Ausscheidung von Waldflächen mit Vorrangfunktion Wald als Lebensraum, Festlegung von Schutzzonen und schützenswerten Einzelobjekten, Genreservate, Wald und Wild usw.

b) Der Betriebsplan BP auf der betrieblichen Ebene:
Die eigentümerverbindlichen Festlegungen erfolgen im Betriebsplan. Er dient als periodische Standortbestimmung und ist für mittelfristige strategische und operative Überlegungen auf Betriebsebene von Bedeutung. Im Betriebsplan legen die Waldeigentümer dar, wie sie ihren Wald pflegen und bewirtschaften und mit welchen konkreten waldbaulichen Massnahmen sie die übergeordneten Ziele des Waldgesetzes, des Waldentwicklungsplanes und der Richt- und Nutzungsplanung verwirklichen wollen. (Quelle) Die Kantone legen fest, welche Waldeigentümer und ab welcher Waldfläche die Forstbetriebe betriebsplanpflichtig sind. Sie haben dies sehr unterschiedlich geregelt.: In 14 Kantonen gilt die Pflicht zur Betriebsplanung für alle Waldeigentumskategorien. In 4 Kantonen gilt sie nur für öffentliche Waldeigentümer, in 2 Kantonen für öffentliche Waldeigentümer und für Korporationen. In 12 Kantonen gilt die Planungspflicht ab einer festgelegten Mindestfläche von 10, 20, 25, 40 oder 50 ha Wald. (Quelle: Stand der forstlichen Planung in den Kantonen, Schlussbericht, HAFL, 2017)

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Schema der forstlichen Planung auf kantonaler Ebene (Quelle: Bachmann, Schweiz. Z. Forstwes. 156 (2005) 5: 137– 141)


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Die forstlichen Planungsinstrumente in den Kantonen 2018 (Quelle: Stand der forstlichen Planung in den Kantonen, Schlussbericht, HAFL, 2017)

Kantonale Informationen

Links auf kantonale Webseiten

Eine Linkliste zu den kantonalen Forstdiensten finden Sie hier.

Kantonale vegetationskundliche Waldkartierungen und Waldbeschreibungen

Verschiedene Kantone haben detaillierte vegetationskundliche Beschreibungen ihrer Waldstandorte und Waldgesellschaften veröffentlicht, meist ergänzt mit Kommentaren zum Waldbau und Naturschutz in den einzelnen Waldtypen.

Kanton Autoren & Jahrgang Titel Erscheinungsort/Bezugsquelle
AG Stocker et al. (2002) Die Waldstandorte des Kantons Aargau Finanzdepartement des Kantons Aargau, Abteilung Wald
BE Burger et al. (1996) Standortskundlicher Kartierungsschlüssel für die Wälder der Kantone Bern und Freiburg Amt für Wald & Natur, Bern
BE (Jura) Burnand et al. (1998) Clé de détermination des stations forestières du Canton du Jura et du Jura bernois. Volume 1&2 Division forestière Tavannes
BL & BS Burnand & Hasspacher (1999) Waldstandorte beider Basel Verlag des Kantons Basel-Landschaft
FL Schmider & Burnand (1988) Waldgesellschaften im Fürstentum Liechtenstein Naturkdl. Forsch. im Fürstentum Liechtenstein
FR Burger et al. (1996) Standortskundlicher Kartierungsschlüssel für die Wälder der Kantone Bern und Freiburg Kantonsforstamt Freiburg
JU Burnand et al. (1998) Clé de détermination des stations forestières du Canton du Jura et du Jura bernois. Volume 1&2 Service des forêts Delémont
LU von Wyl et al. (2014) Pflanzensoziologische Kartierung der Luzerner Wälder-Kommentar Waldbau UTAS AG, Giswil
SG Bütler et al. (2016) Waldstandorte St. Gallen Kantonsforstamt St. Gallen
TG Schmider et al. (2003) Wälder im Kanton Thurgau Mitt. thurgau. Naturforsch. Ges., Bd. 58
UR Frey & Bichsel (2005) Waldstandorte und Waldgesellschaften des Kanton Uri Amt für Forst und Jagd Uri, Altdorf
ZG Ziegler M. (2014) Waldgesellschaften des Kantons Zug Kanton Zug, Direktion des Innern, Amt für Wald und Wild
ZH Schmider et al. (1994) Die Waldstandorte im Kanton Zürich vdf Verlag der Fachvereine, Zürich

Waldstandortskartierungen sind v. a. in den Mittelland- und Jura-Kantonen durchgeführt worden. In der Regel sind sie auf den kantonalen Geobrowsern einsehbar und können ausschnittsweise in verschiedenen Kartenmassstäben heruntergeladen werden. Eine Übersicht zu allen kantonalen Geoportalen findet sich unter dem Link.

Kosten, Beiträge

Finanzinstrumente
Das zurzeit wichtigste Förderinstrument für die Umsetzung sind die seit 2008 zwischen Bund und Kantone abgeschlossenen Programmvereinbarungen im Umweltbereich (NFA). Bund und Kantone vereinbaren jeweils für eine Vierjahresperiode (für die Jahre 2020-2024 ausnahmsweise fünfjährig) Leistungsziele mit einem entsprechenden Bundesbeitrag. Die Kantone müssen diesen Beitrag zu einem festgelegten Anteil mit eigenen finanziellen Mitteln ergänzen. Der Bund ist zuständig für die strategische Ausrichtung dieser Programmvereinbarungen aus einer nationalen Sicht, während die Kompetenz über die operative Umsetzung bei den Kantonen liegt. Die Leistungen und finanziellen Rahmenbedingungen werden in den fachspezifischen Erläuterungen zu den jeweiligen Programmvereinbarungen definiert (BAFU 2015a). Die Vollzugshilfe Waldbiodiversität des BAFU ist die strategische Grundlage der fachspezifischen Erläuterungen im Bereich Waldbiodiversität.
Eine weitere, noch wenig eingesetzte Möglichkeit ist der Kauf von Schutzgebieten durch die öffentliche Hand, d. h. durch die Kantone. Es könnte für die langfristige Sicherung von Waldreservaten an Bedeutung gewinnen.
(Quelle: «Biodiversität im Wald: Ziele und Massnahmen», S. 36, leicht angepasst)

2018 wurden für die Waldbiodiversität vom Bund ca. 18.5 Mio. Franken ausbezahlt
Übersicht zu den Auszahlungen des Bundes seit 2008


Gefährdung der Waldbiodiversität

Dieses Kapitel hat nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird nur auf ausgewählte, aber nicht alle, Gefährdungen eingegangen:

  • Klimawandel (siehe Kapitel «Klimawandel»
  • Luftverschmutzung, Nährstoffbelastung
  • Invasive, gebietsfremde Arten (Neobiota)
  • Baumkrankheiten (Eschentriebsterben usw.)
  • Zu hohe Schalenwildbestände
  • Holzlagerung im Wald mit Pestizideinsätzen für Holzschutz
  • Waldstrassenbau (z. B. Bau von zu dichten Waldstrassennetzen im Rahmen von Meliorationen oder die Erschliessung ökologisch sensibler Gebiete)
  • Freizeitaktivitäten bzw. Erholungsnutzung
  • Windkraftanlagen im Waldgebiet
  • Lockerung des Rodungsverbotes
  • Druck auf den Wald (z. B. Siedlungsdruck)

Nachfolgend werden ausgewählte Gefährdungsfaktoren näher beleuchtet.

Luftverschmutzung
Anfangs 1980er-Jahre traten in Mitteleuropa und auch in der Schweiz massive flächige Waldschäden auf, wobei vor allem die Nadelbaumarten Weisstanne, Fichte und Waldföhre betroffen waren. Das Phänomen hat als «Waldsterben» die Öffentlichkeit, die Politik und Forschung über Jahre stark beschäftigt. Als Hauptursache wurden vor allem verschiedenen Formen von Luftverschmutzung wie saurer Regen, zu hohe Konzentrationen von Stickoxiden, Ozon usw. erkannt. Durch strengere Bestimmungen in der Umweltschutzgesetzgebung konnten die Emissionen dieser Gase und Stoffe und damit die Luftverschmutzung zum Teil deutlich reduziert werden. Während die Baumsterberate sich seither auf tiefem Niveau stabilisiert hat, haben die Kronenverlichtungen kontinuierlich zugenommen. Dies dürfte vor allem auch auf eine Überlagerung durch die Wirkungen des Klimawandels zurückzuführen sein. Es wird vermutet, dass gewisse Nachwirkungen der früheren stärkeren Luftverschmutzung in den Waldböden wie die Versauerung oder die Stickstoffanreicherung die direkten Wirkungen des Klimawandels noch verstärken könnten.
Seit 1985 wird Gesundheitszustand des Waldes in der Schweiz von der «Sanasilva-Inventur» mit einem systematischen Probeflächennetz erfasst und seit 1994 wurden auf 19 Probeflächen eine «langfristige Waldökosystemforschung LWF» eingerichtet. Die Resultate dieser Untersuchungen werden im Waldbericht des Bafu (letztmals 2015) und alljährlich im Jahrbuch Wald und Holz publiziert. Siehe auch Informationen und Veröffentlichungen des Instituts für angewandte Pflanzenbiologie

Informationen:

Einsatz von chemischen Stoffen und Streusalzwirkung
Chemische Stoffe wie Dünger oder Pestizide (Pflanzenschutzmittel) sind im Wald grundsätzlich verboten, Ausnahmen müssen vom Kanton bewilligt werden. Das Waldgesetz (WaG) verbietet im Art. 18 grundsätzlich die Verwendung von "umweltgefährdenden Stoffen" und verweist für die Ausnahmen auf das Umweltschutzgesetz (USG). Die genauen Regeln sind gemäss Waldverordnung (WaV) Art. 25 in der Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (ChemRRV) aufgeführt.
Die Kalkung von sauren Waldböden, welche etwa in Deutschland noch häufig angewendet wird, ist implizit verboten. Sie hat in der Schweiz aber sowieso keine forstliche Tradition.

Die massive Verwendung von Streusalz verursacht vor allem bei Strassen-, Allee- und Parkbäumen oft grosse Schäden. Im Wald sind Salzschäden hingegen kein Thema. Nur in seltenen Fällen sieht man entlang von viel befahrenen Strassen durch den Wald, manchmal stärkere Schäden an Randbäumen, welche durch salzige Gischt verursacht werden. Betroffen sind dabei vor allem immergrüne Nadelbäume wie Fichte oder Föhre.

Bodenverdichtung
Mit zunehmender Rationalisierung und Mechanisierung werden bei der Holzernte bzw. beim Rücken immer grössere und schwerere Forsterntemaschinen eingesetzt. Dies hat unbestreitbare Vorteile aus ökonomischer Sicht und für eine deutlich erhöhte Arbeitssicherheit.
Für viele Waldböden sind diese Maschinen aber zu schwer und verursachen in den Rückegassen und sonstigen Fahrspuren oft starke, irreversible Bodenverdichtungen und/oder Erosionsspuren. Bodenverdichtungen können vor allem in feinkörnigen Böden die Durchlüftung bis in mehrere Dezimeter Tiefe stark einschränken. Die Folge sind sauerstoffarme Bereiche, welche das Bodenleben ebenso wie den Wurzelraum und somit die Bodenfruchtbarkeit einschränken.
Ideal sind aus diesen Gründen Holzernten bei trockenen oder gefrorenen Böden und Fahrunterlagen. Dies ist aus meteorologischen und organisatorischen Gründen jedoch häufig nicht möglich.
Eine gute Vorbereitung des Arbeitsverfahrens kann viel zur Verminderung solcher Schäden beitragen:

  • klare Markierung und Nutzung der Rückegassen
  • Verstärkung der Rückegassen durch Ast- oder Reisigteppiche
  • Verteilung des Druckes auf eine grössere Fläche durch breitere Reifen, niedrigeren Luftdruck oder Raupenbänder
  • günstige Boden- und Witterungsbedingungen (trocken, gefroren) berücksichtigen
  • besondere Vorsicht und ev. Rücken mit Seilzügen in Feucht- oder Nasswäldern, sowie Moorwäldern

Viel Forstbetriebe bemühen sich um einen effektiven Bodenschutz bei der Holzernte. Es gibt leider aber auch immer wieder abschreckende Beispiele und Bilder nach Holzernten.

Schadorganismen

Neben abiotischen Ursachen verursachen vor allem auch verschiedenste Organismen Waldschäden und Baumkrankheiten. Pilze, Viren, Nematoden, Bakterien oder Insekten können Schäden verschiedensten Ausmasses auslösen und einzelne Baumarten oder ganze Wälder beeinträchtigen oder im Extremfall absterben lassen. Viele dieser Organismen sind ein Bestandteil des Waldökosystems und so eingeregelt, dass sie unter normalen Bedingungen keine relevanten Schäden verursachen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem ständig vorhandenen «eisernen Bestand» an potentiellen Schädlingen in einem Wald.
Aussergewöhnliche Ereignisse etwa in Form von Stürmen und Orkanen, lange andauernden Trockenperioden oder massiver Luftverschmutzung können insbesondere die Bäume so schwächen, dass sie anfälliger werden auf den Befall durch diese Organismen.

Schadorganismen und Schadensymptome (unvollständige Aufzählung)

  • Borkenkäfer-Kalamitäten
  • andere Insekten-Kalamitäten (z.B. durch die Nonne, ein Nachtfalter)
  • Artspezifische Nadelkrankheiten, Laubblattkrankheiten und Triebsterben durch Ascomyceten oder Rostpilze (Basidiomyceten)
  • Ulmenwelke (durch Ascomycet Ophiostoma ulmi)
  • Artspezifische Baumkrebse durch Bakterien, Ascomyceten oder Rostpilze (Basidiomyceten)
  • Stammfäulen durch Holz zersetzende Pilze


«Schäden»: Chance oder Gefahr für die Biodiversität?
Was ein «Schaden» ist eine Frage der Perspektive. Aus ökonomischer Sicht beeinträchtigen die Schadorganismen und Krankheiten den Wert des Holzes, aus ökologischer Sicht kann die Beurteilung eine entgegengesetzte sein. Schäden können auch die Schutzfunktion beeinträchtigen. Hinsichtlich Förderung der Biodiversität braucht es wohl eine differenzierte Betrachtung. So kann z. B. das Absterben von Bäumen den erwünschten Effekt von mehr Totholz bewirken, andererseits verlieren die auf diese Bäume angewiesenen Arten (z. B. Pilze, Moose, Flechten) ihren Lebensraum.


Neue Bedrohungen durch Neobiota
Aufgrund des intensiven globalen Handels gelangen auch immer wieder fremde Organismen als "blinde Passagiere" von anderen Kontinent nach Europa. Während sie in ihren angestammten Ökosystemen aufgrund der Kontrolle durch natürliche Feinde und Parasiten oft kaum Schäden anrichten, fehlen solche Kontrollmechanismen am neuen Ort und die eingeschleppten Organismen können sich ungehindert vermehren und massive Schäden anrichten oder bestehende Artengemeinschaften konkurrenzieren. Sich rasch und massiv verbreitende Organismen mit schädlichen Wirkungen aus anderen Kontinenten werden als invasive Neobiota bezeichnet.

Beispiele:

  • Kastanienrindenkrebs (durch Pilz Cryphonectria parasitica)
  • Eschentriebsterben (durch Pilz Hymenoscyphus fraxineus; plötzlicher Eichentod (Phytophthora ramorum) )
  • Edelkastanien-Gallwespe (Dryocosmus kuriphilus)
  • Asiatischer Laubholzbockkäfer (Anoplophora glabripennis)
  • Götterbaum (Ailanthus altissima),
  • Essigbaum (Rhus typhina)
  • Japanischer Knöterich (Reynoutria japonica)
  • Immergrünes Geissblatt (Lonicera henryi)
  • Sommerflieder (Buddleja davidii)
  • Armenische Brombeere (Rubus armeniacus)
  • Kanadische Goldruten (Solidago canadensis, Solidago serotina)

Das Bafu bietet mit der Vollzugshilfe Waldschutz und mit zahlreichen Merkblättern praxisorientierte Informationen und Hilfen zum Umgang zu besonders gefährlichen Schadorganismen an.

Praxisrelevante Wissenslücken

Nachfolgend sind Themen aufgeführt, zu welchen (teilweise) Wissenslücken bestehen. Die Liste ist nicht abschliessend:

  • Über die Verbreitung und Lebensraumansprüche der (Ziel-)Arten und unser Wissen über die biologische Vielfalt im Schweizer Wald ist alles andere als vollständig.
  • Zu Drainagen und Entwässerungsgräben im Wald ist wenig bekannt. Für die Förderung von Feuchtwälder wäre dies aber eine wichtige Grundlage.
  • Einfluss der Energieholznutzung auf die Waldbiodiversität: Dieser sollte analysiert und die Entwicklung verfolgt werden
  • Die Invasivität der Douglasie
  • Bemerkung: Von der Arbeitsgruppe Waldbiodiversität des Schweiz. Forstvereins gibt es eine Liste zu Forschungsfragen im Zusammenhang mit Lichtem Wald.


Autor:innen

Text Markus Bichsel Atragene
Review Kurt Bollmann Biodiversität und Naturschutzbiologie, WSL
Ueli Bühler
Josephine Cueni
Lesly Helbling Pro Natura
Rolf Stricker Revierförster, Gemeinden Bauma und Wila, Kanton Zürich