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Allgemeine Massnahmen
| text = Die Nutzungszeitpunkte und -häufigkeiten haben einen grossen Einfluss auf die Biodiversität von Wiesen und Weiden.
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=Allgemeine Massnahmen=
* '''Variable und dynamische Nutzung''': Die Nutzungsform kann räumlich oder zeitlich bzw. räumlich und zeitlich variiert werden. Die Gesamtdiversität wird durch eine möglichst unterschiedliche extensive Nutzung des Grünlands auf einer landschaftlichen Betrachtungsebene erhöht (Boch et al. 2016, Poschlod 2011). Eine räumliche Variation schafft ein gross- bis kleinräumiges Mosaik von unterschiedlich bewirtschafteten Flächen. Eine solch kleinteilige Nutzungsstaffelung erfüllt viele Anforderungen für eine reichhaltige Fauna. Bei der zeitlichen Variation wird die Nutzungsform über die Zeit hinweg verändert und dieselben Flächen werden innerhalb einiger oder mehrerer Jahre unterschiedlich bewirtschaftet. Dabei können bspw. in Weideflächen die Bestockungsdichte und die Art des Weideviehs oder in Mahdflächen die Mahdfrequenz, die Schnittzeitpunkte, bei intensiver genutzten Grünlandtypen die Düngermenge verändert werden. Natürlich sind auch Massnahmenkombinationen über die Jahre hinweg möglich. Bei der zeitlichen Variation sind die Ansprüche insbesondere seltener Arten zu beachten und der Fokus liegt auf der landschaftlichen Betrachtungsebene.
* '''Vernetzung''': [https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/biodiversitaet/fachinformationen/massnahmen-zur-erhaltung-und-foerderung-der-biodiversitaet/oekologische-infrastruktur.html Grünlandflächen und -strukturen sind zu vernetzen (ökologische Infrastruktur)]. Wichtig sind Übergangslebensräume zwischen Grünland und umgebenden Lebensräumen sowie ineinander verzahnte Strukturen. Durch das Verknüpfen von Flächen kann ein engmaschiges Netz aus geeigneten Lebensräumen entstehen, in welchem nebst der aktiven Wanderung von Tieren und der Samenausbreitung auch die passive Verfrachtung der Kleintiere und Diasporen durch Weidetiere und Gerätschaften eine Rolle spielen (Poschlod 2011). Konkrete Umsetzungsvorschläge sind für Vernetzungsprojekte im Ordner „Vernetzungsprojekte – leicht gemacht: ein Leitfaden für die Umsetzung der Öko-Qualitätsverordnung (ÖQV)“ der Schweizerischen Vogelwarte Sempach (2002) zu finden.
* '''Strukturen und Übergangslebensräume (permanente und periodische) schaffen''': das Vorhandensein von Lesesteinhaufen, Gehölzgruppen, Bewässerungsgräben, kleinen Böschungen, Bodenwellen und Säumen erhöht die Biodiversität im Grünland. Ausführliche Informationen dazu finden Sie demnächst im Artikel «Kleinstrukturen»<!--freischalten wenn Artikel aufgeschaltet ist: [https://www.biodivers.ch/de/index.php/Kleinstrukturen«Kleinstrukturen»] -->. <!-- alt, nicht hochschalten: Entsprechende Praxistipps finden sich z.B. in den Merkblättern Kleinstrukturen von BirdLife (https://www.birdlife.ch/de/content/kleinstrukturen) oder im Labiola-Merkblatt „Übersicht Kleinstrukturen“ (https://bvaargau.ch/sites/default/files/download/merkblatt_kleinstrukturen.pdf) oder im Agridea-Merkblatt „Biodiversitätsfördernde Strukturen in der Landwirtschaft“ (Benz et al. 2017); für Marderartige http://wieselnetz.ch/wp-content/uploads/2016/03/Foerderkonzept_Kleinstrukturen_121121.pdf sowie in den Praxismerkblättern Kleinstrukturen der karch http://www.karch.ch/karch/de/home/reptilien-fordern/praxismerkblatter.html. -->
* '''Die Bewirtschaftung auf die Zielarten ausrichten und bekämpfen von unerwünschten Arten''': Regioflora führt eine Liste von [https://www.regioflora.ch/de/assets/content/pdf/Problemarten_D_online.pdf potenziell problematischen Arten im Grünland]: Spezifische Massnahmen zur Regulierung der wichtigsten Problempflanzen in Trockenwiesen und -weiden sind in Dipner & Volkart (2010) aufgeführt. Die gesamte Thematik um unerwünschte Pflanzen- und Tierarten wird zu einem späteren Zeitpunkt bearbeitet.
Unter bestimmten Zielvorstellungen wird in geeigneten Wiesen zur Biodiversitätsförderung ein Spätschnitt propagiert: aus faunistischer Sicht werden dabei in Extensivwiesen bei einem späten Mahdzeitpunkt auf die Vorzüge für wiesenbrütende Vögel (Braunkehlchen, Feldlerche und Baumpieper) und das erfolgreiche Abschliessen der Entwicklungszyklen vieler Arthropoden hingewiesen. Ein Spätschnitt verändert die Vegetation jedoch mittel- und langfristig, was auch zu entsprechenden Veränderungen in den Artengemeinschaften der Tiere führt. Die (teils kontroversen) Studienergebnisse zu dieser Thematik zeigen wiederum, dass es keine allgemeingültigen Empfehlungen zum optimalen Schnittzeitpunkt gibt und die anfangs dieses Kapitels erwähnten Entscheidkriterien befolgt werden sollten. Unabhängig von der Wahl des Schnittzeitpunktes ist wichtig, dass der letzte Aufwuchs genutzt wird, damit der Bestand nicht zu hoch in den Winter geht. <br />
Nebst der Wahl des optimalen (ersten) Schnittzeitpunktes ist auch das Intervall zwischen zwei oder mehr Nutzungen für die Vegetationszusammensetzung und damit die Biodiversitätsförderung von Bedeutung. Empfohlen wird mehrheitlich ein langes Intervall zwischen der ersten und zweiten Mahd von mindestens sechs, besser acht bis zwölf Wochen (Poschlod 2011, Grün Stadt Zürich 2010). Ebenfalls biodiversitätsfördernd ist die Staffelmahd, bei welcher die frühesten bzw. spätesten Nutzungstermine jeweils zeitlich nach vorne bzw. hinten verschoben werden. Als Variation gibt es beispielsweise auch die Nutzungsvariation in Form eines Dreijahreszyklus (2 Jahre spät nutzen, 1 Jahr früh nutzen) auf einer Fläche. <br />
Beim Ernteverfahren ist wichtig, dass das Schnittgut nicht sofort abgeführt, sondern als Bodenheu auf der Fläche getrocknet wird, damit eine Notreifung möglichist, mehr Samen auf der Fläche verbleiben und Kleintiere andere geeignete Habitate aufsuchen können. Ausserdem ist darauf zu achten, dass mit dem Schnittgut nicht niedrigere Bodenstellen aufgefüllt werden (insbesondere auch bei der Mahd mit der Motorsense) – Keimstellen, welche für die erfolgreiche Reproduktion der Wiesenpflanzen wichtig sind, sollen offenbleiben. Auf das Mulchen von Wiesen und Weiden ist zu verzichten.
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==Faunafreundliche, schonende Mahd und Ernte==
Für den Erhalt und die Förderung der Invertebraten-Vielfalt ist ein faunafreundliches Mahd- und Ernteverfahren wichtig. Dabei sind folgende Empfehlungen zu berücksichtigen, wobei die Massnahmen in absteigender Wirksamkeit aufgeführt werden:
* Am wirksamsten ist der Verzicht auf eine Mahd in Teilbereichen oder zu bestimmten Zeiten. Ungemähte oder alternierend gemähte (Rand-)Streifen bzw. eine örtlich gestaffelte Mahd (Mosaikmahd) ermöglichen den Invertebraten Rückzugsorte, Überwinterungsmöglichkeiten und das Potenzial zur Wiederbesiedlung der gemähten Flächen. Mit teilweisen, temporären Brachen soll die traditionelle, kleinflächige, zeitlich versetzte Bewirtschaftung auf grossen Schlägen simuliert werden. Empfohlen wird allgemein ein Stehenlassen der Vegetation auf 10 bis 20% (je nach Vegetation) der Fläche und zwei benachbarte Refugien sollten nicht mehr als 30m 30 m voneinander entfernt sein (Humbert et al. 2010, van de Poel & Zehm 2014). Rotationsbrachen sollten nicht an Extremstandorten, sondern immer entlang der prägenden Gradienten (Feuchtigkeit, Hangneigung etc.) angelegt werden. Die konkrete Pflegeplanung soll flächenspezifisch und auf die Zielarten ausgerichtet sein und allfällige Folgeprobleme (Nährstoffanreicherung, Verfilzung, Verbuschungsgefahr) sind zu beachten bzw. die Standorte der ungemähten Bereiche jährlich alternierend zu verschieben. Diverse Untersuchungen zeigen, dass Altgrasstreifen und v.a. auch mehrjährige Rotationsbrachen für viele gefährdete Arten (Tagfalter, Heuschrecken, halmbewohnende Insekten) wichtige Rückzugsorte darstellen (Müller & Bosshard 2010, Rothenwöhrer et al. 2013, van de Poel & Zehm 2014).
* Staffelung der Mahd: idealerweise wird die Mahd auf einer Fläche zeitlich versetzt durchgeführt und auf einige Tage verteilt. Diese Massnahme ist zeitintensiv, beeinträchtigt die Futterqualität des Schnittgutes jedoch kaum (Graf et al. 2016). Ein entsprechendes Merkblatt der Fachstelle Naturschutz Kt. Zürich (2017) erläutert den Nutzen und die Planung einer gestaffelten Mahd.
* Die Anzahl Überfahrten bzw. die Anzahl der Bewirtschaftungsgänge minimieren. Das Befahren einer Fläche hat Einfluss auf das direkte Überleben von bodenlebenden Tieren (Traktorräder) und beeinflusst die Bodenqualität (Verdichtung) und damit die standörtlichen Bedingungen. Abhängig vom verwendeten Maschinenpark werden nach van de Poel & Zehm (2014) 64-83% der Gesamtfläche überfahren und je nach Befahrmuster entsprechend viele immobile Kleintiere getötet. Empfohlen wird der Einsatz von leichten Zug- und Erntefahrzeugen, grössere Arbeitsbreiten und schonende Mähwerke.
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