2.3.1 Pfeifengraswiese Molinion 180518 060 zg 96 dpi.jpg



Inhaltsverzeichnis

Praxisrelevante Ökologie

Feuchtgebiete und Moore lassen sich im Wesentlichen durch ihre Entstehungsgeschichte, die standörtlichen Verhältnisse, die Lebensraum- und Artengemeinschaften und die Nutzung charakterisieren (siehe Abbildung). In diesem Kapitel wird auf diese prägenden Faktoren eingegangen.

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Prägende Faktoren der Moore gemäss Wagner und Wagner, 2003, S. 61, abgeändert und ergänzt mit Boden und Relief. Succow und Joosten, 2001 bezeichnen Substrat, Wasser, Relief und Vegetation als wesentlichen Geokomponenten der Moore.

Abiotische Faktoren

Die abiotischen Faktoren entscheiden darüber, ob ein Moor entstehen kann. Unsere von den Eiszeiten geprägte Naturlandschaft liess Moore wachsen, wo die Bedingungen dafür gegeben waren. Entscheidender Faktor war und ist die permanente Versorgung mit (genügend und qualitativ gutem) Wasser. Die Kenntnis der massgeblichen (abiotischen) Faktoren ist der Schlüssel für das Verständnis eines Moors. Nachfolgend wird auf die wichtigsten abiotischen Faktoren Wasserhaushalt (Hydrologie), Boden, Nährstoffe sowie chemische und physikalische Eigenschaften eingegangen.

Boden

Während der letzten Eiszeit war die Schweiz mehrheitlich von Eis bedeckt. Nach dem Rückzug der Gletscher wirkten auf die kahlen Rohböden sowohl physikalische als auch chemische und biologische Prozesse, die das Gestein zerkleinerten und die mineralischen Partikel teilweise auflösten und umgestalteten. Erste Pflanzen konnten sich ansiedeln. Diese Bodenbildungsprozesse sind seit dem Gletscherrückzug bis heute wirksam. Durch das natürlicherweise leicht saure Regenwasser und die von Wurzeln abgegeben Säuren verwittert das Muttergestein und Mineralien werden aufgelöst.

Bodenbildung ist ein komplexer Vorgang, bei dem viele Faktoren eine Rolle spielen. Auf Seite 3 des Merkblatts «Den Waldboden verstehen: Vielfalt und Funktion der Waldböden in der Schweiz» (WSL, 2021) sind die Bodenbildungsfaktoren, Bodenbildungsprozesse sowie die Bodenmerkmale und -eigenschaften übersichtlich dargestellt.

Je nach Gegebenheiten haben sich unterschiedliche Bodentypen entwickelt. Die Feuchtgebiete kommen auf den wassergeprägten mineralischen Böden (Pseudogleye und Gleye) und den Moorböden vor.

Der Boden beeinflusst mit seinen chemischen und physikalischen Eigenschaften die Hydrologie und somit auch die Vegetation eines Standorts (vgl. auch nachfolgende Tabelle).


Tabelle: Vegetationstypen und Bodentypen

Moortyp Vegetationstyp Bodentyp Quelle
Flachmoor Schilfröhrichte (im Verlandungsbereich grösserer Stillgewässer; in Seesedimenten wurzelnd; basisch bis neutrale Bedingungen) Anmoorgley,
Torfanmoor,
Flachmoor
Wagner und Wagner, 2003 (S. 93);
Feldbotanikordner BirdLife Schweiz
Flachmoor Grossseggenried (im Verlandungsbereich grösserer Stillgewässer; basisch bis neutrale Bedingungen) Anmoorgley, Torfanmoor, Flachmoor Klötzli, 1969 (S. 85);
Wagner und Wagner, 2003 (S. 93);
Feldbotanikordner BirdLife Schweiz
Flachmoor Pfeifengraswiesen Basische und saure Mineralböden;
Anmoore ("Humusböden"");
wechselfeuchte Gleyböden"
Moorhandbuch, Kap. 2.2.2;
Feldbotanikordner BirdLife Schweiz
Flachmoor Dotterblumenwiesen Anmoor-Gley oder Gley, teilweise Torfböden Moorhandbuch, Kap. 2.2.3
Flachmoor Hochstaudenriede Gley oder vergleyte Braunerde, anmoorig;
Gleyböden oder wechselfeuchte Pseudogleyböden
Moorhandbuch, Kap. 2.2.3;
Feldbotanikordner BirdLife Schweiz
Flachmoor basische und saure Kleinseggenriede Pseudogley und Fahlgley, (anmoorige) Torfböden;
Niedermoortorfböden;
saure Kleinseggenriede: anmoorige Mineralböden, Torfanmoore, Torfgyttja, basische Kleinseggenriede: kalkreiche Gleyböden
Moorhandbuch Kap. 2.3.1;
Feldbotanikordner BirdLife Schweiz;
Klötzli 1969 (S. 102f.)
Übergangsmoor Torfböden Moorhandbuch Kap. 3.1.1;
Klötzli 1969 (S. 151)
Hochmoor Torfböden Moorhandbuch Kap. 2.1.1;
Feldbotanikordner BirdLife Schweiz


Torf

Bei allen torfbildenden Faktoren spielt der Wasserüberschuss des Standortes eine zentrale Rolle. Natürliche Torfmoore zeichnet das Vorkommen von Torf, ständige Nässe und das kontinuierliche höher Wachsen des Bodens aus. Die Art der Torfbildung ist Ergebnis von Wasserangebot, Geländerelief und hydrologischen Eigenschaften.

Überall in der Natur unterliegen abgestorbene pflanzliche und tierische Reste (organische Substanz) Zersetzungsprozessen, durch die sie abgebaut oder in andere Substanzen umgewandelt werden. Die wesentlichen Zersetzungsvorgänge sind Mineralisierung und Humifizierung. Mineralisierung umfasst alle Prozesse, bei denen das organische Material zu einfachen anorganischen Substanzen (im Wesentlichen Mineralien, Kohlendioxid und Wasser) abgebaut wird. Humifizierung bezeichnet alle Vorgänge, durch die organisches Material in braun bis schwarz gefärbte Humussubstanzen (Huminstoffe) umgewandelt wird. Da die meisten zersetzenden Organismen Sauerstoff für ihre Tätigkeit benötigen, ist der Abbau in wassergesättigten Standorten stark eingeschränkt. Unter solchen Bedingungen ist die Produktion von organischer Substanz größer als deren Abbau. Folglich kommt es zu einer Anreicherung von unvollständig zersetztem organischem Material - im wesentlichen Pflanzenresten -, die den für Moore kennzeichnenden Torf bilden. Demgemäss ist Torf ein auf wassergesättigten Standorten angereichertes, sedentäres (von unten nach oben aufwachsendes) Substrat. Der organische Anteil besteht dabei überwiegend aus abgestorbenen, unvollständig zersetzten Pflanzenresten und ihren Umwandlungsprodukten, den Huminstoffen.

Torf enthält über 30% organische Substanz, Anmoor als Humusform zwischen 15% und 30%, während beim Mull weniger als 15% organisch sind (Bemerkung: Die weiteren Humusformen sind Rohhumus und Moder). Völlig wassergesättigte Torfe können bis zu 97 Volumen-Prozent Wasser enthalten.

In Deutschland werden die botanischen Torfarteneinheiten Moostorfe, Kräutertorfe, Reisertorfe, Holztorfe und amorphe Torfe unterschieden, bei den bodenkundlichen Torfartengruppen Hoch-, Übergangs- und Niedermoortorfe. Die Grundlage für die botanische Torfgliederung sind die torfbildenden Vegetationsgemeinschaften (z. B. von Moosen oder Wollgräsern oder Schilf dominierte Vegetation). Weitergehende Informationen können dem Buch «Steckbriefe Moorsubstrate» (Luthardt et al. 2011) entnommen werden.

In wachsenden Hochmooren akkumuliert sich pro Jahr bis 1 Millimeter Torf.

Für die Beurteilung von Mooren und deren Regeneration ist die Kenntnis der wichtigsten physikalischen und chemischen Eigenschaften der Torfe von Bedeutung. Dazu zählen die Wasserleit- und Wasserspeicherfähigkeit, der Zersetzungsgrad, der pH-Wert oder das Kohlenstoff/Stickstoff- (C/N)-Verhältnis.

In Mooren findet man manchmal Mudden. Es handelt sich dabei um Seesedimente mit einem organischen Anteil von mindestens 5 Prozent. Weitere Informationen zu Mudden siehe z. B. ab Seite 32 in «Steckbrief Moorsubstrate» (Luthardt et al. 2011).

Akrotelm und Katotelm

Ein ungestörtes, wachsendes Hochmoor ist aus zwei Schichten aufgebaut. Die obere, Schicht wird als Akrotelm bezeichnet. Darunter liegt das Katotelm. Das Katotelm kann über 10 m mächtig sein und besteht aus abgestorbenem Pflanzenmaterial (Torf) und Wasser. Das Akrotelm besteht v. a. aus einem dichten elastischen Geflecht lebender, luftführender Pflanzenwurzeln. Die organische Substanz ist relativ locker gelagert. Die Wasserdurchlässigkeit ist horizontal, welche mit zunehmender Tiefe rasch abnimmt, weil das organische Material in den tieferen Schichten immer stärker komprimiert wird. Deshalb fliesst in einem intakten Akrotelm überschüssiges Wasser schnell, aber diffus ab, ohne z. B. Erosion zu verursachen. Als Grenze zwischen Akro- und Katotelm gilt jener Bereich, über dem sich die Wasserverhältnisse und Abbauprozesse rasch ändern und unter dem die Verhältnisse weitgehend stabil bleiben. Der Wasserstand sinkt nicht unter die stärker komprimierten Schichten ab, mit folglich relativ stabilem Wasserstand. Im Katotelm, mit relativ geringer biologischer Aktivität, entstehen durch Wachstum und Absterben von Pflanzenteilen die frischen organischen Substanzen. Nur wenige Torfarten können ein funktionierendes Akrotelm mit diesen Eigenschaften aufbauen («Ökosystem-Ingenieure»: Sphagnum magellanicum, S. papillosum, S. imbricatum, S. fuscum, S. rubellum).

Literatur und Links zu Boden

Hydrologie

Wasserhaushalt und Wasserstände

Wasser ist das Lebenselixier der Moore. Bedingungen und Prozesse in Mooren sind in besonderer Weise vom Wasserhaushalt abhängig. In einem natürlichen Moorsystem sind die hydrologischen Bedingungen das Resultat aus geologischen, edaphischen, topografischen und klimatischen Bedingungen (siehe Abbildung unten).

Ans Moor angrenzende oder direkte menschlichen Aktivitäten wie Veränderungen des Wassereinzugsgebietes, intensive Nutzungen, Entwässerungen der Moore, Veränderungen der Topografie (Torfabbau) oder auch die Ein- und Durchleitung von Drainagen haben oft einen starken Einfluss auf die Hydrologie von Mooren.

Der Wasserhaushalt seinerseits beeinflusst die Vegetation, die Nährstoff- und pH-Verhältnisse sowie die Art und Abfolge der gebildeten Substrate (Humusformen, z. B. Torf, siehe Kap. «Boden»).

Zahlreiche, meist langjährig gemessene Grundwasserstände in Hoch- und Niedermooren lassen einen ausgeprägten Jahresgang erkennen mit Maxima im Winter und Minima ausgangs des Sommers. Im Frühjahr und Sommer zehrt die Verdunstung, im Herbst und Winter nährt der Niederschlag das im Moor meist oberflächennahe Grundwasser. Der Jahresgang kann durch Witterungseinflüsse mehr oder weniger überdeckt sein. Klötzli (1969) hat Höchststände von März bis Mai und Tiefststände von August bis Oktober gemessen. Er hat sehr viele Streuwiesen im östlichen Schweizer Mittelland auf ihren Wasserstand untersucht.

Grosvernier et al. (2009, Regeneration von Hochmooren: Grundlagen und technische Massnahmen) zeigen Beispiele von Ganglinien verschiedener Moortypen.

In Torfmooren hat der Wasserstand entscheidenden Einfluss auf die Torfbildung:

  • Absinktiefe und -dauer entscheiden massgeblich über Torfbildung bzw. –abbau, weil mit zunehmender Tiefe und Dauer der Belüftung der Torfe die Tendenz zur Mineralisation steigt.
  • Absinkgeschwindigkeit: Der Wasserspiegel kann pro Tag bis über 4 cm absinken.
  • Torfakkumulation: Damit Torf akkumuliert wird, das Moor also wächst, muss das Wasser im langfristigen Mittel nahe an, in oder über der Oberfläche stehen.

Die Schweizer Flachmoore sind oft von vielen Gräben durchzogen, die zur Bewirtschaftung angelegt worden sind. Gräben entwässern ihre Umgebung. Sie tun dies vor allem in Abhängigkeit der Lage im Gelände und des Bodenaufbaus. Hangparallele Gräben entwässern die tiefergelegenen Flächen, während der Einfluss hangvertikaler Gräben geringer ist. Bodensubstrate sind sehr unterschiedlich wasserdurchlässig. Bei Torfen sind der Torftyp und der Zersetzungsgrad wichtige Einflussgrössen, bei mineralischen Böden das Verhältnis von Ton, Sand und Schluff. Je grobkörniger der Boden, desto wasserdurchlässiger ist er. Durch Sand fliesst entsprechend ziemlich viel Wasser.

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Einflussfaktoren auf die Hydrologie (nicht abschliessend)

Wassereinzugsgebiet

Moore werden durch das Einzugsgebiet und den Niederschlag mit Wasser gespeist. Nur Regenmoore werden ausschliesslich mit Niederschlag versorgt. Das hydrologische Einzugsgebiet ist durch Wasserscheiden begrenzt. Die Wasserspeisung eines Moors ist in Menge, Qualität und zeitlicher Verteilung von der räumlichen Ausdehnung sowie der pedologischen, geologischen und Nutzungsstruktur seines Einzugsgebiets abhängig.

Im Rahmen des Projekts «Erhaltung der Wasserressourcen im Einzugsgebiet von Moorbiotopen von nationaler Bedeutung» wurde eine Methode entwickelt zur Abgrenzung von hydrologischen Pufferzonen. Auf dem Weg dahin wird unter anderem das Einzugsgebiets beurteilt.

Das Wassereinzugsgebiet ist eine wichtige Einflussgrösse und deren Charakterisierung relevant für das Verständnis und die Bedingungen in den Moorbiotopen.

Nährstoffökologie und chemische Eigenschaften

Die Angaben zur Nährstoffökologie beziehen sich hauptsächlich auf Torfmoore, da die Grundlagenliteratur darauf fokussiert. In diesem Kapitel wird nur auf die wesentlichen Aspekte von Nährstoffen und chemischen Eigenschaften eingegangen. Ausführliches kann in der angegebenen Literatur nachgelesen werden.

Moore sind natürlicherweise überwiegend nährstoffarm, weil ein beträchtlicher Anteil der mit dem Grund-, Oberflächen- oder Niederschlagswasser zugeführten Ionen im Torf festgelegt wird und daher für Pflanzen nicht oder nur eingeschränkt verfügbar ist. Bei Hochmooren ist ausschliesslich der atmosphärische Eintrag von Bedeutung, in Niedermooren beziehungsweise im Lagg von Hochmooren überlagern sich die Einflüsse von Grund-, Oberflächen- und Niederschlagswasser. Einzig die Moore der Flusstäler mit grossem Einzugsgebiet sind etwas nährstoffreicher.

Stickstoff, Phosphor und Kalium

Die Hauptnährstoffe sind Stickstoff, Phosphor und Kalium, wobei Stickstoff der wichtigste Pflanzennährstoff ist. Stickstoff wird von den Pflanzen vor allem als Nitrat oder Ammonium aufgenommen. Wachstumslimitierend wirken in vielen terrestrischen und aquatischen Ökosystemen in erster Linie Stickstoff und Phosphor, in seltenen Fällen (organische Nassböden) auch Kalium.

Stickstoff und Phosphor sind zum grössten Teil organisch gebunden und damit nur sehr eingeschränkt pflanzenverfügbar. Die Immobilisation von Stickstoff erfolgt v. a. bei der mikrobiellen Huminstoffbildung. Phosphor ist in der Bodenlösung von Torfen unter reduzierenden Bedingungen häufig nur zu einem geringen Anteil pflanzenverfügbar.

In genutzten Mooren ist der Entzug von Phosphor durch die Ernte eine wichtige Austragsgrösse.

Torfe enthalten deutlich weniger Kalium als Mineralböden. Aufgrund der grossen Kaliummenge in der Vegetation im Vergleich zum Bodenvorrat weisen Moore mit Schnittnutzung häufig eine negative Kaliumbilanz auf. In natürlichen und naturnahen Mooren gibt es hingegen keine Kaliumlimitierung des Pflanzenwachstums. Weil kein Kaliumentzug durch Ernte von Biomasse stattfindet, ist der Kaliumkreislauf in ungestörten Mooren weitgehend geschlossen. Die Pflanzen haben sich auf vielfältige Art an die nährstoffarmen Bedingungen in den Mooren angepasst. Darauf wird im entsprechenden Kapitel eingegangen.

Stickstoffeinträge aus der Luft (N-Deposition)
Stickstoffeinträge über Niederschläge in anthropogen wenig beeinflussten Gebieten betragen etwa 1 kg N pro Hektar und Jahr. In weiten Teilen Mitteleuropas beträgt der Eintrag heute 10-25 kg N pro Hektar und Jahr (bis zu 80 kg N pro Hektar und Jahr). Hinzu kommen Einträge durch trockene Deposition und Nebel (insgesamt 20-50 kg N pro Hektar und Jahr). In Hochmooren sind die Gesamt-Stickstoff-Frachten die wesentliche Eintragsquelle. Auf bewaldeten Moorflächen erfolgt gegenüber offenen Moorstandorten eine Anreicherung auf das bis zu 2.5fache.

pH

Für die Ökologie von Moorstandorten und damit die natürliche Vegetation sind neben den trophischen Bedingungen (Nährstoffe) die pH-Verhältnisse von Bedeutung. Succow und Joosten (2001) unterscheiden acht pH-Stufen (siehe Tabelle). Bei einem pH-Wert grösser als 6.4 ist Calciumcarbonat vorhanden und die Standorte dadurch von einer grösseren Zahl von «Kalkmoor»-Pflanzen gekennzeichnet. Der Bereich zwischen pH 4.8 und 6.4 ist basenreich. Hier ist der Schwerpunkt des Auftretens von Braunmoosen. Der saure Bereich mit tieferen pH-Werten als 4.8 ist charakteristisch für die meisten Torfmoosarten.

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Säure-Basen-Stufen gemäss Succow und Joosten, 2001

Leitfähigkeit

Die elektrische Leitfähigkeit ist ein Mass für die Summe aller im Wasser gelösten Ionen mit Ausnahme der Wasserstoffionen. Durch die negativen oder positiven elektrischen Ladungen der Ionen (z. B. Calcium, Nitrat, Phosphat) wird ein Stromfluss im Wasser ermöglicht, den man sich bei der Messung der elektrischen Leitfähigkeit zunutze macht. Eine hohe Leitfähigkeit bedeutet folglich eine hohe Ionenkonzentration und umgekehrt. In Moorökosystemen kann ein hoher Ionengehalt durch Eintrag mineralstoffreichen Grundwassers, durch oberirdische Einträge von Pflanzennährstoffen aus landwirtschaftlich genutzten Gebieten oder durch Torfzersatz verursacht werden. PH-Wert und Leitfähigkeit sind häufig, aber nicht immer positiv korreliert (z. B. nicht bei pH-Werten unter 4).

Die Messung der elektrischen Leitfähigkeit hat sich in der Praxis gut bewährt, um die vorkommenden Vegetationstypen nachvollziehen zu können oder Einflüsse von mineralstoffreichem Wasser zu erkennen. Regengespeiste Hochmoore zeigen Werte unter 40 µS/cm (bei Göttlich 30 µS/cm) mit niedrigsten Werten in ungestörten Torfmoosbeständen mit grossen Torfmächtigkeiten. Leicht höhere Werte zeigen bereits den Einfluss von mineralischem Wasser und sind in Übergangsmooren anzutreffen. Flachmooren zeigen Werte über 200 µS/cm je nach Leitfähigkeit von Oberflächen- oder Grundwasser. Aufstossendes Wasser aus basenreichen Bodenschichten kann sehr hohe Werte aufweisen (z.B. 800 µS/cm), was oft in kalkreichen Kleinseggenrieden zu finden ist.

Lebensräume

Die Feuchtgebiete unterscheiden sich in die beiden grossen Gruppen Hoch- und Flachmoore, die Übergangsmoore nehmen eine Mittelstellung ein. Die Feuchtwiesen werden mal zu den Flachmooren gezählt, mal separat geführt (siehe nachfolgende Tabelle). Daneben kommen in Mooren viele weitere, für das Ökosystem relevante Lebensräume wie natürliche kleine Seen, Abflussrinnen und Gräben vor, auf die in diesem Kapitel eingegangen wird. Für die Unterscheidung der Hoch- und Flachmoore wird die Klassifikation von Delarze et al. (2015) übernommen (siehe nachfolgende Tabelle). Die flächenmässig relevanten Moor- und Feuchtwälder werden bei den Wäldern abgehandelt, die trockenen Wiesen und Weiden beim Grünland. Übergänge gibt es im Weiteren zu den Lebensräumen der Fliessgewässer.

Ufer und Feuchtgebiete der Schweiz (nach Delarze et al. 2015)
Gefährdungsgrad: LC: nicht gefährdet, NT: potenziell gefährdet, VU: verletzlich, EN: stark gefährdet, CR: vom Aussterben bedroht; Regenerationszeit nach Störung bzw. Zerstörung des Lebensraumes: 1: < 5 Jahre; 2: 5–10 Jahre; 3: 10–25 Jahre; 4:25–50 Jahre; 5: 50–200 Jahre; 6: > 200 Jahre (Quelle: Delarze et al., 2016. Rote Liste der Lebensräume der Schweiz).

Pflanzengesellschaft (wissenschaftlich) Pflanzengesellschaft (Deutsch) Gefährdung Regenerationszeit
2.1.1 Sphagno-Utricularion Wasserschlauch-Moortümpelgesellschaften EN 3
2.1.2.1 Phragmition Stillwasser-Röhricht VU 2
2.1.2.2 Phalaridion Landschilf-Röhricht VU 2
2.1.3 Littorellion Strandlingsgesellschaften EN 2
2.1.4 Glycero-Sparganion Bach- und Flussröhricht VU 2
2.2.1.1 Magnocaricion Grossseggenried VU 3
2.2.1.2 Cladietum Schneidbinsenried VU 3
2.2.2 Caricion fuscae Saures Kleinseggenried VU 3
2.2.3 Caricion davallianae Kalk-Kleinseggenried VU 3
2.2.4 Caricion lasiocarpae Übergangsmoor EN 4
2.2.5 Caricion bicolori-atrofuscae Schwemmufervegetation alpiner Wildbäche VU 2
2.3.1 Molinion Pfeifengraswiese EN 3
2.3.2 Calthion Sumpfdotterblumenwiese NT 2
2.3.3 Filipendulion Spierstaudenflur NT 2
2.4.1 Sphagnion magellanici Torfmoos-Hochmoor EN 6
2.5.1 Nanocyperion Zwergbinsen-Annuellenflur CR 1
2.5.2 Bidention Nitrophile Annuellenvegetation VU 1

Im Moorhandbuch sind die Lebensräume in ausführlichen Artikeln vorgestellt (Band 1, Kap. 2). Phytosuisse ist ein Nachschlagewerk mit Kurzbeschrieb zu jeder Pflanzengesellschaft (Klassifikation nach Delarze et al.). Wichtig für das Verständnis der Lebensräume ist die Kenntnis ihrer Entstehung (Moorgenese). Darauf wird im Kapitel Moortypen «Erhalt und Förderung» eingegangen.

Hoch- und Übergangsmoore

Offene Hochmoore bestehen vorwiegend aus einem schwammigen Teppich wassergetränkter Torfmoose, auf dem verstreut kleinblättrige Heidekrautgewächse und schmalblättrige Sauergräser wachsen. Intakte Hochmoore wölben sich uhrglasförmig über die sie umgebende Landschaft. Sie sind durch den mächtigen Torfkörper vom Mineralboden und dessen Grundwasserregime vollständig isoliert. Die Speisung mit Wasser erfolgt ausschliesslich über den Niederschlag (Hochmoore werden deshalb auch «Regenmoore» genannt). Die Torfmoose sind durch ihr kontinuierliches, vom Grundwasser unabhängiges Wachstum die treibende Kraft für die Entstehung der Hochmoore. Sie bauen den Torfkörper auf. Das Wachstum der Hochmoorfläche ist ungleichmässig: Es wechseln sich «Bulten» (höckerartige Bodenerhebungen) mit nassen Schlenken ab. Der grosse Mangel an verfügbarem Stickstoff begünstigt zudem die Existenz fleischfressender Pflanzen (Drosera spp.) und Mykorrhiza-abhängiger Heidekrautgewächse. Ist der Wasserhaushalt gestört, nimmt das Heidekraut auf Kosten der Torfmoose stark zu – es bildet sich eine moorige Heidevegetation aus. Die Hochmoore sind auf Eutrophierung und Entwässerung äusserst empfindlich.

Im Hochmoor herrschen extreme Lebensbedingungen: Es ist ganzjährig sehr nass, sehr sauer und die Temperaturschwankungen können im Jahres- wie im Tagesverlauf gross werden. Die Artenvielfalt der Hochmoore ist dadurch vergleichbar gering, ihre Spezialisierungen aber gross.

Torfmoose – ein Winzling baut Landschaften
Torfmoose sind die Baumeister der Hochmoore und sie überziehen dessen Oberfläche wie einen Teppich. Es ist einzigartig, dass ein kleines und unscheinbares Pflänzchen ganze Landschaften prägt und baut.
Das Torfmoos zeichnet ein paar Besonderheiten aus: Es wächst an der Spitze und stirbt am Wurzelende ab. Die abgestorbene Pflanzenmasse ist das Ausgangsmaterial für die Torfbildung. Das Torfmoos ist ein Ionentauscher, das heisst es entzieht der Umgebung Mineralstoffe und gibt dafür Wasserstoffionen (positiv geladene H-Teilchen) ab. Dadurch wird das Moorwasser sauer. Die enorme Wasserspeicherkapazität ist eine weitere herausragende Eigenschaft. Das Pflänzchen besitzt spezialisierte Zellen (Hyalinzellen), welche sich bei Nässe mit Wasser vollsaugen und diese bei Trockenheit nur langsam abgeben. Bis zum 30-fachen des Eigengewichts kann an Wasser gespeichert werden. Da die Speicherfunktion auch in den abgestorbenen Pflanzenteilen erhalten bleibt, können Torfmoore grosse Wassermengen speichern. In der Schweiz kommen rund 30 Torfmoosarten vor, ein Dutzend ausschliesslich in Hochmooren.


Hochmoore sind komplexe und kleinräumig diverse und vielfältige Lebensräume. Im Moorhandbuch sind sie ausführlich beschrieben (Kap. 2.2.8).

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Schema eines naturnahen Hochmoors. a: Bult, b: Schlenke, c: Moorweiher, d: Schwingrasen, e: Rülle; f: Bergföhrenhochmoor, g: Randwald, h: Randsumpf, Lagg, i: Flachmoor (aus Moorhandbuch, Kap. 2.2.8, Original in Grünig, A., Vetterli, L., Wildi, O., 1986. Die Hoch- und Übergangsmoore der Schweiz (Bericht No. 281). Eidg. Anstalt für das forstliche Versuchswesen.

Die Übergangsmoore, auch Zwischenmoore genannt, bilden Bestände aus Sauergräsern (insbesondere Seggen) am Übergang zwischen den äusserst nährstoffarmen Hochmooren und den mineralienreicheren Standorten. Sie finden sich typischerweise in Senken in der Nachbarschaft von Hochmooren, wo sich das Wasser aus dem Hochmoor und der Umgebung sammelt. Die Speisung mit Wasser ist somit eine Mischung aus dystrophem Hochmoor- und mineralstoffreichem Grund- oder Quellwasser aus der Umgebung. Übergangsmoore können auch in wasserhaltigen Vertiefungen in der Kernzone von Hochmooren (Schlenken) wachsen. Ausführliche Informationen zu den Übergangsmooren enthält das Moorhandbuch, Kap. 2.2.6).

Flachmoore

Flachmoore werden, im Gegensatz zu den Hochmooren, neben dem Regenwasser zusätzlich mit mineralstoffreichem Hang-, Grund- oder Quellwasser versorgt. Die Pflanzen der Flachmoore sind reichlicher mit Nährstoffen versorgt als die Hungerkünstler der Hochmoore. Entsprechend den unterschiedlichen chemischen Eigenschaften des Wassers und den grösseren Schwankungen des Wasserspiegels ist die Vegetation der Flachmoore produktiver und vielfältiger als diejenige der Hochmoore.

Die Pflanzengesellschaften der Flachmoore

Stillwasser-Röhricht (Phragmition), Landröhricht (Phalaridion)
Das gürtelartige Stillwasser-Röhricht steht während der gesamten Vegetationsperiode im Wasser von Seeufern und Stillwasserbereichen. Es besteht vorwiegend aus Schilf (Phragmites australis), manchmal auch aus Rohrkolben (Typha angustifolia, T. latifolia) oder Seebinsen (Schoenoplectus lacustris). Infolge der Akkumulation von organischem Material verlanden diese Uferbereiche allmählich.

Das mähbare Landröhricht entsteht im Verlaufe des Verlandungsprozesses aus dem Stillwasser-Röhricht. Die Dominanz des Schilfs (bzw. des Rohrglanzgrases (Phalaris arundinacea) an Fliessgewässern) kennzeichnen die Einheit. Die lokalen Nährstoffanreicherungen durch angespülte Sedimente, Erde und Strandgut begünstigt das Aufkommen nitrophiler Arten. Landeinwärts nimmt die Dominanz des Schilfs zugunsten der Arten des Grossseggenrieds allmählich ab. Röhrichte der Verlandungszone wurden früher zur Gewinnung von Streumaterial gemäht.

Grossseggenried (Magnocaricion)
Die Vegetation des Grosseggenried wird von wenigen Pflanzenarten, vorwiegend grosswüchsige Seggenarten (60 bis 150 cm hoch) dominiert. Dazu gehören auch Arten, die höckerartige Bodenerhebungen, sogenannte «Bulten», bilden (Carex appropinquata, C. elata, C. paniculata). Bei natürlichen Ufern schliesst diese Vegetation landwärts an das Wasserröhricht an. Sie übersteht mehrwöchige Überflutungsperioden, im Winter sogar mehrmonatige, und Wasserstandsschwankungen um 60 cm. Der Boden bleibt dauerhaft feucht und ist neutral bis leicht basisch. Er ist häufig sauerstoffarm und schlecht belüftet. In ungemähten, eutrophierten Mooren sind oft Übergangsformen zum Landschilfröhricht anzutreffen. (Das Aufkommen von Gehölzen, insbesondere von Moorweidengebüschen und Erlenbruchwäldern, ist ein Hinweis auf ein längeres Ausbleiben der Pflege.)

Kalkreiches und Kalkarmes Kleinseggenried (Caricion davallianae und Caricion fuscae)
Das Kalkreiche Kleinseggenried bildet dichte, niederwüchsige Rasenbestände aus kalkzeigenden Seggen. Typisch ist der Reichtum an auffälligen, farbigen Blütenpflanzen, insbesondere an Orchideen. Die Einheit besiedelt oft Mulden oder feuchte, wasserzügige Hänge mit basen- und kalkreichen Böden (mineralreiche Rohböden oder torfige Humusböden). Die Mehrheit der Gesellschaften erträgt ein periodisches Trockenfallen besser als diejenigen der Kalkarmen Kleinseggenriede. Das Moorhandbuch enthält einen interessanten Artikel zum Substrat von Kopfbinsen- und Davallseggenrieden (Caricion davallianae) anhand der Analyse von 18 Vegetationsaufnahmen in den Nordalpen. Für sieben der 18 Vegetationsaufnahmen wird die Humusform als Torf bezeichnet. Die Untersuchungen zeigen im Weiteren, dass das Davallseggenried nicht nur in verschiedenen Regionen der Schweiz, sondern auch innerhalb des gleichen Flachmoors auf unterschiedlichen Bodentypen und Humusformen vorkommen kann.

Saure Kleinseggenriede kommen auf kalkarmen, torfigen Substraten vor. Sie sind arm an Arten und Blüten und bilden einen dichten Rasenbestand aus kleinwüchsigen Sauergräsern. Kalkarme Kleinseggenriede sind mehrheitlich ab der montanen Stufe anzutreffen, unterhalb von 500 m sind sie selten. Im Mittelland sind die Bestände infolge allgemeiner Entwässerung und intensiverer Bewirtschaftung der Moorlandschaften drastisch zurückgegangen.

Pfeifengraswiese (Molinion)
Die Pfeifengraswiesen weisen eine reichhaltige Flora auf mit vielen seltenen und gefährdeten Arten, darunter verschiedene Orchideen. Sie sind wechselfeucht mit jahreszeitlich und witterungsbedingt stark schwankendem Wasserstand. Der Boden ist meistens kalkhaltig und nährstoffarm, jedoch reich an organischem Material bis anmoorig. (Das namensgebende spätblühende Pfeifengras (Molinia coerulea) hüllt die Wiesen im Sommer in ein dezent blaues Meer.) Oft wachsen Neophyten, insbesondere Goldruten (Solidago spp.). Bei Ausbleiben der Mahd verbuschen sie oder das Pfeifengras wird dominant und bildet grosse Horste. Bei höherem Nährstoffgehalt weichen die Pfeifengraswiesen entweder den Feuchtwiesen oder den Hochstaudenfluren.

Die Sumpfdotterblumenwiese (Calthion) und die Spierstaudenflur (Filipendulion) sind nasse Standorte mit einem hohen Nährstoffangebot. Eine grossblättrige, üppige Krautvegetation ist vorherrschend. Dank des grossen Blütenangebots dienen sie vielen Insekten und Kleintieren als Nahrungsquelle.

Nährstoffreiche Feuchtwiesen (Calthion, Sumpfdotterblumenwiese)
Feuchte Wiesen und Weiden mit üppiger Krautvegetation sind kennzeichnend für die Sumpfdotterblumenwiesen. Typische Standorte umfassen Böden, die im Winter oder bei der Schneeschmelze oft stark vernässt sind, sowie Uferregionen von kleineren Bachläufen. Bevorzugt besiedelt werden fruchtbare, frische Böden.

Feuchte Hochstaudenflur (Filipendulion, Spierstaudenflur)
Bei der Spierstaudenflur handelt es sich um Pflanzenbestände aus hochwüchsigen Stauden, die streifenartige Bestände entlang von Bachläufen bzw. Säume entlang von feuchten Wäldern bilden. Sie dehnt sich zudem in nährstoffreichen Feuchtwiesen aus. Durch das dichte Blattwerk der dominanten Arten gelangt nur wenig Licht bis auf den Boden, wodurch kleinwüchsige Kräuter und Gräser meist fehlen. Die dominante Art ist oft die Spierstaude (Filipendula ulmaria). Der Boden ist stets durchfeuchtet, aber keiner langanhaltenden Überflutung ausgesetzt und enthält viel organisches Material und Nährstoffe.

Ausführliche Informationen zu den Pflanzengesellschaften der Flachmoore hat es im Moorhandbuch, Kap. 2.2.1 bis 2.2.5).

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Flächenanteile der verschiedenen Vegetationseinheiten an den Hoch- und Flachmooren (Quelle: WSL, Erfolgskontrolle Moorschutz)

Die nachfolgende Abbildung zeigt die Nutzung der Moore. Die Zahlen datieren ungefähr aus dem Jahr 2000 und basieren auf Stichproben. Die Moorwiesen werden etwa je hälftig gemäht oder beweidet, ca. 15% sind ungenutzt. Bei den basischen Kleinseggenrieden ist ein ähnlicher Anteil ungenutzt und etwas zwei Drittel werden beweidet. Die restlichen 20% werden mehrheitlich gemäht. Bei den sauren Kleinseggenrieden wird etwa ein Drittel gemäht und 15% beweidet, während fast die Hälfte ungenutzt bleibt. Bei den Hochmooren, welche im natürlichen Zustand keine Nutzung benötigen, werden ca. 30% gemäht oder beweidet, ca. 70% sind ungenutzt.

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Nutzung der Moore von nationaler Bedeutung nach Vegetationseinheiten (Quelle: WSL, Erfolgskontrolle Moorschutz)

Weitere Lebensräume

In den Feuchtgebieten gibt es, neben den oben beschriebenen Flach-, Übergangs- und Hochmooren viele weitere, ökologisch teilweise sehr relevante Lebensräume. In den Hochmooren sind es natürliche oder vom Menschen geschaffene wie Kolke, Rüllen, Lagg, Schwingrasen oder Torfstiche, in den Flachmooren sind es zum Beispiel Kleingewässer, Gräben oder Gehölze. Im Moorhandbuch wird in zwei Artikeln ausführlichen auf die Kleingewässer-Typen und ihre Bedeutung für Pflanzen und Tiere eingegangen (Kap. 2.2.8 und 3.3.2). Im Artikel zu den Stillgewässern wird ausführlich auf die Bedeutung, Förderung und den Unterhalt kleiner Gewässer eingegangen.

Flora und Fauna

Bedeutung der Moore für Flora und Fauna

Moore sind für den Artenschutz von grosser Bedeutung. Flachmoore gehören zu den artenreichsten Lebensräumen in Mitteleuropa. In den nördlichen Voralpen leben bis zu 48 verschiedene Arten von Moosen, 128 Blütenpflanzenarten, 28 Tagfalter- und 10 Heuschreckenarten in einem einzigen Flachmoor.

Der Artikel «Artenvielfalt in Flachmooren der Voralpen» (Pauli D., 2002, Moorhandbuch, Kap. 3.3.4) zeigt auf, wie wichtig für den Artschutz die Grösse, Vernetzung und die Qualität der Moore sind. Die Grösse eines Flachmoors ist dabei der bedeutendste Faktor für die Artenvielfalt von Pflanzen und Insekten, wobei mit zunehmender Grösse vor allem die Zahl der speziell angepassten Arten zunimmt. Wichtig ist auch die Nutzungsvielfalt mit einem Nebeneinander von Mahd und Beweidung. Auf eine gute Vernetzung mit den angrenzenden Flächen sind v. a. die Tagfalter angewiesen. Während die Schmetterlinge niederwüchsige, wenig produktive Standorte benötigen, erreicht die Vielfalt von Heuschrecken in den üppigen, strukturreichen Hochstauden ihre höchsten Werte.

Sehr ähnlich sind die Erkenntnisse einer 20-jährigen Untersuchung in 18 Mooren der Voralpen auf 800 bis 1400 m ü. M. Es gibt keine substanziellen Unterschiede in den Artenzahlen bei Mahd, bzw. Beweidung, negativen Einfluss hat aber eine zu starke Beweidung. Heuschrecken sind auf beweideten Flächen häufiger, Tagfalter auf gemähten. Es wird ein Mosaik aus Mahd und Beweidung empfohlen. Im Weiteren wird festgehalten, dass die Verbrachung negative Auswirkungen auf die Diversität hat, diese Effekte jedoch meist nach wenigen Jahren umkehrbar sind.

Gemäss einer Untersuchung von Mitte der 1990er-Jahre sind die Moorlandschaften für ein Viertel der beurteilten Arten der Roten Liste von besonderer Bedeutung, dabei auffallend viele Arten aus den Artengruppen der Vögel, Fische und Rundmäuler und Tagfalter.

Spezielle Bedingungen

In Mooren, insbesondere in Hochmooren, herrschen durch den hohen Wasserstand, die Nährstoffarmut, die sauren Bedingungen, dem möglichen Vorkommen toxischer Ionen (Fe2+, Mn2+, S2-) und dem huminstoffreichen, braunen Wasser extreme Lebensbedingungen. Entsprechend ist die Artenvielfalt bei Pflanzen und Tieren klein, die Spezialisierung aber gross. Deutlich lebensfreundlicher ist es in den Flachmooren. Pflanzen haben verschiedene Anpassungen an die unwirtlichen Bedingungen entwickelt:

  • Sonnentau (Drosera ssp.), Fettblatt (Pinguicula ssp.), Wasserschlauch (Utricularia ssp.) und Aldrovanda (Aldrovanda ssp.) sind Fleischfresser und erschliessen sich mit dem Fang von Tieren Nährstoffe.
  • Sauergräser (Cyperaceen) haben tiefreichende Rhizome zur Versorgung aus dem Katotelm.
  • Cyanobakterien können (an Schlenken-Standorten) Luftstickstoff (N2) fixieren. Das machen auch die Mykorrhiza-Pilze, welche mit Erika-Gewächsen (Ericaceen) in Symbiose leben und diese mit Stickstoff versorgen. Schwarzerlen (Alnus glutinosa) werden durch Aktinomyceten mit Stickstoff versorgt.
  • Viele Feuchtgebietspflanzen verfügen über die Fähigkeit, Sauerstoff in unterirdische Organe zu transportieren und dann an die Umgebung abzugeben (Schilf (Phragmites australis), Rohrkolben (Typha angustifolia und T. latifolia), Sumpfbinse (Eleocharis ssp.)). Manche Pflanzen besitzen Aerenchyme (Durchlüftungsgewebe).
  • Die typischen Feuchtgebietspflanzen sind an den hohen Feuchtegrad zu Anfang der Vegetationsperiode angepasst. Für die übrigen Arten ist die Frühlingsnässe der entscheidende Stressfaktor.
  • Viele Pflanzen haben schwimmfähige Diasporen, Riedwiesensamen sind aber kurzlebig. Sehr viele Riedwiesenpflanzen verbreiten sich vegetativ über Rhizome.
  • Auf die Besonderheiten der Torfmoose wird im Kapitel «Hoch- und Übergangsmoore» eingegangen.

Artenlisten

Gilden
InfoSpecies hat die auf Artvorkommen basierenden Grundlagen für die Planung und Umsetzung der Ökologischen Infrastruktur durch Bund und Kantone erarbeitet.

Die Gilden der feuchten Lebensräume (Gilde 5 - Kleine Stillgewässer, Teiche; Gilde 6 - Landröhrichte, Flachmoore, Streuwiesen, Moor-Weidengebüsche; Gilde 7 - Nährstoffreiche Nasswiesen; Gilde 8 – Auenwälder; Gilde 9 - Hochmoore und Zwischenmoore) werden zur Gilde der «Feuchtlebensräume» (G101) zusammengefasst. Diese enthält 1185 Arten aus den Gruppen der Flechten, Moose, Pilze, Gefässpflanzen und Fauna (Vögel, Amphibien, Libellen, Tagfalter, Säugetiere (inkl. Fledermäuse), Käfer, Eintagsfliegen, Köcherfliegen, Steinfliegen, Wildbienen, Muscheln, Heuschrecken). Diese Listen sind eine umfassende und aktuelle Grundlage der in Feuchtgebieten vorkommenden Arten.

National prioritäre Arten
Die Liste der National prioritäre Arten lassen sich nach Lebensräumen filtern.

Verschiedene Listen
In verschiedenen Datenbanken lassen sich die Artvorkommen nach Lebensräumen abfragen:

  • Die Publikation «Mires and man» (1994), enthält Listen zu Gefässpflanzen, Moosen, Lebermoosen, Flechten, Säugetieren, Vögeln, Amphibien, Reptilien und Invertebraten der Moore.
  • Umweltziele Landwirtschaft (UZL): In der Liste der UZL-Arten ist das Vorkommen in Lebensraumtypen (Extensive Wiesen feucht, Extensive Weiden feucht, Streuwiesen/Flachmoor, Wassergräben, Tümpel, Teiche, Hochmoore, Hochstauden, Röhricht, temporäre Gewässer) und Lebensraumgruppen (Gewässer, Hochstauden, Röhricht, Hochmoore, Extensive feuchte Wiesen/Weiden, Streuwiesen) erfasst.
  • Die Flora indicativa umfasst ökologische und biologische Eigenschaften von rund 5500 Gefässpflanzen-, 600 Moos- und 200 Flechtenarten der Flora der Schweiz und der Alpen. Die zugehörige Datenbank ermöglicht ebenfalls Abfragen zu den Lebensräumen.
  • Die Fauna indicativa erfasst ökologische Präferenzen und biologische Eigenschaften aller in der Schweiz einheimischer Libellen-, Heuschrecken-, Laufkäfer- und Tagfalterarten.

Pflanzen

Zur Moorflora werden 229 Arten gezählt. Seit 1850 haben sich die Anzahl Arten pro Verbreitungsgebiet (gemäss Welten-Sutter-Flächen) von 59 auf 51 Arten reduziert. Der Rückgang ist in der kollinen Stufe am grössten (Abnahme um 20 Prozent), gefolgt von der montanen Stufe (12 Prozent), der subalpinen Stufe (6 Prozent) und der alpinen Stufe (3 Prozent). Auch in den biogeografischen Regionen zeigt sich ein heterogenes Bild mit stärksten Rückgängen im Mittelland. Bei den Lebensraumtypen verzeichnen die Übergangsmoore und Moortümpel die deutlichsten Abnahmen.

Das Moorhandbuch enthält verschiedene Artikel mit Pflanzenlisten:

  • Kap. 2.1.1: Anhang 1, Liste der Gefässpflanzen der Hochmoore; Anhang 2, Liste der Sporen- und Blütenpflanzen der Flachmoore
  • Kap. 2.2.2: Charakteristische Arten der Pfeifengraswiesen
  • Kap. 2.2.3: Arten der Nasswiesen (Calthion) und der Hochstaudenriede (Filipendulion)
  • Kap. 2.2.4: Arten der Kleinseggenriede (Caricion davallianae und Caricion fuscae)
  • Kap. 2.2.7, Anhang (Inventarblatt): Arten der Hoch- und Übergangsmoore


Schilf ist eine bedeutende Art der Moore. Einerseits bildet es an den Ufern von Stillgewässern die Röhrichte (siehe Kap. «Flachmoore»), andererseits in den Streuwiesen das «Landschilf». Das Röhricht ist faunistisch von grosser Bedeutung. Viele Kleintiere, wie Gallmücken, Halmfliegen, Schmetterlinge (vor allem aus den Familien der Eulen, Holzbohrer und Zünsler), Blattläusen oder Zikaden nutzen es als Lebens-, Nahrungs- und Überwinterungsraum. Zudem nutzen viele, teilweise sehr seltene, Vogelarten die dichten Schilfbestände. Das «Landschilf» ist zwar in Flach- und Hochmooren oder Nasswiesen, wie auch ältere Vegetationsuntersuchungen belegen, weit verbreitet, es konnte in den vergangenen Jahrzehnten aber auch neue Moore besiedeln oder hat zugenommen. Verschilfte Flächen beinhalten in der Regel mehr schattentolerante Arten, weniger Arten der Roten Liste und weniger moortypische Arten als unverschilfte. Daher ist klar zu unterscheiden zwischen dem ökologisch sehr wertvollen Röhricht und dem problematischen Landschilf.

Ausgewählte Literatur zum Schilf:

Tiere

Die Feuchtgebiete sind wichtige Lebensräume für Vögel. Von den 223 Brutvögeln der Schweiz haben 63 ihr Hauptverbreitungsgebiet in Feuchtgebieten oder an Gewässern. Die Vogelarten der Riedgebiete sind stark rückläufig. Die deutlichsten Auswirkungen des Verlusts der grossflächigen Riedgebiete zeigen sich bei den vier Limikolenarten Rotschenkel (Tringa totanus), Bekassine (Gallinago gallinago), Grosser Brachvogel (Numenius arquata) und Kiebitz (Vanellus vanellus). Die rezenten Feuchtgebiete sind nicht nur deutlich kleiner, sondern für viele Vogelarten auch qualitativ schlechter geworden aufgrund des Nährstoffeintrags, der fehlenden Nässe und der Zunahme von menschlichen Störungen durch Freizeitaktivitäten. Wegen der Regulierung und durch Pegelabsenkung im Winter und frühen Frühling, wird der höchste Wasserstand später in der Saison erreicht.

Der Artikel «Entwicklung der Vogelwelt in Feuchtgebieten und an Gewässern» (Keller V., 2018 in Stuber, M. & Bürgi, M., 2018) enthält eine Liste mit allen Feuchtgebietsarten mit Angaben zum Lebensraum, zu Veränderungen seit 1850 und einer Beurteilung.

Zu einem späteren Zeitpunkt werden zu weiteren faunistischen Artengruppen Informationen aufgeschaltet.

Mensch und Moor (Menschliche Einflüsse auf die Moore)

Der Mensch wirkt schon seit Jahrtausenden auf Moore ein. Bereits zu römischen Zeiten begann die Trockenlegung von Feuchtgebieten und erreichte zwischen 1850 und 1890 im Mittelland und zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg im Jura und in den Voralpen ihren Höhepunkt.

Das Wirken des Menschen war und ist mannigfaltig, sowohl im Moor selber als auch im Einzugsgebiet: Entwässerung, Nährstoffeintrag, (grossflächige) Grundwasserabsenkungen, Infrastrukturbauten, Nährstoffeinträge über die Luft, unsachgemässer Unterhalt oder Pflege, etc.

Die Auswirkungen auf die Moore reichen von gering bis zu irreversibler Zerstörung. Zur Beurteilung des Einflusses wurde (in Deutschland) das System der Hemerobie- oder Naturnähestufe entwickelt, welches das Ausmass menschlicher Eingriffe in Bezug auf Vegetation und Standorteigenschaften kennzeichnet. Indikatoren sind Nährstoffhaushalt, Wasserhaushalt und Flora/Vegetation. Die Zuordnung zu einer Hemerobiestufe erfolgt nach dem Minimumprinzip, d.h. die jeweils naturfernste („schlechteste“) Ausprägung eines der Indikatoren entscheidet über die Gesamteinstufung.

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Hemerobiestufen von Mooren (Quelle: Leitfaden der Niedermoorrenaturierung in Bayern, Wagner A. und I. (2005))

Flachmoore, die zur Streugewinnung angelegt worden und von Gräben durchzogen sind, sowie einmal jährlich genutzt werden, gehören zum kulturbetonten, primäre Hochmoore zum naturnahen Hemerobiegrad.

Der Einfluss des menschlichen Wirkens auf die Moore hat unterschiedliche Auswirkungen auf die drei Indikatoren Nährstoffhaushalt, Wasserhaushalt und Flora/Vegetation. Bereits ab Hemerobiegrad «kulturbetont» findet kaum oder keine Torfbildung mehr statt. Bei stärkerer anthropogenen Überprägung finden im Moor sehr starke, oft nicht reversible Veränderungsprozesse statt.

Entwässerungen haben weitreichende Veränderungen der bodenphysikalischen Kennwerte des Moorbodens zur Folge. Der Luftanteil, der Feststoffanteil und die Bodenfestigkeit nehmen zu, die Mächtigkeit des Moorkörpers, der Porenanteil, die gesättigte Wasserleitfähigkeit, die Speicherfähigkeit für pflanzenverfügbares Wasser und die Benetzbarkeit nehmen ab. Als Folge davon sinkt der Wasserstand ab, der Torf trocknet oberflächlich aus und mineralisiert, d. h. durch den Luftzutritt werden die Pflanzenreste des Torfs durch Mikroorganismen abgebaut und die Nährstoffe freigesetzt. Das Moor, das bisher eine CO2-Senke war, wird zur CO2-Quelle. Bei ackerbaulicher Nutzung von Torfmooren gehen jährlich etwa zwei Zentimeter Torf verlustig, bei Grünland etwa die Hälfte.

Veränderungen der abiotischen Funktionen Nährstoff- und Wasserhaushalt wiederum haben auch Veränderungen der Lebensraumfunktionen zur Folge.

In der angegeben Literatur wird ausführlich auf die Auswirkungen von Entwässerungen auf die Bodeneigenschaften und Funktionen eingegangen.

Erhalt und Förderung

In diesem Kapitel wird darauf eingegangen, wie Moore durch optimierte Pflege erhalten, wie sie durch Renaturierungen gefördert und wie durch Massnahmen im Einzugsgebiet die Bedingungen verbessert werden können.

Grundsätze

Die Moore sind in der Schweiz so stark zurückgegangen, dass der Erhalt der noch vorhanden Moore oberste Priorität geniessen muss (Flächensicherung). Wichtig ist dabei die gesamtheitliche Betrachtung (Einzugsgebiet, Moortyp, Boden, Nährstoffeinflüsse, Nutzungen, etc.) mit entsprechenden Massnahmen, wie z. B. die Ausscheidung von Pufferzonen und Gewässerräumen, der Rückbau starker Eingriffe in den Wasserhaushalt oder die moorverträgliche Trinkwassernutzung.

Die Moore sollen optimal gepflegt und bei Bedarf renaturiert werden. Das gilt insbesondere auch für Intensivnutzungen über Torf (moorschonende Nutzung). Die beiden international renommierten Moorfachleute Succow und Joosten äussern sich dazu unmissverständlich: «Saat-Grasland und Ackernutzung auf Torfstandorten müssen der Vergangenheit angehören.» Sie bemerken, dass die Nutzung die Tragfähigkeit der Ökosysteme nicht überfordern oder gar zerstören darf. Nutzungsformen, die diesen Prinzipien widersprechen, seien zukünftig nicht mehr zu akzeptieren.

Zur Erhaltung der Moore sollen ihre Geschichte und der Zustand ausreichend bekannt sein, Ziele gesetzt und daraus die Massnahmen abgeleitet werden.

Optimale Bewirtschaftung

Einleitung

Die meisten Moore der Schweiz werden gemäht oder beweidet (siehe Kap. «Flachmoore»). Mit Ausnahme natürlicher Hochmoore ist eine Nutzung notwendig, da die meisten Moore der traditionellen, regelmässigen Nutzung entstammen. Eine Nutzungsaufgabe würde letztendlich zur Ausbildung eines Gebüsch- oder Waldbestands führen. Es können folgende Nutzungstypen unterschieden werden:

  • Regelmässige, jährliche Mahd im Herbst
  • Regelmässige zweimalige Mahd pro Jahr, im Sommer und Herbst (nährstoffreichere Feuchtwiesen)
  • Mahd alle paar Jahre
  • Unregelmässiges Mähen im Herbst/Winter (Ried-Rotationsbrache)
  • Beweiden
  • Kontrollierte Brache bis Sukzession (auf diese selten angewendete Nutzungsform wird weiter unten eingegangen)
  • Keine Nutzung

Bis in die 1970er-Jahre wurden Streuwiesen kleinflächig und zu verschiedenen Zeitpunkten im Spätsommer bis Herbst gemäht, wobei in einzelnen Jahren auch kleinere Flächen ungemäht blieben . In den 1990er Jahren wurden die Schnitttermine von Streuwiesen einheitlich auf den 1. September festgelegt. Dabei wurde zu wenig Rücksicht genommen auf viele Tier- und Pflanzenarten. Die Mahd in der ersten Septemberhälfte ist für viele zahlreiche Kleintierarten zu früh, weil sie zu diesem Zeitpunkt ihre Eiablagephase / Entwicklung noch nicht abgeschlossen haben.

Fauna-freundliche Mahd

Im Grünland-Artikel wird ausführlich auf die Wirkung der Mahd auf die Fauna eingegangen.

Pflegepläne erarbeiten

Die Art und Weise der Bewirtschaftung und Nutzung hat unterschiedliche Wirkungen auf die Vegetationszusammensetzung und auf das Vorkommen von Tieren. Um die Moore optimal zu nutzen, sollen Pflegepläne, für die Alpbetriebe alpwirtschaftliche Gesamtplanungen erarbeitet werden. Dadurch soll die Bewirtschaftung auf die Ziellebensräume und -arten ausgerichtet werden. In den letzten Jahrzehnten sind solche für viele Naturschutzgebiete erarbeitet worden und das Wissen dazu ist entsprechend gross. Wir möchten uns daher darauf beschränken, auf die zu berücksichtigenden Aspekte hinzuweisen:

  • Mahdzeitpunkte: Riedwiesen werden traditionell im Herbst, die nährstoffreicheren Feuchtwiesen im (Spät-)Sommer gemäht. Wir möchten dazu auf die detaillierten Angaben in den Pflegegrundsätzen (siehe unten) und auf die Tabelle mit Schnittzeitpunkten verweisen.
  • Beweidung: Relevante Aspekte sind u. a. die Bestossungsdichte, die Koppelung, Zaunführung und das Auszäunen heikler Moore (Hochmoore und sehr nassen oder trittempfindlichen Bereiche von Flachmooren). DasMoorhandbuch enthält dazu mehrere (auch wenn schon einige Jahre alt) informative Artikel: Kapitel 2.1.2 «Minimalpflege von Mooren in Hochlagen», Kapitel 2.1.3 «Bewirtschaftung und Pflege verschiedener Pflanzengesellschaften der Flachmoore», Kapitel 2.1.4 «Grundsätze zur Bewirtschaftung und Pflege von Flachmooren in Hochlagen», Kapitel 2.2.1 «Moorschutz in schwach erschlossenen Gebieten – Schutzkonzept Weissenberge», Kapitel 3.1.1 «Zur Beweidung von Hoch- und Flachmooren», Kapitel 3.1.2 «Moorschutz in Gebieten mit alpwirtschaftlicher Nutzung», Kapitel 3.1.3 «Grundsätze für Weideführung, Stallhaltung und Düngung», Kapitel 3.2.1 «Fallbeispiel Grosses Moos (Schwändital, GL)».
  • Differenzierte Pflege (Gestaffelter Schnitt, Nutzungsmosaike, etc.): siehe Pflegegrundsätze
  • Keine Pflege: siehe unten
  • Rotationsbrache: siehe unten
  • Strukturen schaffen: das Vorhandensein von Ast- und Holzhaufen, Gehölzgruppen, Gräben, kleinen Böschungen und Säumen erhöht die Biodiversität. Sie sollen am Rand oder ausserhalb der Moorvegetation angelegt werden. Ausführliche Informationen dazu finden Sie im «Kleinstrukturen».

Rotationsbrache
Seit einigen Jahren wird bei der herbstlichen Mahd häufig ein Anteil von 5-10% der Riedwiesen als Brache stehen gelassen. Informationen dazu liefern der Bericht «Praxisorientierte Empfehlung für die Erhaltung der Insekten- und Pflanzenvielfalt mit Ried-Rotationsbrachen» und die Pflegegrundsätze (S. 18f.; siehe nachfolgendes Kapitel). In Rotationsbrachen ist auf Neophyten (z. B. Goldruten (Solidago ssp.)) und Problemarten (z. B. Schilf (Phragmites australis), Knotenbinse (Juncus subnodulosus)) zu achten (Regioflora führt eine Liste von potenziell problematischen Arten im Grünland, darunter auch Feuchtgebietsarten).

Pflegegrundsätze
Der Kanton Zürich hat Pflegegrundsätze erarbeitet (Bericht sowie umfangreiche Artenliste mit Angaben zu den Ansprüchen von Arten). Diese umfassen die ökologisch wertvollen Lebensraumtypen des Grünlands. Das Dokument thematisiert wiederkehrende Pflegemassnahmen (nicht eingegangen wird auf in grösseren Abständen (> 3 Jahre) stattfindende Unterhaltsarbeiten und die Beweidung). Die beiden Hauptkapitel handeln allgemeingültige und lebensraumspezifische Pflegegrundsätze (Kap. 3) sowie artenspezifische Pflegegrundsätze (Kap. 4) ab. Auch wenn sich der Bericht auf den Kanton Zürich bezieht, hat er für die kolline und (sub-)montane Stufe des östlichen Mittellands Gültigkeit. Die vorgeschlagenen Schnittzeitpunkte können wohl für das ganze Mittelland angewendet werden.

Kontrollierte Brache bis Sukzession
Wagner&Wagner (2005) schlagen langjährige Brachen als Voraussetzung der Etablierung/Ausbreitung mahdempfindlicher Zielarten vor. Von den von ihnen genannten Zielarten (Niedrige Birke (Betula humilis), Kammfarn (Dryopteris cristata), Heidelbeerblättrige Weide (Salix myrtilloides)) kommt in der Schweiz der Kammfarn selten vor, die beiden anderen Arten sind bei uns äusserst selten. Nichtsdestotrotz sind langjährige Brachen eine Möglichkeit der Erhöhung der Strukturvielfalt in gemähten Riedwiesen. In Frage kommen einerseits nur langsam verbuschende Pflanzenbestände (z. B. Hochstaudenriede) oder andererseits artenarme Bestände, welche statt jährlich gemäht in einem Turnus von 5 bis 10 Jahren entbuscht werden.

Keine Pflege
Natürliche Hochmoore, nasse Grossseggenriede und nährstoffarme, schwach wüchsige Flachmoore in der alpinen Stufe benötigen keine Pflege.

Zielkonflikte
Bei der Erarbeitung eines Pflegeplans wird man wegen der unterschiedlichen Ansprüche von Arten unweigerlich auf Zielkonflikte stossen. Die oben aufgeführten Aspekte bieten Optionen, damit umzugehen, um eine möglichst grosse Artenvielfalt zu ermöglichen.

Die Bestimmungen des Bundes für die Bewirtschaftung von Streueflächen (http://www.bff-spb.ch/de/biodiversitaetsfoerderflaechen/wiesen-und-weiden/streueflaechen/) sind zu lasch und entsprechen nicht den nach aktuellen wissenschaftlichen Kenntnissen zur Förderung der Biodiversität der Feuchtgebiete (die Kantone machen teilweise weitergehende Auflagen):

  • Es gibt keine Differenzierung des Schnitttermins (generell ab 1. September möglich)
  • Ein Verbot des Mähaufbereiters gilt nur für QII
  • Rückzugsstreifen (Brachen) sind nur fakultativ
  • Maschinen mit Rotationsmähwerk sind erlaubt
  • Es muss keine Mindestschnitthöhe eingehalten werden.

Problempflanzen

Dieses Kapitel wird laufend mit Informationen zu weiteren Arten ergänzt.

Schilf
Das «Landschilf» ist in den Riedwiesen ist bei zu starkem Aufkommen ein Proble. 1997 wurden im Flachmoor Spitzmäder, Kanton St.Gallen, Mähversuche zur Eindämmung der Verschilfung gestartet. Der bisherige Septemberschnitt (Kontrolle) wurde mit zwei Frühschnitttypen verglichen (jährliche Zusatzmahd im Juli sowie Zusatzmahd nur jedes zweite Jahr). In den Jahren 1997 bis 2001, 2006 und 2012 erfolgten Vegetationsaufnahmen und Verschilfungsmessungen. Die Verschilfung reagierte schon ab dem zweiten Versuchsjahr auf die Frühschnitte und verringerte sich bis 2012 um rund 60% (jährlicher Julischnitt) bzw. 20% (Julischnitt alle zwei Jahre). Auf den Kontrollflächen stieg die Verschilfung im selben Zeitraum fast auf das Dreifache. Aufgrund der Versuche wird ein alternierender Schnitt empfohlen (Zusatzmahd im Juli in jedem zweiten Jahr).

Knotenbinse (Juncus subnodulosus)
Die Knotenbinse macht sich zunehmend in Flachmooren auf Kosten anderer moortypischer Arten breit. Betroffen sind auch wertvolle Pflanzenbestände wie etwa das Kleinseggenried. Die Ursachen für diese neue Entwicklung sind nur unzulänglich bekannt. Denkbar sind Verbrachungsprozesse (Bosshard et al. 1988), Bodenverdichtung (vgl. beweidungsbedingte Zunahme bei Quinger et al. 1995) und Nährstoffanreicherung (Quinger et al. 1995). Das Handbuch Moorschutz empfiehlt einen regelmässigen Schnitt.

Renaturierungen

Einleitung

Die Renaturierung von Mooren ist ein weites Feld. Von kleineren Aufwertungsmassnahmen bis zu grossflächigen Regenerationen gibt es eine breite Palette von Fördermassnahmen. Renaturierung' wird i. d. R. als Oberbegriff verwendet und steht für die Überführung von gestörten Ökosystemen in einen naturnäheren Zustand. Mit Regeneration meint man die Rückführung in den natürlichen Zustand. Von Revitalisierung wird dann gesprochen, wenn es um die biologischen Funktionen in einem Moor geht. Eine Renaturierung ist in der Regel kurzfristig möglich, Regenerationen hingegen brauchen Zeit.

In den vergangenen Jahrzehnten sind in der Schweiz und in den Nachbarländern viele Renaturierungsprojekte umgesetzt worden. In Deutschland hat man dabei vor allem Torfmoore vernässt (Hoch- und Niedermoore), in der Schweiz hauptsächlich Hochmoore und nur selten Flachmoore.

In diesem Kapitel wird auf den Planungs- und Umsetzungsablauf von Wiedervernässungsprojekten und auf die Massnahmen eingegangen. Da es zur Renaturierung von Mooren umfangreiche Unterlagen gibt, enthält es viele Verweise.

Planung und Umsetzung

Auslöser und auch Hauptproblem in beeinträchtigten Mooren ist der zu tiefe Wasserstand. Um ein Moor erfolgreich zu renaturieren, braucht es genügend und sauberes Wasser. Eine Regeneration durchläuft verschiedene Prozessschritte. Diese sind, je nach Gebiet, unterschiedlich tief und aufwändig zu bearbeiten:

  • Übergeordnete Planung
  • Ist-Zustand und Abklärungen
  • Projektierung
  • Umsetzung/Bau
  • Erfolgskontrolle

Es lohnt sich, mit einer übergeordneten Planung über einen grösseren Raum, z. B. einen Kanton, eine Prioritätenliste zu erstellen. Es sollen die Gebiete bezeichnet werden, für welche die grössten Erfolgsaussichten für Renaturierungsmassnahmen bestehen. Kriterien können z. B. Besonderheit, Realisierbarkeit, Dringlichkeit und Gefährdung oder Effizienz sein.

Ist-Zustand und Abklärungen sind im «Leitfaden der Niedermoorrenaturierung in Bayern» (Wagner et al. 2005) ausführlich beschrieben. Besonders empfehlenswert ist das Kapitel «Leitbilder und Entwicklungsziele». Dabei geht es u. a. um die Frage, ob ein Gebiet in ein naturnahes oder in ein kulturbetontes Moor (extensive Streunutzung) entwickelt werden soll (vgl. Kap. «Mensch und Moor»).

Bei der Projektierung geht es darum, die wesentlichen Parameter zu erfassen. Die Wahl der geeigneten Massnahmen ist für jedes Gebiet individuell festzulegen. Sie sollen solid und langlebig sein. Im Kapitel «Massnahmentypen» wird auf die verschiedenen Möglichkeiten eingegangen.

Die ideale Zeit für den Bau ist zwischen August und Oktober, weil dann die Böden am trockensten, Tiere aber noch mobil sind, um ausweichen zu können. Es soll mit adäquaten Maschinen gearbeitet, d. h. geringer Bodendruck (Bagger mit breiten Raupen, auf Baggermatratzen arbeiten) und geeignete Grösse des Baggers, je nach Arbeiten und Situation vom Kleinbagger (1-1.5 t) bis zu sehr grossen Geräten (20-25 t). Die Arbeiten sollen mit den Ausführenden besprochen und gut begleitet werden.

FNS 2009 Praxishilfe Regeneration Hochmoore zg.png
Prozessschritte bei einem Renaturierungsprojekt (Quelle: Praxishilfe zur Regeneration von Hochmooren im Kanton Zürich (2009)). Auf die einzelnen Prozessschritte wird in der Praxishilfe im Detail eingegangen.

Literatur mit Ausführungen zum Projektablauf (nicht abschliessend):

  • Wagner, A., Wagner, I., Hrsg.: Bayerisches Landesamt für Umweltschutz, 2003. Leitfaden der Niedermoorrenaturierung in Bayern.
  • pluspunkt, Naturplan, quadra, 2009. Praxishilfe zur Regeneration von Hochmooren im Kanton Zürich (Merkblatt).
  • Grosvernier, Ph., Staubli, P., 2009. Regeneration von Hochmooren. Grundlagen und technische Massnahmen, Umwelt-Vollzug Nr. 0918. Bundesamt für Umwelt, Bern.
  • Bayerisches Landesamt für Umweltschutz (Hrsg.), 2002. Leitfaden der Hochmoorrenaturierung in Bayern für Fachbehörden, Naturschutzorganisationen und Planer.
  • Convention on Wetlands., 2021. Global guidelines for peatland rewetting and restoration, Ramsar Technical Report No. 11. Gland, Switzerland: Secretariat of the Convention on Wetlands.

Die Torfbörse ist eine Plattform, welche als Aushubmaterial anfallenden Torf an Regenerationsprojekte in Hochmooren vermittelt. Melden Sie sich dort, wenn Sie Torf benötigen oder anzubieten haben.

Moortypen

Aufgrund der Entwicklung unterscheidet man acht verschiedene hydrogenetische Moortypen, die sich für Renaturierungen verschieden gut eignen und bei denen unterschiedlich herangegangen werden muss. Bei all diesen Moortypen handelt es sich um Torfmoore. Mineralische Moore oder Anmoore mit geringmächtiger organischer Schicht sind hier nicht behandelt.

Besonders günstige Bedingungen für Renaturierungen bieten nicht geneigte, nährstoffarm-saure und eutrophe Moore, die nur wenig degradiert sind , mit lokalem Auftreten der (torfbildenden) Schlüsselarten. Mesotrophe, basen- und kalkreiche Moore (vor allem Durchströmungs- und Quellmoore), die meist geneigt und von einem Grundwasserzustrom sowie von Durchströmung oder Überrieselung des Torfkörpers abhängig sind, sind hingegen nur schwer regenerierbar. Moore lassen sich nicht immer nur einem Moortyp zuordnen, da es im Laufe der Entstehungsgeschichte unterschiedliche Phasen gegeben haben kann. Bei Mooren mit einer (natürlichen) Hangneigung ist bei Renaturierungsmassnahmen eine der grösseren Herausforderungen, dass sie einen weitreichenden Effekt haben.

Verlandungsmoore

Die Verlandungsmoore entstehen an den Ufern von Seen und Weiher. An meso- (bis oligo-)trophen Seen mit relativ geringer Produktivität ist der Verlandungsbereich artenreich mit seltenen Arten wie Rohrdommel, Sumpfhuhnarten, Weihen, Rohrsängern, Bartmeisen und Schwirlen. Eine der wichtigsten Massnahmen sind Seesanierungsmassnahmen zur Reduktion der Nährstoffgehalte, je nachdem eine Erhöhung des Wasserspiegels. Landseitig soll das Moor aus dem Einzugsgebiet nicht mit nährstoffreichem Wasser versorgt werden (siehe Kap. «Wassereinzugsgebiet»).

Versumpfungsmoore

Dieser Moortyp, der in Mitteleuropa mindestens ein Viertel der Moore ausmacht, entsteht durch eine Erhöhung des Grundwasserspiegels (z. B. aufgrund von Klima- oder Landnutzungsänderung (Rodung) oder der Verringerung des Wasserabflusses). Sie zeigen einen jahreszeitlichen Wechsel von Überstau und Austrocknung. Sie weisen meist nur geringmächtige und meist stark zersetze Torfschichten auf, die leicht entwässerbar sind. Primäres Ziel der Renaturierung von Versumpfungsmooren ist die Wiederherstellung einer phasenhaften Überstauungsdynamik durch Anhebung des Grund- bzw. Förderung der Stauwasserzuflüsse sowie das Rückgängigmachen der künstlichen Moorentwässerung. Sie sind einfach wiederherstellbar.

Überflutungsmoore

Überflutungsmoore sind typisch für Auengebiete. Entscheidend für Auen-Moorbildungen ist ansteigendes Grundwasser in flussferneren Auenbereichen, verursacht durch die Erhöhung des Flussbettes. Der Boden weist mineralische Zwischenschichten auf. Auen-Überflutungsmoore tragen zumeist eine eutraphente Vegetation aus Grossseggenrieden, Röhrichten, Auen- und Bruchwäldern. Durch die starken Eingriffe in die Gewässer sind viele Überflutungsmoore zerstört worden. Sie zu reaktivieren bedingt Gewässerrevitalisierungen.

Kesselmoore

Kesselmoore sind meist klein mit einem geringen Einzugsgebiet. Die Torfmächtigkeit kann grösser als 10 m sein. Der natürliche Wasserstand ist dynamisch mit mehrjährigen Nässe- und Trockenphasen und einem korrespondierenden periodischen Aufwachsen und Absterben von Gehölzen. Kesselmoore lassen sich relativ einfach renaturieren durch die Förderung des Wasserzulaufs, die Rückhaltung von Wasserabflüssen und Niederschlägen und die Minimalisierung von Nährstoffeinträgen.

Hangmoore

Bei diesem Typ handelt es sich um flächige Hangvermoorungen durch Hangwasserzufuhr («geogen»). Die Torfe sind in der Regel geringmächtig. Bei reichlich Niederschlag entstehen die «ombro-soligenen» Moore mit schliesslich rein ombrogenen Mooren. Hangabwärts hagert das Moor zunehmend aus. Natürlicherweise handelt es sich bei Hangmooren um Erlen- oder Birken- und Fichtenbruchwälder. Offene Hangmoore sind meist aufgrund von Mahd und extensiver Weidenutzung entstanden.

Bei der Renaturierung steht die Instandstellung des Überrieselungs-Wasserregimes im Fokus. Im Bereich der Wasserzufuhr soll es einen wassergefüllten Randsumpf geben, von dem aus das Moor überrieselt wird. Entwässerungseinrichtungen und -gräben sollen verschlossen und je nachdem soll die Nutzung angepasst werden.

Durchströmungsmoore

Durchströmungsmoore entstanden vorwiegend in den Talsystemen der Urstromtäler mit permanenter Grundwasserspeisung. Die oberflächennahen, lockeren Torfschichten werden durchströmt mit einem Wachstum der Torfe von bis zu 10 m. Bei gleichmässigem Wasserangebot treten kaum Wasserstandsschwankungen und eine nur geringer Torfzersetzung auf.

Durchströmungsmoore sind schwierig renaturierbar, weil sich der Torf durch die menschlichen Eingriffe verändert hat mit stark reduzierter Durchlässigkeit, Sackung, etc. Eine Renaturierung muss daher meist einer Überrieselung beginnen, damit sich darauf braunmoosreiche Seggenriede entwickeln können. Entwässerungsgräben sollen verschlossen und der Wasserstand angehoben werden. Das Buch «Landschaftsökologische Moorkunde» (2001) enthält in den Kapiteln 9.3.2 und 9.3.7 ausführliche Beschreibungen zu Durchströmungsmooren.

Quellmoore

Quellmoore entwickeln sich bei permanenten Grundwasseraustrittsstellen. Bei genügend langsamer Strömung des Quellwassers findet Torfbildung statt. Die Torfmächtigkeiten sind oft gross. Bei der Vegetation handelt es sich um Erlenwälder oder Grossseggenriede, Braunmoos-, Seggen- oder Kopfbinsenriede oder um Zwischenmoore.

Renaturierungen sind meist schwierig wegen a) Hangneigung und Relief, b) Entwässerungen durch Gräben und Torfstiche, c) oft unbekannter Grösse des unterirdischen Einzugsgebiets und d) Veränderungen der Porosität des Torfs. Zur Renaturierung braucht es genügend Wasserspeisung, den Rückbau aller hydrologischen Eingriffe, ev. die Aktivierung der Quelltätigkeit und bei starker Veränderung der oberen Torfschichten, einen Oberbodenabtrag.

Hochmoore (Regenmoore)

Die wesentlichen Eigenschaften der Hochmoore sind die ausschliessliche Regenwasserspeisung (wobei es möglich ist, dass ein Hochmoor durch Grundwasser gestützt wird) und saure und mineral- und nährstoffarme Bedingungen. Hochmoore können nur in Gebieten mit einer positiven Wasserbilanz vorkommen, was in der regenreichen Schweiz mehrheitlich zutrifft. Eine weitere Eigenschaft ist das Vorkommen von Akro- und Katotelm. Nur wenige Torfmoosarten können ein funktionierendes Akrotelm aufbauen. <è-- vorläufig nicht veröffentlichen: «Ökosystem-Ingenieure»: S. magellanicum, S. papillosum, s. imbricatum, S. fuscum, S. rubellum. -->

Hochmoore sind durch verschiedene menschliche Eingriffe, allen voran Torfabbau und Entwässerungen, meist stark beeinträchtigt. Viele sind in den vergangenen Jahrzehnten renaturiert worden, entsprechend gross sind die Erfahrungen für entsprechende Massnahmen. Sehr oft präsentiert sich die Situation wegen der starken Eingriffe aber komplex (z. B. sehr starke Reliefierungen, Mineral- und Nährstoffeinflüsse von aussen, viele Gräben, etc.). Bei Massnahmen geht es in der Regel darum, die Regeneration einzuleiten in Richtung eines sich selbstregulierenden Systems und die Akrotelmbildung zu begünstigen. Das Vorkommen der torfbildenden Torfmoose ist dabei ein wichtiger Indikator.

Massnahmentypen

Die (vermutlich) am häufigsten angewendeten Massnahmen zur Renaturierung von Feuchtgebieten sind Grabenverfüllung und -einstau. In flachem Gelände sind Totalverfüllungen nicht notwendig (im Gegenteil: hinter dem Einstau entstehen ökologisch wertvolle Kleingewässer (siehe Stillgewässerartikel oder Kapitel Prö)). Ab einem Gefälle von 1 bis 2 Prozent sollen Gräben vollständig verfüllt werden. Je nach Situation ist das aber schwierig umsetzbar (Materialbeschaffung und Transport, grosser Aufwand, viele Fahrten erforderlich).

Bei einigen Moortypen ist das Durchströmen von Wasser durch den Torfkörper charakteristisch. Lange, dichtende, quer zur Fliessrichtung liegende Massnahmen sollen in solchen Mooren möglichst vermieden werden. Je nachdem ist es aber die einzige Möglichkeit, den Wasserstand anzuheben.

Massnahmen sollen langlebig und stets gut gegen Erosion geschützt sein (siehe separates Kapitel). Für Massnahmen relevant ist die Eigenschaft von Torf, dass er nie ganz dicht ist.

Es wäre wichtig, die Erfahrungen mit den verschiedenen Massnahmen und deren Vor- und Nachteile zusammenzutragen. Zu Rundholzdämmen gibt es Untersuchungen (siehe «Regeneration von Hochmooren», 2009, S. 54), zu den anderen Techniken und Materialien gibt es vermutlich zwar einige, aber zerstreut vorliegende Erfolgskontrollen.

Grabenverfüllung, Graben Teilverfüllung

Die Verfüllung ist die effektivste Methode, um den Wasserspiegel wiederherzustellen, bedingt aber viel Material. An Material werden vor allem Torf und Sägemehl verwendet. In «Practical peatland restoration» sind weitere Materialen, z. B. Strohballen aufgeführt. Je nach Situation genügt eine teilweise Verfüllung.

Die Anforderungen ans Material und zu beachtende Punkte:

  • Nährstoffarm und höchstens mässig durchlässig (maximal so durchlässig wie der umgebende Torf)
  • Torf: verdichten, bei der Torfberechnung den Schwund miteinberechnen (Sägemehl schwindet nicht)
  • In genügenden Abständen Dämme einbauen, damit das Anheben des Wasserstands garantiert ist.
  • Erosion verhindern (mit Vegetation zudecken, wo solche fehlt mit Fasermatten)

Verfüllungen mit Torf sind ungeeignet in sehr nassen (Untergrund ist dann meist zu weich) oder zu trockenen Gebieten (Mineralisation des Torfes), bei zu starker Neigung (Erosionsgefahr) und bei sehr breiten Gräben wegen des Bedarfs grosser Mengen. Wenn der Torf vor Ort entnommen wird, muss darauf geachtet werden, dass keine hydrologischen Schwächezonen geschaffen werden. Das Verfüllen von Gräben ist in «Regeneration von Hochmooren» (2009) ausführlich beschrieben (Kap. 3.3.2 und 3.3.3). Der Kanton Neuenburg benutzt zum Verfüllen eine Mischung aus Sägemehl und Häcksel.

Grabeneinstau

Im Gegensatz zur Grabenverfüllung werden Gräben punktuell verschlossen. Man kann unterscheiden zwischen a) Grabenanstau (nicht bis zur Bodenoberfläche), b) Grabeneinstau (bis zur Bodenoberfläche) und c) Grabenüberstau mit seitlichem Wegfliessen des Wassers über die Grabenschultern. Solche punktuellen Grabenverschlüsse sollen dicht sein und gut gegen Erosion gesichert sein, da sich überschüssiges Wasser bei der Massnahme sammelt.

Als Material kommen Holzplatten, Holzspundwände, Metallplatten oder Kunststoffwände in Frage. Holz muss zum Schutz vor Verwitterung geschützt werden (Torfüberdeckung). In Feuchtgebieten mit geringer oder fehlender Torfauflage kann auch Lehm verwendet werden.

Wenn stärker geneigte Gräben kaskadenmässig verschlossen werden, dann soll der Höhenunterschied zwischen den Massnahmen 10 bis 25 cm betragen, höchstens aber 50 cm . Das Verfüllen von Gräben ist in «Regeneration von Hochmooren» (2009) ausführlich beschrieben (Kap. 3.3.4).

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Ein alle ca. 10 m mit Holzspundwänden eingestauter Graben mit Gefälle. Eine Vollverfüllung war nicht möglich wegen zu geringer Torfmächtigkeit zur Entnahme von Torf vor Ort, bzw. unverhältnismässigem Aufwand zum Zuführen.

Dämme

Dämme (Sperren, Deiche) überragen die Umgebung mit dem Ziel, Wasser zurückzuhalten. Dämme müssen solid gebaut sein, das überschüssige Wasser muss gezielt und vor Erosion gesichert abgeführt werden. Für den Bau von Dämmen kommen Holzspundwände, Kunststoffwände oder Lehmdämme in Frage. Sie sollen mit geeignetem Material überdeckt werden. Wenn Torf verwendet wird, dann muss mit einer Sackung von 20 bis 25 cm gerechnet werden. Von reinen Torfdämmen ist, auch wenn in der Literatur öfters erwähnt, abzuraten, weil diese nicht dicht und erosionsanfällig sind.

Wasserregulierung

Zahlreiche Hochmoore sind hinter Moränenwällen entstanden. Viele wurden entwässert, indem die natürlichen Abflusshindernisse durchstochen wurden . In solchen Fällen kann mit einer Reguliervorrichtung der Wasserstand sukzessive, der Entwicklung des Gebiets angepasst, angehoben werden. Beispiele von Reguliervorrichtungen sind Schächte, Holzkästen, Wehre oder Mönche.

Die Publikation «Regeneration von Hochmooren» (2009) enthält ausführliche Informationen zu Holzkästen (Kap. 3.3.5) und zu Schächten (Kap. 3.3.6).

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Einbau eines vorgefertigten Mönchs.Links oben: Seit langem bestehendes Rohr durch die Moräne, links unten: Der Grundablass und die Reguliermöglichkeit durch Holzbretter, die eingesetzt werden können, sind erkennbar. Über den Mönch kann der Wasserstand von 25 Hektaren Moorfläche reguliert werden.

Erosionsschutz

So simpel es auch klingen mag: Wasser arbeitet ständig. Die Bauwerke müssen entsprechend gegen Erosion gesichert sein. Als Massnahmen kommen in Frage (keine abschliessend Aufzählung):

  • Genügend breit und tief eingebaute Massnahmen
  • Seitlich und nach unten (Auskolkungsgefahr) gut gesicherte Überläufe: Die Seiten und die Sohle z. B. mit Holz gut sichern.
  • Zudecken nackter Torfflächen mit Fasermatten

Vegetationslenkende Massnahmen

Die Etablierung von Feuchtgebiets- oder torfbildender Vegetation ist, nach der Verbesserung der Hydrologie, der zweitwichtigste Faktor einer Regeneration . Nackte Torfflächen sollen bepflanzt werden, weil sie bis 70° C heiss werden können und eine spontane Besiedlung deshalb fast ausgeschlossen ist. Das Bepflanzung ist in «Regeneration von Hochmooren» (2009) ausführlich beschrieben (Kap. 2). Neben der dort beschriebenen aufwändigen Methoden kann das Vegetationswachstum, je nach Situation, auch mit Mahdgutübertragung gefördert werden (siehe Grünlandartikel).