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Grünland/Praxisrelevante Ökologie

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=Lebensräume des Grünlands=
Auf die Entstehungsgeschichte und die Entwicklungen des Grünlandes wird im [https://biodivers.ch/ende/index.php/Gr%C3%BCnland/Grundlagen#Entstehung_von_Gr.C3.BCnland "Entstehung von Grünland"] näher eingegangen. Im vorliegenden Artikel wird für die ungedüngten sowie die nicht-anthropogenen Lebensraumtypen des Grünlands die Klassifikation von Delarze et al. (2015) <ref>Delarze, Raymond; Gonseth, Yves; Eggenberg, Stefan; Vust, Mathias (2015): Lebensräume der Schweiz. Ökologie - Gefährdung - Kennarten. 3., vollst. überarb. Aufl. Bern: Ott.</ref> übernommen. Das gedüngte Grünland (Fettwiesen und -weiden) wird gemäss Bosshard (2016) <ref>Bosshard, Andreas (2016): Das Naturwiesland der Schweiz und Mitteleuropas. Mit besonderer Berücksichtigung der Fromentalwiesen und des standortgemässen Futterbaus. Bern: Haupt Verlag (Bristol-Schriftenreihe, Band 50)</ref> eingeteilt. Feuchtgebiete, Moore, Waldlichtungen, Ruderalflächen und Pionierfluren werden in separaten Artikeln auf dieser Webseite abgedeckt. Nicht behandelt werden die Grasbrachen. Da es sich oft um Ruderalgesellschaften handelt, werden sie allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt in einem entsprechenden Artikel aufgenommen.
Untenstehende Tabelle (nach Delarze et al. 2015) zeigt, welche Lebensräume des Bereichs „Grünland“ nach unserer Einschätzung einen Förderbedarf (siehe Kapitel [https://biodivers.ch/ende/index.php/Gr%C3%BCnland/Erhalt_und_Aufwertung_durch_optimierte_Bewirtschaftung "Erhalt und Aufwertung durch optimierte Bewirtschaftung"]) (ja/nein) aufweisen. Hergeleitet wurde diese Einschätzung aus den Angaben zum „Zustand in der Schweiz“ und der Förderbarkeit (anthropogene Schaffung möglich). Mit P = Primärlebensraum sind Lebensraumtypen gekennzeichnet, welche nicht auf einen anthropogenen Einfluss angewiesen sind bzw. mit (P), wenn oberhalb der Waldgrenze i.d.R. keine menschliche Nutzung für das Vorkommen der Lebensraumtypen notwendig ist (Quelle: Delarze et al. 2015). Gefährdungsgrad (G): LC = nicht gefährdet, NT = potenziell gefährdet, VU = verletzlich, EN = stark gefährdet. Regenerationsdauer (R): R2 = 5-10 Jahre, R3 = 10-25 Jahre, R4 = 25-50 Jahre, R5 = 50-200 Jahre (Quelle: Delarze et al. 2015). Für Fettwiesen und -weiden (Nr. 4.5, gekennzeichnet mit *) wird im Artikel die Einteilung nach Bosshard (2016) übernommen. k.A. = keine Angaben.
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=Prägende Faktoren =
Welche Pflanzen und Tiere in einem Lebensraum vorkommen, ist einerseits abhängig von standörtlichen Faktoren und ökologischen Wechselwirkungen, andererseits ist die Ausprägung der Lebensräume (ausser bei den Primärlebensräumen) im Grünland stark abhängig von der menschlichen Nutzung. Je nach aktueller und historischer Bewirtschaftungsform fällt sie unterschiedlich aus. Die theoretischen Grundlagen vom Zusammenhang der Standortfaktoren Boden, klimatische Bedingungen, Wasser- und Nährstoffhaushalt mit der Vegetation sind im [https://www.biodivers.ch/de/index.php/Pflanzen Artikel zu den Gefässpflanzen] näher ausgeführt.
Historisch betrachtet ist ein Grossteil der mitteleuropäischen Wiesen aus extensiv genutztem Weideland hervorgegangen. Auf Nicht-Ackerland wurde eine [https://biodivers.ch/ende/index.php/Gr%C3%BCnland/Erhalt_und_Aufwertung_durch_optimierte_Bewirtschaftung#Kombination_von_Mahd_und_Beweidung.2C_Fr.C3.BChjahrsvorweide Frühjahrsvorweide] durchgeführt und der nachfolgende Aufwuchs entsprechend erst später im Jahr gemäht. Damit fand eine systemimmanente Aushagerung statt und über eine lange Zeitperiode hinweg war die Nährstoffsituation der die Nutzung limitierende Faktor. Im Kapitel [https://biodivers.ch/ende/index.php/Gr%C3%BCnland/Grundlagen#Entstehung_von_Gr.C3.BCnland "Entstehung von Grünland"] wird näher auf die historische Entwicklung eingegangen.
Im Lauf der Jahrhunderte haben sich verschiedene Tierarten (wiesenbrütende Vögel, bestimmte Tagfalter) hinsichtlich ihrer Reproduktion optimal in die Bewirtschaftungssysteme der alten Dreizelgenwirtschaft eingepasst. Pflanzen entwickelten genetisch bestimmte Eigenschaften und passten sich an lokale Standort- und Nutzungsbedingungen an: es wurden sogenannte Ökotypen hinsichtlich Blühzeitpunkt, Weide- und Mahd Verträglichkeit, Trockenheitstoleranz etc. ausgebildet.
Nicht nur die intensive Nutzung ist aus Biodiversitätssicht problematisch, sondern auch ein Ausbleiben der Nutzung in Grünlandlebensräumen, welche auf anthropogene Eingriffe für den Fortbestand angewiesen sind. Bleibt die Nutzung aus oder ist sie nicht adäquat, so schreitet die Sukzession mehr oder weniger rasch voran (siehe Kapitel [https://biodivers.ch/ende/index.php/Gr%C3%BCnland/Grundlagen#Sukzession_und_Bedeutung_des_Gr.C3.BCnlands "Sukzession und Bedeutung des Grünlands"]). Bei falscher oder zu wenig häufiger Nutzung verfilzt die Vegetationsdecke, der Bestand geht zu hoch in den Winter, wodurch weniger Licht auf den Boden gelangt und die Keimung im Frühjahr negativ beeinträchtigt wird. Entsprechend verändert sich die Vegetationszusammensetzung; lichtbedürftigere Arten nehmen ab. Bleibt die Nutzung gänzlich aus, verbuscht und verwaldet ehemals genutztes Grünland unterhalb der alpinen Stufe (ausser Primärlebensräume). Bei diesem Prozess der Verbrachung beginnen Gräser, hochwüchsige Arten und Arten mit hohem Speichervermögen oder unterirdischen Ausläufern zuzunehmen. Die Verwaldung wird bei lückenhaften Beständen, auf produktiven Standorten, beim Vorhandensein von Gehölzen in der Fläche oder angrenzend sowie bei Vorkommen von Gehölzen mit Ausläufern oder leichtfrüchtigen, lichtverträglichen Samen (Bsp. Birken, Pappeln) beschleunigt (Dipner & Volkart 2010).
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Beim Abtransport des Mahdguts wird wiederum ein Teil der tierischen Biomasse mitentfernt, wobei die Silage zu deutlich höheren Vernichtungsraten führt als Heuen und Emden.
Die Mahd ist ein notwendiger Eingriff zur Offenhaltung, trägt zu einer vielfältigeren Flora bei und schafft Lebensraum für eine reiche Fauna. Die obengenannten direkten und indirekten Auswirkungen stellen für viele Tierarten jedoch einen gravierenden Eingriff dar und mit zunehmender Schnittfrequenz nimmt die Artenzahl deutlich ab. Arten, welche mehr Generationen pro Jahr haben, sind gegenüber Schnitt weniger empfindlich, als solche mit nur einer Generation, da sie zwischen zwei Schnitten eher einen ganzen Entwicklungszyklus durchlaufen können (Walter et al. 2007).
Wie die Mahd- und Ernteschritte biodiversitätsfreundlich ausgestaltet werden können, wird in Kapitel [https://biodivers.ch/ende/index.php/Gr%C3%BCnland/Erhalt_und_Aufwertung_durch_optimierte_Bewirtschaftung#Erhalt_und_Aufwertung_durch_optimale_Mahdnutzung Erhalt und Aufwertung durch optimale Mahdnutzung] ausgeführt.
==Auswirkungen des Schnittzeitpunktes auf Flora und Fauna==
Einen informativen Überblick zu den Auswirkungen einer durch Beweidung auf Boden, Flora und Fauna gibt der [http://gruenlandleitfaden.offenlandinfo.de/management/massnahmen-und-wirkung/beweidung/ Grünlandleitfaden]. <br />
Wie eine Mahd, wirkt auch eine Beweidung selektiv auf ihre jeweilige Artengemeinschaften. Bei einer höheren Nutzungsfrequenz (mittelintensive Weide) wird die Vegetation durch die Beweidung niedriger gehalten und es gelangt mehr Licht in tiefere Vegetationsschichten. In dieselbe Richtung wirkt der Tritt der Herbivoren und ihr selektiver Frass: lokal werden unterschiedliche Nischen und Keimstellen für Pflanzen geschaffen, die offenen Bodenstellen sind für Arthropoden attraktiv und die dauernd stehende Vegetation bietet ihnen Lebensraum und Winterquartiere. Bosshard (2016) führt in Kapitel 2.4.3 die für die Artenvielfalt besonders relevanten Auswirkungen von Mahd im Vergleich zur Beweidung näher aus. Bis zu einem gewissen minimalen Beweidungsdruck gilt, dass die faunistische Artenvielfalt umso höher ist, je geringer die Beweidungsintensität ist. Strukturen wie Gehölze, Steinhaufen, offene Bodenstellen, Wasserlachen, Quellen, Abbruchkanten sind für die Fauna sehr wichtig (Martin et al. 2018). <br />
Eine [https://biodivers.ch/ende/index.php/Gr%C3%BCnland/Erhalt_und_Aufwertung_durch_optimierte_Bewirtschaftung#Erhalt_und_Aufwertung_durch_Beweidung extensive Beweidung] fördert die lokale Heterogenität und die aktive Verbreitung von Pflanzen durch die Weidetiere. Für die Flora sind Art und Intensität einer Beweidung nebst den standörtlichen Gegebenheiten entscheidend: auf einer extensiv beweideten Fläche können sich beweidungsresistente Pflanzenarten wie beispielsweise verholzende, intensiv riechende, giftige, behaarte oder dornige Pflanzen gut halten oder werden sogar gefördert. Auf artenreichen, nährstoffarmen Magerwiesen muss jedoch von einer Beweidung abgeraten werden, da tritt- und frassempfindliche, vor allem ein- bis zweijährige Pflanzenarten zu sehr darunter leiden. Alternativ können Teilflächen mit Vorkommen solcher Arten auch ausgezäunt und besonders gepflegt werden. Generell sollten bisher wertvolle Schnittwiesen keinesfalls beweidet werden. Ausschlaggebend für die Biodiversitätsförderung ist eine dem Standort angepasste Weideführung und -pflege. <br />Auf Mähwiesen ist wichtig, dass der Bestand nicht zu hoch in den Winter geht: dadurch werden Nährstoffe akkumuliert und der sich bildende Grasfilz beeinflusst die Artenvielfalt negativ. Dem kann mit einer Herbstweide entgegengewirkt werden. Die ökologischen Auswirkungen und die Anwendung einer Frühjahrsvorweide (Etzen) werden im Kapitel [https://biodivers.ch/ende/index.php/Gr%C3%BCnland/Grundlagen#Entstehung_von_Gr.C3.BCnland Entstehung von Grünland] näher beschrieben. <br />
Die nachfolgende Abbildung gibt eine schematische Übersicht der verschiedenen Lebensraumqualitäten bei Mahd respektive bei Beweidung (Briemle et al. 2014). Hierbei ist zu beachten, dass auch eine sehr kleinteilige Mahd die entsprechenden Merkmale der Weide annähern kann und auch in Mähwiesen Strukturvielfalt hergestellt werden kann.
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